Auto-Analyzer I (BGH – GSZ 2/75)

Für die Klage eines privaten Unternehmens gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Vereinigung von Wett­bewerbern des Unternehmens)

– auf Unterlassung eines Verwaltungshandelns gegenüber den ihrer öffentlichen Gewalt Unterworfenen,

– auf Erteilung der Auskunft zur Vorbereitung eines auf das Verwaltungshandeln gestützten Schadensersatzanspruchs ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten gegeben, wenn und soweit die Körperschaft dem Unternehmen auf dem Boden der Gleichordnung gegenübersteht und nach dem Vorbringen des Klägers das Verwaltungshandeln ihm gegenüber wettbewerbswidrig ist.

BGH (Großer Senat), Beschluß v. 22.3.1976, GSZ 2/75, OLG München

 

Gründe

I.

Die Kl. betreibt seit Juni 1972 in München eine soge­nannte Auto-Analyzer-Anlage, die klinisch-chemische und hämatologische Untersuchungen aus 15 ccm Blut erstellt. Die Anlage soll der Ärzteschaft Dienstleistungen im Bereich der Blutanalyse bieten.

Die Bekl. sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Bekl. zu 1 eine kassenärztliche Vereinigung, die Bekl. zu 2 eine Landesärztekammer. Ab Juli 1972 verbreiteten sie ein Rundschreiben folgenden Inhalts:

 

Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bay­erns teilt mit:

In letzter Zeit bieten Unternehmen, welche Autoanaly­zer betreiben, Kassenärzten an, für sie die Laborunter­suchungen (z. Z. 20 – 30 Werte) gegen Pauschalentgelt durchzuführen. Dabei wird den Kassenärzten mehr oder weniger deutlich zu erkennen gegeben, sie könnten einige dieser Laborleistungen wie eigene Leistungen ge­genüber der KV in Rechnung stellen.

Um die Kassenärzte vor Nachteilen zu bewahren, weist der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns darauf hin, daß der Kassenarzt nur eigene und solche Leistungen abrechnen darf, die unter seiner Verantwor­tung und fortlaufenden Aufsicht von fachlich weisungs­gebundenem Hilfspersonal erbracht werden. Diese Vor­aussetzungen sind bei Leistungserbringung durch ‚Ser­vice-Firmen‘ nicht erfüllt. Eine Verrechnung derartiger Leistungen ist deshalb ein Verstoß gegen die kassen-ärztlichen Pflichten mit allen sich daraus ergebenden Folgen. Den bayerischen Kassenärzten wird deshalb dringend nahegelegt, sich durch derartige Angebote nicht irreführen zu lassen.

 

Die Bayerische Landesärztekammer gibt dazu folgen­des bekannt:

Der Vorstand der Bayerischen Landesärztekammer teilt die Auffassung des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Er stellt dazu fest, daß die hier wiedergegebenen Grundsätze nach § 14 Abs. 1 der Be­rufsordnung generell gelten, also auch gegenüber selbst-zahlenden Patienten.

Im übrigen betont der Vorstand der Bayerischen Lan­desärztekammer, daß das Erbringen von Laborleistun­gen in der Praxis des Arztes unter Verwendung wis­senschaftlich anerkannter Labormethoden nach wie vor in vollem Umfang den modernen Anforderungen ent­spricht.”

 

Die Kl. hat vorgetragen, das Rundschreiben stelle eine Boykottaufforderung dar; den Ärzten, die keine Blutana­lyse im eigenen Laboratorium durchführten, werde nahege­legt, solche Analysen nicht durch die Kl., sondern durch Ärzte, d. h. letztlich durch Mitglieder der beiden Bekl., vor­nehmen zu lassen, die die erforderlichen Einrichtungen be­säßen. Der Inhalt des Rundschreibens werde von den öf­fentlichen Aufgaben, die den Bekl. obliegen, nicht gedeckt; die in dem Rundschreiben enthaltene Auslegung der Vor­schriften über die Abrechnung ärztlicher Leistungen sei un­richtig. Gestützt auf § 25 Abs. 2, § 26 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Nr. 1, 8 und 11 GWB, § 1 UWG, § 826 BGB beantragt die Kl.,

 

