Freizeitveranstaltung (BGH – I ZR 303/88)

Leitsatz
   
Verkaufsveranstaltungen, bei denen der Verkehr nach ihrem von der Ankündigung und Durchführung geprägten Gesamtbild in erster Linie von einem Freizeiterlebnis ausgeht, mag auch die eigentliche gewerbliche Zielsetzung des Veranstalters von den Teilnehmern nicht völlig übersehen werden, sind Freizeitveranstaltungen im Sinne des HWiG § 1 Abs 1 Nr 2.
   
Orientierungssatz
   
    1. Erblickt dagegen der Verkehr in einer Veranstaltung eindeutig eine Verkaufsveranstaltung, weil sich deren Zweck, wie aus der Ankündigung und Durchführung ersichtlich, ausschließlich auf die Wahrnehmung der geschäftlichen Belange des Veranstalters richtet und nicht auf das Interesse der Teilnehmer an Unterhaltung und Freizeitgestaltung, dann unterfällt die Veranstaltung dem Begriff der Freizeitveranstaltung auch dann nicht, wenn den Besuchern während der Veranstaltung gewisse, über den Zweck der Veranstaltung als den einer Verkaufsveranstaltung nicht hinwegtäuschende und ihren Charakter verändernde Annehmlichkeiten oder Einlagen unterhaltender Art geboten werden.

    2. Hier: Wanderlagerverkauf in Hotels und Gaststätten mit Bewirtung der als „Gäste“ eingeladenen Kunden.

BGH, Urt. v. 21.06.1990, OLG Hamm, LG Paderborn

 

 Tatbestand
   

    Die Beklagte vertreibt Wollwaren, Betten und Kissen im Rahmen von Wanderlagerveranstaltungen an Endverbraucher. Für diese Veranstaltungen, die sie in Hotels und Gaststätten abhält, wirbt sie mit Zeitungsinseraten und Handzetteln wie folgt:

    An dieser Stelle sind im Original zwei solcher Werbungen abgebildet. Beide sind als Einladungen formuliert; die eine an den „sehr geehrten Gast“ als Einladung zu einer Ausstellung und unverbindlichen Information über die von der Beklagten vertriebenen „feinsten Naturprodukte“ mit Nennung weniger besonders preisgünstiger Angebote; die andere als „Einladung für Kur- und Feriengäste mit Einkaufsmöglichkeit“ in ein Hotel am Ort ohne Präzisierung der angebotenen Artikel.

    Die so beworbenen Veranstaltungen führt die Beklagte in der Weise durch, daß sie zunächst einen Vortrag über ihre Produkte halten läßt, zu dem den Teilnehmern kostenlos eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen gereicht wird. Anschließend gibt sie Gelegenheit zur Besichtigung ihrer Waren und zu Bestellungen auf von ihr bereitgehaltenen Vertragsformularen. Diese Formulare, die Barzahlung des Gesamtpreises bei Lieferung vorsehen, enthalten keine Belehrung über einen Widerruf der Bestellung.

    Diese Verkaufspraxis der Beklagten hat der klagende Verbraucherschutzverein als wettbewerbswidrig (§ 1 UWG) beanstandet: Die Veranstaltungen der Beklagten seien Freizeitveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG. Bei Bestellungen, die anläßlich solcher Veranstaltungen aufgegeben würden, müsse der Kunde nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG über die Möglichkeit des Widerrufs der Bestellerklärung belehrt werden. Dem entziehe sich die Beklagte bewußt und planmäßig, um gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern einen sachlich ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu erlangen.

    Der Kläger hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

    im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Vertragsformulare ohne eine dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften entsprechende Widerrufsbelehrung zu verwenden, wenn die Verträge im Verlaufe einer im Interesse der Beklagten durchgeführten Veranstaltung, nämlich einer Ausstellung von feinsten Naturprodukten, in einem Hotel, zu der die Verbraucher entsprechend eingeladen werden und bei der kostenlos Kaffee und Kuchen ausgegeben werden, geschlossen werden.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht dieses Urteil geändert und die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt (OLG Hamm NJW-RR 1989, 117). Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten, die ihren zweitinstanzlichen Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Klägers weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

   
Entscheidungsgründe
   

    Die Revision hat keinen Erfolg.

