Trockenbau (BGH – I ZR 306/90)

Leitsatz

    1. Einem Landesinnungsverband steht als Spitzenverband der Innungen des Handwerks auf Landesebene die Klagebefugnis aus UWG § 13 Abs 2 Nr 2 zu.

    2. Die Werbung eines Handwerksbetriebs (hier: Tischlermeister) für eine handwerkliche Tätigkeit (hier: Trockenbau), die dem Tätigkeitsbereich verschiedener Handwerke unterfällt, ist irreführend im Sinne des UWG § 3, wenn dabei nicht deutlich und unmißverständlich darauf hingewiesen wird, daß die beworbene Leistung ausschließlich für und im Zusammenhang mit der dem werbenden Handwerker erlaubten Tätigkeit (hier: Innenausbau) angeboten wird.

BGH, Urt. v. 29.10.1992, LG München

 

Tatbestand

    Der Kläger ist der Landesinnungsverband des B. Zimmererhandwerks.

    Der Beklagte ist für das Tischlerhandwerk in die Handwerksrolle eingetragen. Unter der Bezeichnung „Bi. -Ausbautechnik“ unterhält er einen Betrieb, für dessen Tätigkeit er mit folgender Zeitungsanzeige warb:

    Es folgt die Abbildung zweier Kleinanzeigen mit folgendem Inhalt:

    Trockenbau

    – Akustikdecken

    – Trennwände

    – Dachgeschoßausbau

    – Feuerschutzverkleidungen

    – Wärmedämmung

    – Innenausbau

    und

    Schreinerei

    – Einbauschränke

    – Objekteinrichtungen

    – Maßmöbel

    – Türen

    – Badeinrichtungen

    – Plattenzuschnitte und jeweils die Adresse der beklagten Firma.

    Den Kopf des geschäftlichen Briefbogens gestaltet er wie folgt:

    Es folgt die Abbildung des Briefbogens, der u. a. enthält:
    BA

    Bi. Ausbautechnik

    Trockenausbau

    Trennwände

    Akustikdecken

    Innenausbau

    Der Kläger hat die Verwendung des Begriffs „Trockenbau“ durch den Beklagten als einen Verstoß gegen § 3 UWG und § 1 UWG i.V. mit § 1 HdwO beanstandet. Der Beklagte erwecke den Eindruck, daß er den Trockenbau uneingeschränkt ausführen dürfe. Hierzu sei er jedoch nicht berechtigt, da der Bereich des Trockenbaus Tätigkeiten umfasse, die dem Stukkateurhandwerk, dem Wärme-, Kälte- und Schallisoliererhandwerk sowie dem Zimmererhandwerk vorbehalten seien.

    Der Kläger hat beantragt,

    dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit „Trockenbau“ zu werben.

    Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Da der „Trockenbau“ in der Anlage A zur Handwerksordnung als Handwerk nicht aufgeführt sei, sei es ihm unbenommen, das Handwerk des Trockenbaus auszuüben. Der „Trockenbau“ stehe nicht unter dem Schutz der Handwerksordnung. Unrichtig sei der Schluß des Klägers, allein Zimmerern, Stukkateuren oder Isolierern sei die handwerksmäßige Ausführung von Trockenbauarbeiten vorbehalten. Auch dem Berufsbild des Tischlers unterfalle der Sache nach der Trockenbau. Die auf „Tischlerarbeiten“ bezogene DIN 18 355 behandele Trockenbau als Leistungen des Tischlers. Auch sei ihm die fachliche Eignung zur Ausbildung als Trockenbaumonteur zuerkannt worden. Auf jeden Fall komme ihm die Berechtigung aus § 5 HdwO zu, neben den Tischlerarbeiten Trockenbauarbeiten aus anderen Gewerken auszuführen.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der (Sprung-)Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt.

Entscheidungsgründe

    I. Das Landgericht hat einen Verstoß gegen §§ 1, verneint und hierzu ausgeführt, die Werbung des Beklagten sei erlaubt, da die Ausübung der beworbenen Tätigkeit ihm nicht verboten sei. Der „Trockenbau“ werde als besonderes Handwerk von der Handwerksordnung nicht erfaßt, da er in der Anlage A zur Handwerksordnung nicht genannt sei. Unerheblich sei, daß in der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsordnungen für das Zimmererhandwerk die „Ausführung von Akustik- und Trockenbauarbeiten“ erwähnt sei; dabei handele es sich nämlich nur um einen kleinen Ausschnitt aus dem Tätigkeitsbild des Zimmererhandwerks. Durch die Erwähnung könne der Trockenbau nicht für das Zimmererhandwerk monopolisiert werden. Die Berechtigung des Beklagten zur Durchführung von Trockenbauarbeiten ergebe sich zudem aus der Verordnung über das Berufsbild des Tischlerhandwerks und die hierauf bezogenen Prüfungsanforderungen. Dem entspreche die DIN 18 355. Zudem sei zu berücksichtigen, daß dem Beklagten die fachliche Eignung zur Berufsausbildung von Trockenbaumonteuren zuerkannt worden sei.

    Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg.