1. beiden Bekl. zu verbieten,

 

a) die Kassenärzte “zur Vermeidung von Nachteilen” dar­auf hinzuweisen, daß Unternehmen, welche Auto-Analyzer betreiben, den Kassenärzten mehr oder weniger deutlich zu erkennen gäben, “sie könnten einige dieser Laboratoriums­leistungen wie eigene Leistungen gegenüber der Kassenärzt­lichen Vereinigung in Rechnung stellen”, der Kassenarzt hingegen dürfe nur eigene und solche Leistungen abrech­nen, die unter seiner Verantwortung und fortlaufenden Auf­sicht von fachlich weisungsgebundenem Hilfspersonal er­bracht würden,

 

b) zu behaupten, daß diese Voraussetzungen bei der Lei­stungserbringung durch Service-Firmen nicht erfüllt seien, daß eine Verrechnung derartiger Leistungen deshalb ein Verstoß gegen die kassenärztlichen Pflichten mit allen sich daraus ergebenden Folgen sei, daß sich die bayerischen Kas­senärzte deshalb durch derartige Angebote nicht irreführen lassen sollten;

 

  1. der Bekl. zu 2 zusätzlich den Hinweis zu verbieten, daß die im ersten Teil des Rundschreibens wiedergegebenen Grundsätze nach § 14 Abs. 1 der Berufsordnung generell gelten, also auch gegenüber selbstzahlenden Patienten;

 

3. die Bekl. gesamtschuldnerisch zu verurteilen,

 

a) an die Kl. 300 000,— DM zu zahlen,

 

b) den darüber hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der der Kl. durch die Verteilung des Rundschreibens entstanden ist und noch entstehen wird;

 

4. die Bekl. zu verurteilen, der Kl. darüber Auskunft zu erteilen, an welche Empfänger das Rundschreiben versandt oder sein Inhalt in sonstiger Weise verbreitet wurde.

 

Das LG hat die Unterlassungsanträge und den Auskunfts­antrag wegen Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs durch Teilurteil abgewiesen. Das OLG hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erachtet, den Unterlassungsanträgen stattgegeben und hinsichtlich des Auskunftsanspruchs den Rechtsstreit nach § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an das LG zurückverwiesen.

 

Mit der Revision verfolgen die Bekl. ihren Antrag weiter, die Berufung der Kl. zurückzuweisen. Die Kl. beantragt die Zurückweisung der Revision, hilfsweise die Verweisung an das Sozialgericht München (hinsichtlich der Bekl. zu 1) und an das Verwaltungsgericht München (hinsichtlich der I3ekl. zu 2), ganz hilfsweise Verweisung hinsichtlich der Bekl. zu 1 an das Verwaltungsgericht München und hinsichtlich der Bekl. zu 2 an das Sozialgericht München.

 

Durch Beschluß vom 9. Januar 1975 hat der Kartellsenat dem Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 137 GVG fol­gende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

 

Ist für die Klage eines Dritten gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Vereinigung von Wettbewer­bern des Dritten) auf Unterlassung und Auskunft we­gen ihres Verwaltungshandelns gegenüber den ihrer öffentlich-rechtlichen Gewalt Unterworfenen der Rechts­weg vor den ordentlichen Gerichten gegeben, wenn nach dem Vortrag des Klägers das Verwaltungshandeln gegenüber dem Dritten wettbewerbswidrig ist?”

 

 

II.

Die Voraussetzungen für die Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen sind gegeben (~ 137 GVG, § 95 Abs. 2 GWB).

 

III.

Der Große Senat bejaht die ihm vorgelegte Frage.

 

1. a) In Übereinstimmung mit dem Vorlagebeschluß des Kartellsenats ist davon auszugehen, daß die Bekl. nach dem Vortrag der Kl. das Rundschreiben in Wahrnehmung und zur Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen ihnen an­geschlossener Ärzte verbreitet und damit zugunsten der Ärzte, die Laborleistungen erbringen, in den mit der Kl. bestehenden Wettbewerb mit dem Ziel eingegriffen haben, die Kl. zu boykottieren und zu diskriminieren; viele Ärzte sind danach davon abgehalten worden, die Dienste der Kl. in Anspruch zu nehmen.