    I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Beklagten gegen § 1 UWG aus dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch bejaht, weil die Beklagte ihre Kunden entgegen den Bestimmungen des § 2 HWiG nicht über das Recht zum Widerruf der Bestellerklärungen belehre. Dazu sei sie aber verpflichtet, weil es sich bei den in Rede stehenden Veranstaltungen um Freizeitveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG handele. Eine Veranstaltung in diesem Sinne sei gegeben, wenn sie den Kunden über den eigentlichen (Verkaufs-)Zweck der Veranstaltung hinwegsehen lasse und ihn damit den Verkaufsabsichten des Veranstalters gewogen mache, wenn also der Verbraucher zu Vertragsabschlüssen verleitet werde, die er bei ruhiger Überlegung nicht getätigt hätte. Auf den Wert der Freizeitleistungen oder -angebote des Verkäufers komme es dabei nicht an, auch nicht darauf, ob die Veranstaltung als Verkaufsveranstaltung oder als Freizeitveranstaltung angekündigt werde. Entscheidend insoweit sei allein die Art der Durchführung. Vorliegend werde die geschäftliche Zielsetzung der Beklagten schon durch deren Einladung verdrängt, da diese das Warenangebot nicht näher offenlege. Die Bewirtung mit Kaffee und Kuchen und die Unterhaltung mit einem Vortrag über die Verkaufsware tue ein übriges, den Verbraucher von den Verkaufsabsichten der Beklagten abzulenken und es ihm zu erschweren, sich den anschließenden Verkaufsbemühungen zu entziehen. Insgesamt liege es bei den hier zu beurteilenden Veranstaltungen nicht anders als bei den sogenannten Kaffee-Fahrten, auf die § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG besonders ziele. Hier wie dort werde der Verbraucher in seiner Entscheidungsfreiheit überfordert und zu Vertragsabschlüssen verleitet, die er bei vernünftiger Überlegung nicht getätigt hätte.

    II. Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Bei Veranstaltungen der hier in Rede stehenden Art handelt es sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, um Freizeitveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG. Die während der Durchführung solcher Veranstaltungen getätigten Geschäfte unterfallen daher den Bestimmungen des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften. Verwendet der Veranstalter in solchen Fällen gleichwohl Vertragsformulare ohne Widerrufsbelehrung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG), kann dies nicht als mit § 1 UWG in Einklang stehend angesehen werden.

    1. In der Instanzrechtsprechung wird der Begriff der Freizeitveranstaltung, wie er in § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG verwendet wird, nicht einheitlich interpretiert (vgl. – außer dem Berufungsurteil in vorliegender Sache – OLG Bamberg, Urt. v. 25.3.1987 – 3 U 244/86, GA I 23 – unveröffentlicht; OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 1323; 1989, 1144; OLG Frankfurt GRUR 1989, 360 = NJW-RR 1989, 562; NJW-RR 1990, 374; LG Kleve NJW-RR 1988, 825; LG Würzburg NJW-RR 1988, 1324; LG Bremen NJW-RR 1988, 1325; LG Heilbronn NJW-RR 1989, 1145; LG Braunschweig NJW-RR 1989, 1147; LG München I NJW-RR 1990, 376; LG Hamburg NJW-RR 1990, 495). Da das Gesetz selbst insoweit keine Legaldefinition enthält und eine allein am Wortsinn und Sprachverständnis orientierte Auslegung zu keiner eindeutigen inhaltlichen Bestimmung führt, bedarf es zur Bestimmung des Begriffs der Freizeitveranstaltung im Sinne der vorbezeichneten Regelung eines Rückgriffs auf den Sinn und Zweck der Vorschrift im Rahmen der Zielsetzung des Gesetzes im ganzen. Dieses will den Verbraucher vor der Gefahr schützen, in bestimmten, dafür typischen Situationen bei der Anbahnung und dem Abschluß von Verträgen unter Beeinträchtigung seiner rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit überrumpelt oder sonst auf unzulässige Weise zu unüberlegten Geschäftsabschlüssen gedrängt zu werden. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß der Verbraucher in den in § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 HWiG genannten Fällen – ebenso wie der Abzahlungskäufer – vor den Folgen eines übereilt eingegangenen Geschäfts zu schützen und ihm die Möglichkeit zu geben ist, Vor- und Nachteile des Geschäfts in Ruhe zu überdenken und dieses innerhalb bestimmter Frist zu widerrufen (Gesetzesbegründung des Bundesrates, BT-Drucks. 10/2876 S. 6ff., 11f.; BGHZ 109, 127; Klauss/Ose, Verbraucherkreditgeschäfte, 2. Aufl., S. 41 Rdn. 4; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., Einl. HWiG Rdn. 2; MünchKomm-Ulmer, 2. Aufl., HWiG vor § 1 Rdn. 1; Gilles NJW 1986, 1131, 1132).