    II. 1. Von der Revision unbeanstandet und ohne Rechtsverstoß ist das Landgericht davon ausgegangen, daß der Landesinnungsverband des B. Zimmererhandwerks als privatrechtlicher Spitzenverband der Innungen auf Landesebene (§ 80 Satz 1 HdwO) ebenso wie die einzelne Innung selbst (Siegert/Musielak, Das Recht des Handwerks, 2. Aufl., § 52 HdwO Rdn. 6) gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG befugt ist, den beanstandeten Wettbewerbsverstoß im Klageweg zu verfolgen (zur Klagebefugnis eines Spitzenverbandes vgl. BGH, Urt. v. 30.11.1989 – I ZR 55/87, GRUR 1990, 617, 618 = WRP 1990, 488, 490 – Metro III; Urt. v. 5.12.1991 – I ZR 11/90, GRUR 1992, 175 = WRP 1992, 307, 308 – Ausübung der Heilkunde). Gemäß §§ 81, 82 HdwO hat der Kläger die gemeinsamen gewerblichen Interessen der in ihm zusammengeschlossenen Handwerksinnungen wahrzunehmen, die ihrerseits der Förderung der gewerblichen Interessen der selbständigen Handwerker des gleichen Handwerks zu dienen haben (Schmitz, Das Recht des Handwerkers, 2. Aufl., § 52 HdwO Rdn. 69 ff.).

    2. Die Auffassung des Landgerichts, die Werbung des Beklagten für Trockenbau sei deshalb nicht zu beanstanden, weil diese Tätigkeit als Handwerk nicht geschützt sei und somit von jedermann ausgeübt werden könne, hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

    Der Beklagte, der nach den vom Landgericht getroffenen, von der Revisionserwiderung nicht beanstandeten Feststellungen die Trockenbauarbeiten handwerksmäßig ausführt, handelt vielmehr wettbewerbswidrig insoweit, als er mit dem uneingeschränkten Hinweis auf die Ausführung von Trockenbau den unzutreffenden Eindruck erweckt, nicht nur als Tischlermeister zur Ausführung von Trockenbauarbeiten befugt zu sein, sondern auch über die beruflichen Qualifikationen anderer Handwerke zu verfügen, welche die handwerksmäßige Ausführung sonstiger Trockenbauarbeiten, nämlich solcher im Außenbereich, zuläßt.

    a) Ohne Rechtsfehler erweist sich der Ansatz des Landgerichts, wonach eine Werbung für eine handwerkliche Tätigkeit als ein Verstoß gegen § 1 HdwO i.V. mit § 1 UWG und als eine irreführende Berühmung besonderer handwerklicher Fähigkeiten gemäß § 3 UWG nur beanstandet werden kann, wenn die beworbene Tätigkeit einem Handwerksbetrieb im Sinne des § 1 Abs. 1, 2 HdwO vorbehalten ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.1989 – I ZR 18/87, GRUR 1989, 432, 433 = WRP 1989, 496, 497 – Kachelofenbauer I; Urt. v. 11.7.1991 – I ZR 23/90, GRUR 1992, 123, 124 = WRP 1991, 785, 786 – Kachelofenbauer II).

    b) Die Sicht des Landgerichts, beim „Trockenbau“ es sich um ein Handwerk, für welches die Handwerksordnung nicht gelte, wird von der Revision indessen zu Recht beanstandet.

    Der Trockenbau findet in der Anlage A zur Handwerksordnung (sogenannte Positivliste) zwar als Handwerk keine besondere Erwähnung. Dies erweist sich aber als rechtlich unerheblich, denn dem Verzeichnis der Gewerbe gemäß Anlage A zur Handwerksordnung kommt keine abschließende Bedeutung zu. Für das Verständnis, ob eine Tätigkeit als eine wesentliche Tätigkeit einem bestimmten Handwerk zuzurechnen ist, sind nämlich die zu einzelnen der in Anlage A erwähnten Gewerben ergangenen Verordnungen über das jeweilige Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung heranzuziehen (BVerwGE 25, 66, 67; 58, 217, 219; BVerwG NVwZ 1991, 347; Urt. des Senats – Kachelofenbauer I, – Kachelofenbauer II aaO). Die veröffentlichten Ausbildungs-Berufsbilder sowie die fachlichen Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften sind für die Beurteilung der Frage der fachlichen Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einem handwerksfähigen Gewerbe von maßgeblicher Bedeutung, da sie erläuternde Einzelheiten über das Arbeitsgebiet und die zu dessen Bewältigung benötigten fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse enthalten (BGH – Kachelofenbauer II aaO).