Die Kl. hat damit die Voraussetzungen der §~ 25, 26 GWB, § 1 UWG, § 826 BGB schlüssig dargetan. Der Um­stand, daß die Bekl. selbst nicht unmittelbar Wettbewerber der Kl. sind, steht dieser Würdigung nicht entgegen.

aa) Soweit das GWB in Betracht kommt, hat der Kartellsenat des BGH ausgesprochen, daß nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes, die Freiheit des Wettbewerbs sicherzu­stellen, “jedwede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr” den Unternehmensbegriff erfüllt (BGHZ 36, 91, 103 1); zuletzt Urteil vorn 19. September 1974 — KZR 14/73 in NJW 1974, 22362). Ärzte sind danach als Unternehmen anzusehen, so­weit sie Leistungen nachfragen, die die Kl. erbringt, und so­weit sie derartige Leistungen selbst erbringen (sog. Labor-ärzte). Hinsichtlich der Bekl. folgt daraus, daß diese Ver­einigungen von Unternehmen im Sinn der hier in Betracht kommenden §§ 25, 26 GWB sind, soweit sie in der dort ge­nannten Weise zugunsten ihrer Mitglieder den mit Dritten bestehenden Wettbewerb beeinträchtigen. Daß diese nicht wegen ihrer Rechtsform (als Körperschaften des öffentlichen Rechts) von den Vorschriften des Gesetzes freigestellt sind, zeigen die §§ 98 Abs. 1, 99 ff. GWB (ständige Rechtspr. des Kartellsenats; vgl. insbesondere BGHZ 36, 91 ‘); 64, 232, 234).

 

bb) Soweit § 1 UWG als Anspruchsgrundlage zu prüfen ist, greift der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz ein, daß eine Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs auch derjenige vornimmt, der selbst nicht Wettbewerber ist, son­dern lediglich fremden Wettbewerb fördert (BGHZ 19, 299 für die Tätigkeit der staatlichen Kurverwaltung eines Lan­des).

Das Klagebegehren stellt sich somit nach der ihm gege­benen tatsächlichen Begründung, auf die es in diesem Zu­sammenhang allein ankommt, als Folge eines Sachverhalts dar, der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist; zwischen der Kl. und den Bekl. besteht ein Rechtsverhältnis, das vom Grundsatz der Gleichordnung geprägt ist. Insoweit würden keine Bedenken dagegen bestehen, die Voraussetzungen des § 13 GVG und damit den Rechtsweg vor den ordentli­chen Gerichten zu bejahen.

 

b) Der vorliegende Fall weist jedoch die Besonderheit auf daß das beanstandete – als wettbewerbswidrig zu unterstel­lende – Verhalten der Bekl. im Verhältnis zu ihren Mit­gliedern hoheitlicher Art ist. Die Rechtsbeziehungen zwi­schen den Bekl. und den ihr angeschlossenen Ärzten, soweit sie in dem Rundschreiben angesprochen sind, werden vom Grundsatz der Unterordnung unter die öffentliche Gewalt bestimmt und sind damit öffentlich-rechtlicher Natur. Unter dieser Sicht stellen sich die beanstandeten Äußerungen als Verwaltungshandeln dar mit der Folge, daß die in der Re­visionsinstanz anhängigen Unterlassungsanträge (Anträge zu 1 und 2) auf die Änderung hoheitlichen Handelns ge­richtet sind. Würden Mitglieder der Bekl. sich gegen das Rundschreiben wenden, so handelte es sich um eine öffent­lich-rechtliche Streitigkeit, und der Rechtsweg vor den or­dentlichen Gerichten wäre verschlossen (§13 GVG, § 40 VerwGO).

 

2. a) In der Rechtsprechung des RG und des BGH ist bei der Entscheidung der Frage, ob eine öffentlich-rechtliche oder eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit im Sinn des § 13 GVG vorliegt, vielfach auf die Rechtsfolge abgestellt und dahin entschieden worden, der Zivilrechtsweg sei verschlos­sen, wenn sich der Klageantrag gegen eine hoheitliche — sei es auch nur eine schlicht verwaltende – Maßnahme der öf­fentlichen Hand richte (vgl. BGHZ 41, 264, 266; 37, 160, 163; 29, 187, 189; 14, 222, 226; 5, 76, 82; Urteil vom 25. Juni 1964, KZR 4/63 = LM RVO § 368 Abs. 1 Nr. 1 6; Urteil vom 30. November 1955, VI ZR 100/54 NJW 1956, 711, 712). Hieraus folgt jedoch nicht, daß der Zivilrechtsweg immer dann verschlossen ist, wenn die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt oder in sonstiger Weise auf das hoheitliche Handeln eines Verwaltungsträgers Einfluß genommen werden soll. Diesen Entscheidungen liegt näm­lich die Erwägung zugrunde, daß schon aus der Rechts­folge und oft gerade aus dieser der öffentliche Charakter der Streitsache zu erkennen ist. Sie können und wollen nicht den für die Auslegung der §5 13 GVG, 40 Abs. 1 VerwGO maßgebenden Grundsatz antasten, daß es für die Rechts­wegabgrenzung auf die rechtliche Natur des geltend ge­machten Anspruchs ankommt.