    Soweit es dabei um Vertragsabschlüsse anläßlich der Durchführung von Freizeitveranstaltungen geht (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG), ist es der Sinn und Zweck der Regelung, eine Bindung des Verbrauchers an Vertragserklärungen in einer Situation zu vermeiden, in der für den Kunden der Geschäftszweck hinter die vom Veranstalter herbeigeführte freizeitliche Stimmung und Erwartungshaltung zurücktritt, Preis- und Qualitätsvergleiche praktisch nicht möglich sind und die Gelegenheit zu ruhiger Überlegung und Umkehr, wenn überhaupt, nur eingeschränkt gegeben ist (Gesetzesbegründung aaO, S. 6, 7, 11; Soergel/Wolf aaO, § 1 HWiG Rdn. 19; MünchKomm-Ulmer aaO, § 1 HWiG Rdn. 22f.; Gilles aaO; Löwe BB 1986, 821, 825; Huff VuR 1988, 306ff.; Kaiser WRP 1989, 222ff.). Die Gesetzesbegründung stellt insoweit darauf ab, daß mit der eigentlichen gewerblichen Absicht des Veranstalters nicht in Zusammenhang stehende attraktive Leistungen wie beispielsweise Kaffeefahrten, Fahrten zu Sportveranstaltungen, Besichtigungen, Reisen, Einladungen zu Filmvorführungen oder Tanzveranstaltungen o.ä. den Kunden über den Hauptzweck der Veranstaltung hinwegsehen lassen und ihn den Verkaufsabsichten gewogen machen, wobei die Auswahl von Zeit und Ort der Veranstaltung es dem Kunden erschwert, sich den Verkaufsbemühungen zu entziehen. Die lediglich beispielhafte Erwähnung solcher Leistungen besagt indessen nicht, daß als Freizeitveranstaltung nur besonders attraktive Veranstaltungen dieser oder vergleichbarer Art in Betracht kämen. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß nach der dem Verbraucherschutz dienenden Zielsetzung des Gesetzes eine einschränkende Interpretation der Vorschrift insoweit dem Gesetzeszweck nicht gerecht werden würde. Entscheidend ist vielmehr, ob die Veranstaltung nach den Gesamtumständen als der Unterhaltung, Geselligkeit, Erholung, Bildung, dem Sport oder sonstigen freizeitlichen Zwecken dienend erscheint und ob im Hinblick darauf für den Verbraucher in solchen Situationen die Gefahr einer Überrumpelung besteht.

    Nach diesen Normzwecken schützt § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG den Verbraucher vor einem bindenden Zustandekommen von Verträgen in einer Situation, die für ihn ein Freizeiterleben darstellt. Die Vorschrift schützt ihn damit als Besucher einer von ihm als Freizeitveranstaltung aufgefaßten Veranstaltung, jedoch nicht, wie daraus folgt, als Teilnehmer einer Kaufveranstaltung, bei der er die Verkaufsabsicht des Veranstalters als den eigentlichen und wesentlichen Grund der Veranstaltung erkennt und bei der Umstände fehlen oder zurücktreten, die für eine Freizeitveranstaltung sprechen und über den Hauptzweck der Veranstaltung als den einer Verkaufsveranstaltung hinwegtäuschen können. Es ginge also nach der Zielsetzung der Regelung und der ihr entsprechenden Gesetzesfassung, die auf eine Freizeitveranstaltung abstellt, über den Geltungsbereich der Vorschrift hinaus, diese auch dann Anwendung finden zu lassen, wenn der Kunde, von den Verkaufsangeboten des Veranstalters nicht überrascht wird, weil er sich über den Zweck der Veranstaltung als den einer Verkaufsveranstaltung im klaren ist und Verkaufsangebote erwartet oder solche Angebote sogar der Grund für seine Teilnahme sind.