    c) Der Trockenbau findet Erwähnung in den einschlägigen Verordnungen für das Zimmerer-Handwerk (BGBl. 1976 I 261) und für das Stukkateur-Handwerk (BGBl. 1976 I 390), in der Isoliermeister-Verordnung (BGBl. 1982 I 663) sowie in der Tischlermeister-Verordnung (BGBl. 1987 I 2138). Danach erweist es sich, daß Trockenbau sowohl Arbeiten im Außenbereich als auch im Innenbereich umfaßt, dem Tischler-Handwerk aber im Rahmen des Trockenbaus allein eine Tätigkeit im Innenbereich erlaubt ist. Während für das Zimmerer-Handwerk u.a. gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 der einschlägigen BerufsbildVerordnung vom 29. Januar 1976 die Montage von „Verschalungen, Lattungen und Verkleidungen aus Holz, Holzwerk- und Trockenbaustoffen an Außenflächen mit allen funktionsbedingten Schichten sowie an Innenflächen ohne Innenausbau“ genannt ist, benennt die Tischlermeister-Verordnung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 als Tätigkeit des Tischler-Handwerks nur solche Arbeiten, die zum Innenbereich gehören. Dem Tischler-Handwerk wird als Tätigkeit zugerechnet die „Ausführung von Innenausbauarbeiten aus Holz-, Holzwerk- und Kunststoffen sowie Einbau von Halbzeugen in Gebäude und Fahrzeuge“. Diesen Tätigkeiten unterfallen zwar auch Trockenbauarbeiten, aber – wie sich aus der Berufsbildbeschreibung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 TischlMstrV ergibt – ausschließlich im Innenbereich.

    Die Berühmung des Beklagten, der nur über die berufliche Qualifikation als Tischlermeister verfügt, erweist sich danach als irreführend im Sinne des § 3 UWG, da ohne Beschränkung der Werbung mit „Trockenbau“ auf den Innenausbau der unzutreffende Eindruck erweckt wird, der Beklagte verfüge auch über die berufliche Qualifikation, Trockenbauarbeiten im Außenbereich durchführen zu dürfen.

    Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte für die Zulässigkeit seiner umfassenden Werbung mit dem Begriff des Trockenbaus auf § 5 HdwO. Nach dieser Bestimmung ist es einem Handwerker nicht verwehrt, in Ausübung seines Handwerks auch technisch und fachlich zusammenhängende Arbeiten in anderen Handwerken auszuführen. Eine dahingehende Bewerbung gewerblicher Tätigkeit steht hier indessen nicht zur Entscheidung. Der Beklagte nimmt vielmehr für sich in Anspruch, unabhängig von einer Tätigkeit als Tischlermeister, selbständig Trockenbauarbeiten jeder Art ausführen zu dürfen.

    Ohne Einfluß auf die Beurteilung der beanstandeten Werbung ist des weiteren die dem Beklagten erteilte Erlaubnis zur Ausbildung von Trockenbaumonteuren. Die Qualifikation zur Ausbildung zum Beruf des Trockenbaumonteurs, der aufgrund der Ermächtigung in § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BGBl. 1969 I S. 1112) durch Verordnung des Wirtschaftsministeriums vom 8. Mai 1974 (BGBl. I S. 1073, 1105) im Bereich der Industrie anerkannt ist, ersetzt nicht die Qualifikation, wie sie zur Ausübung des Handwerks als Zimmerer, Stukkateur und Isolierer im Sinne der vorgenannten Verordnungen erforderlich ist.

    d) Entgegen der Ansicht der Revision ist es dem Beklagten damit aber nicht schlechthin versagt, für „Trockenbau“ zu werben. Soweit der Beklagte hierfür die berufliche Qualifikation nach der Tischlermeister-Verordnung aufweist, steht es ihm frei, seinen Tätigkeitsbereich zu bewerben. Dies hat – zur Vermeidung einer Irreführung des Verkehrs – dadurch zu geschehen, daß – wie im Verbotstenor ausgesprochen – der Beklagte deutlich und unübersehbar bei seiner Werbung darauf hinweist, daß die beworbenen Leistungen ausschließlich für und im Zusammenhang mit Innenausbauarbeiten angeboten werden. Anders als die Revision meint, ist dabei eine Beschränkung auf die Verwendung bestimmten Materials, nämlich Holz oder Kunststoff, nicht veranlaßt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 TischlMstrV rechnet zur Tätigkeit des Tischlermeisters auch der Einbau von „Halbzeugen“. Unter den Begriff der Halbfertigprodukte fallen, wie vom Kläger selbst vorgetragen, Erzeugnisse, die für die Verwendung am Bau in dem verarbeitenden Betrieb oder auf der Baustelle zugerichtet werden, und zwar unabhängig vom zu verarbeitenden Stoff. Hierzu rechnen also beispielsweise Drahtgewebe, Pappen oder Bauglas.

    Die Revision vermag deshalb keinen Erfolg zu haben, soweit sie das Klagebegehren weiterverfolgt, mit welchem dem Beklagten generell die Werbung mit „Trockenbau“ verboten werden soll.

    3. Es bedarf keiner weiteren Feststellungen dazu, Beklagten der Verstoß gegen § 1 Abs. 2 HdwO als ein bewußtes und planmäßiges Verhalten und zugleich als ein Verstoß gegen § 1 UWG anzulasten ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1991 – I ZR 23/90, GRUR 1992, 123, 125 = WRP 1991, 785, 788 – Kachelofenbauer II), da ein daraus herzuleitendes Verbot nicht weiter reicht als das ausgesprochene Verbot, das in § 3 UWG seine Grundlage findet.

    III. Die ausgesprochenen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 890, 92 Abs. 1 ZPO.