 

b) In den hier interessierenden Fällen, in denen die öf­fentliche Hand am allgemeinen Wirtschaftsleben teilnimmt und privaten Unternehmen als Wettbewerber oder – wie hier – als Vereinigung von Wettbewerbern im Verhältnis der Gleichordnung gegenübertritt, hat die Rechtsprechung demgemäß bei der rechtlichen Qualifizierung des Wettbe­werbsverhaltens nicht entscheidend darauf abgehoben, ob die öffentliche Hand hinsichtlich der angebotenen Leistungen zu ihren Mitgliedern, Benutzern oder Abnehmern in einem privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich gestalteten Leistungsverhältnis stand. Als ausschlaggebend für die Anwendung des privaten Rechts ist vielmehr angesehen wor­den, ob sich die öffentliche Hand und die privaten Mitbe­werber im Verhältnis der Über- und Unterordnung gegen­ überstanden oder gleichgeordnet waren.

Das RG hat beispielsweise in einem Fall, in dem es dar­um ging, daß Schallplattenhersteller unter Berufung auf § 1 UWG und andere Vorschriften des bürgerlichen Rechts von der früheren Reichs-Rundfunk GmbH begehrten, sie solle die Sendung von Schallplatten aus der Produktion der Kl. unterlassen, eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit angenommen, obwohl außer Frage stand, daß die Reichs-Rundfunk GmbH mit hoheitlichen Aufgaben auf dem Gebiet des Rundfunkwesens betraut war (RGZ 153, 1, 4 ff.). Der BGH hat im Fall “AKI” (BGHZ 37, 1, 17) zum Ausdruck gebracht, der Annahme eines privatrechtlichen Wettbewerbsverhältnisses zwischen einer Rundfunkanstalt und dem Inhaber eines so­genannten Aktualitätenkinos, der Fernsehsendungen mit Hilfe eines Großprojektors direkt auf die Kinoleinwand übertrug, stehe nicht entgegen, daß die Rundfunkanstalt ihr Sendegut nicht auf privatrechtlicher Ebene, sondern kraft hoheitsrechtlichen Sendemonopols an die Allgemeinheit her­anführe; die Rundfunkanstalt erwerbe das Sendegut auf privatrechtlichem Weg; sie trete in diesem Bereich Mitbe­werbern um die Nachfrage des Publikums auf dem Boden der Gleichordnung gegenüber; deshalb sei es ihr nicht ver­wehrt, sich zur Abwehr von Wettbewerbshandlungen pri­vater Gewerbetreibender auf die Vorschriften des Wettbe­werbsgesetzes zu berufen. Aus den gleichen Erwägungen ist in der Entscheidung ;‚Vortragsabend” (BGHZ 39, 352, 355 ff.) ausgesprochen worden, eine Rundfunkanstalt ver­stoße gegen § 1 UWG, wenn sie eine Unterhaltungssendung ohne Wissen des Veranstalters auf Tonband aufnehme, um sie später für Sendezwecke zu verwenden. Dabei ist erneut ausgeführt worden, daß es insoweit nicht auf das hoheits­rechtliche Sendemonopol der Rundfunkanstalt, sondern dar­auf ankomme, daß sich die Rundfunkanstalt und der Ver­anstalter des Vortragsabends um die Nachfrage des Publi­kums nach Unterhaltung auf dem Boden der Gleichordnung gegenüberstünden und das Publikum zwischen unterhalten­den Rundfunksendungen und Unterhaltungsdarbietungen anderer Art frei wählen könnte. Schließlich hat der BGH in der Entscheidung “fix und clever” (GRUR 1968, 314, 316), die den Schadensersatzanspruch einer Filmverleihfirma ge­gen eine Rundfunkanstalt wegen einer als herabsetzend und geschäftsschädigend empfundenen Filmbesprechung zum Ge­genstand hatte, zum Ausdruck gebracht, der Annahme eines privatrechtlichen Wettbewerbsverhältnisses stehe nicht ent­gegen, daß die Rundfunkanstalt eine ihr kraft Gesetzes zugewiesene öffentlich-rechtliche Tätigkeit ausübe; vielmehr sei ein – privatrechtliches – Wettbewerbsverhältnis zwi­schen der Rundfunkanstalt und dem Filmverleihunternehmen denkbar, soweit sich beide beim Wettbewerb um die Nachfrage des Publikums nach Unterhaltung auf dem Bo­den der Gleichordnung gegenüberstünden.