    Ob der Verbraucher demgemäß von einer Verkaufsveranstaltung oder von einer Freizeitveranstaltung ausgeht, ist eine Frage des Einzelfalls, die sich nach den für die Ausgestaltung und Durchführung der Veranstaltung selbst maßgebenden Umständen beurteilt, aber auch nach deren Ankündigung und der Werbung dafür. Gerade diese ist für den Teilnahmeentschluß des Eingeladenen und die Einschätzung des Charakters der Veranstaltung durch das Publikum erfahrungsgemäß häufig von besonderer Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 23.3.1962 – I ZR 138/60, GRUR 1962, 461, 464, 465 = WRP 1962, 233, 234 – Werbeveranstaltung mit Filmvorführung; Urt. v. 8.2.1980 – I ZR 22/78, GRUR 1980, 724, 726, 727 = WRP 1980, 255, 258 – Grand Prix; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 26 Rdn. 40, 41 m.w.N.). Wird zu einer Freizeitveranstaltung eingeladen, wird diese vom Verkehr vielfach auch dann als eine solche aufgefaßt werden, wenn ihre Durchführung für sich allein diesen Eindruck nicht ohne weiteres rechtfertigte. Freizeitveranstaltungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG sind daher Veranstaltungen, bei denen der Verkehr nach ihrem von der Ankündigung und Durchführung geprägten Gesamtbild von einem Freizeiterlebnis ausgeht, angesichts dessen für den Teilnehmer weniger die eigentliche gewerbliche Zielsetzung des Veranstalters im Vordergrund steht und deshalb beim Abschluß von Verträgen die Gefahr gegeben ist, der § 1 HWiG entgegenwirken will, daß der Kunde durch das Freizeitangebot vom eigentlichen Zweck der Veranstaltung abgelenkt und unter Beeinträchtigung seiner rechtsgeschäftlichen Entschließungsfreiheit für die Verkaufsabsichten des Veranstalters gewogen gemacht wird (Gesetzesbegründung aaO, S. 6, 7, 11). Erblickt dagegen der Verkehr in einer Veranstaltung eindeutig eine Verkaufsveranstaltung, weil sich deren Zweck, wie aus der Ankündigung und Durchführung ersichtlich, ausschließlich auf die Wahrnehmung der geschäftlichen Belange des Veranstalters richtet und nicht auf das Interesse der Teilnehmer an Unterhaltung und Freizeitgestaltung, dann unterfällt die Veranstaltung dem Begriff der Freizeitveranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG auch dann nicht, wenn den Besuchern während der Veranstaltung gewisse, über den Zweck der Veranstaltung als den einer Verkaufsveranstaltung nicht hinwegtäuschende und ihren Charakter verändernde Annehmlichkeiten oder Einlagen unterhaltender Art geboten werden.

    2. Auf der Grundlage dieser rechtlichen Erwägungen kann es nicht als rechtsfehlerhaft angesehen werden, daß das Berufungsgericht einer Veranstaltung, wie sie von der Beklagten vorliegend angekündigt und durchgeführt worden ist, den Charakter einer Freizeitveranstaltung in dem vorerörterten Sinne beigelegt hat. Ohne Rechtsverstoß ist das Berufungsgericht dabei davon ausgegangen, daß bereits die von der Beklagten verteilte Einladung die gewerbliche Zielsetzung der Veranstaltung nicht deutlich werden läßt. Dafür spricht die blickfangmäßig herausgestellte, der Personenzahl nach beschränkte „Einladung für Kur- und Feriengäste“, die Anrede des eingeladenen Teilnehmers als „Sehr geehrter Gast“ und nicht als Käufer oder Kunde, die Betonung des freien Eintritts und die Tatsache, daß die Beklagte zwar einige wenige geringerwertige Waren unter Preisangaben beworben hat, aber nicht die von ihr vertriebenen wesentlich teureren Naturhaarbetten und die anderen Gegenstände ihrer eigentlichen Verkaufsbemühungen („feinste Naturprodukte“). Hinzu kommt, daß die Beklagte insoweit auch nicht zu einem Verkauf, sondern lediglich zu Information und Ausstellung eingeladen hat mit dem Hinweis, daß „auch andere Gäste“ kämen.

    Aber auch im Hinblick auf den Ablauf der Veranstaltung selbst hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß darauf abgestellt, daß sich der Teilnehmer, der sich angesichts der vorerörterten Einladung in erster Linie als Gast und nicht als potentieller Käufer fühlt, in seiner Gastrolle weiter dadurch bestärkt sieht, daß er – was er als willkommene Abwechslung und Freizeitgestaltung empfindet – unentgeltlich mit Kaffee und Kuchen bewirtet wird und dabei Gelegenheit zu ungezwungenem Kennenlernen und zu Gesprächen mit anderen Kur- und Feriengästen erhält und so in die aufgelockerte Stimmung einer Freizeitatmosphäre versetzt wird. Das Berufungsgericht hat nicht außer acht gelassen, daß die Beklagte die Veranstaltungsteilnehmer durch einen Vortrag über ihre Produkte unterrichtet und diese anschließend besichtigen läßt. Ohne Rechtsverstoß durfte aber das Berufungsgericht mit Blick auf die erörterte Ankündigung der Veranstaltung und deren Durchführung im Rahmen eines geselligen Beisammenseins bei unentgeltlicher Bewirtung davon ausgehen, daß die Teilnehmer einer solchen Veranstaltung dadurch über deren eigentlichen gewerblichen Charakter nicht hinreichend deutlich aufgeklärt werden, sondern sich in einer Situation befinden, in der sich der Übergang von einem Freizeiterlebnis zum Abschluß eines Geschäfts für sie mehr oder weniger unbemerkt vollzieht. Wenn daher das Berufungsgericht in einer Veranstaltung wie hier eine Freizeitveranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG erblickt hat, die – nicht anders als bei den in der Gesetzesbegründung (aaO, S. 6, 11) beispielhaft genannten Kaffeefahrten – den Verbraucher durch ein Freizeitangebot vom eigentlichen Zweck der Veranstaltung ablenkt und unter Beeinträchtigung seiner rechtsgeschäftlichen Entschließungsfreiheit für die Verkaufsabsichten des Veranstalters geneigt macht und damit typischerweise geeignet ist, den Verbraucher zu überrumpeln und zu Vertragsabschlüssen zu veranlassen, die er sonst nicht getätigt hätte, so kann dies nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden.

    3. Auch der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, daß die Verwendung von Vertragsformularen ohne Widerrufsbelehrung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HWiG beim Abschluß von Kaufverträgen anläßlich der Durchführung von Freizeitveranstaltungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG) nach § 1 UWG wettbewerbswidrig sei, kann aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. Vertragsformulare, die über das Recht zum Widerruf in einer dem Gesetz entsprechenden Weise nicht unterrichten, sind geeignet, den Kunden von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten und ihn zu veranlassen, den Kaufvertrag zu erfüllen, obwohl sich der Kunde in Kenntnis des Widerrufsrechts von diesem gelöst hätte. Die Verwendung von Formularen ohne Widerrufsbelehrung läuft daher in Fällen des Abschlusses von Kaufverträgen anläßlich der Durchführung von Freizeitveranstaltungen auf die Ausnutzung der Rechtsunkenntnis des Kunden hinaus. Das steht mit dem Sinn und Zweck des Leistungswettbewerbs und den guten kaufmännischen Sitten nicht in Einklang (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1986 – I ZR 95/84, GRUR 1986, 816, 818 = WRP 1986, 660, 662 – Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf, zu § 1b Abs. 2 AbzG sowie unter Bezugnahme auf diese Entscheidung: BGH, Urt. v. 25.10.1989 – VIII ZR 345/88, GRUR 1990, 46 – Heizgerätevertrieb).

    III. Die Fassung des Tenors des Berufungsurteils gibt keinen Anlaß zu Beanstandungen. Auch soweit der Urteilsausspruch die Wendung enthält, „zu der die Verbraucher entsprechend eingeladen werden“, erstreckt sich das erkannte Verbot, wie die bei der Auslegung des Urteilstenors heranzuziehenden Urteilsausführungen des Berufungsgerichts ergeben, allein auf die konkrete Verletzungsform, also auf Veranstaltungen in der von der Beklagten vorliegend angekündigten und durchgeführten Form.

    IV. Danach war die Revision der Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.