 

c) Die hier zum Ausdruck kommenden Grundsätze er­weisen sich auch als sachgerecht. Sie bewirken, daß d i e Gerichte anzurufen sind und zu entscheiden haben, die durch besondere Sachkunde und Sachnähe dazu berufen sind; das ist ein Gesichtspunkt, dem bei der Abgrenzung der Rechtswege besondere Bedeutung zukommt (BGHZ 43, 34, 40; 34, 269, 277; 57, 130, 136; vgl. hierzu auch die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 4. Juni 1974, OBG 2/72, NJW 1974, 2087). Hinsichtlich des Rechtsverhältnisses zum privaten Unternehmen geht es nicht darum, ob der Träger der öffentlichen Verwaltung in rechtswidriger Weise hoheitlich tätig geworden ist – diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall dann, wenn sich die Mitglieder der beiden Bekl. gegen deren Vorgehen wen­den -, sondern um die Entscheidung darüber, ob die öffent­liche Verwaltung die vom Privatrecht gezogenen Grenzen eingehalten hat, die sie beachten muß, wenn und soweit sie am allgemeinen Rechts- und Wirtschaftsverkehr teilnimmt.

Hierbei sind zwar auch Rechtssätze des öffentlichen Rechts mit heranzuziehen. Diese haben aber nur die Bedeutung von Vorfragen, über die die ordentlichen Gerichte auch sonst zu befinden haben. Die Entscheidung, ob sich die öffentliche Hand zur Rechtfertigung ihres Handelns auf die ihr oblie­genden öffentlich-rechtlichen Aufgaben berufen kann und aufgrund gesetzlicher Ermächtigung gehandelt hat, die auch nicht in Rechtskraft erwächst, betrifft hier die Begründetheit der Klage; für den Rechtsweg ist sie nicht ausschlaggebend.

 

Schließlich wird dadurch gleichzeitig eine unerwünschte Aufspaltung der Rechtswegzuständigkeit vermieden:

 

Derselbe Rechtsweg (zu den Zivilgerichten) ist ohne Rück­sicht darauf gegeben, ob sich die öffentliche Hand gegen Übergriffe eines privaten Konkurrenten wendet (in diesem Fall ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte unbe­stritten) oder ob das private Unternehmen gegen das Wett­bewerbsverhalten der öffentlichen Hand vorgeht.

 

Nicht begründet ist die Befürchtung, daß nunmehr die ordentlichen Gerichte immer dann zuständig werden, wenn das von Verwaltungsmaßnahmen der öffentlichen Hand be­troffene Unternehmen seinen Klageanspruch auf Vorschrif­ten des bürgerlichen Rechts stützt. Für die Entscheidung, ob eine bürgerlich-rechtliche oder öffentlich-rechtliche Streitig­keit vorliegt, ist nach wie vor die wahre Natur des geltend gemachten Anspruchs maßgebend; es bleibt zu prüfen, durch welche Rechtssätze der Sachverhalt entscheidend geprägt wird. Diese Grundsätze machen es nicht nur unmöglich, den Zivilrechtsweg dadurch zu eröffnen, daß ein öffentlich-recht­liches Verhältnis äußerlich in die Form eines bürgerlich-­rechtlichen Anspruchs gekleidet wird. Sie gelten auch umge­kehrt und schließen aus, daß die öffentliche Hand einerseits auf dem Boden der Gleichordnung mit privaten Unterneh­men in Wettbewerb tritt und andererseits sich dem damit begründeten Zivilrechtsweg entzieht, indem sie Wettbewerbshandlungen in die Form von Anweisungen an ihre Mitglieder kleidet.

 

d) Der eingangs erwähnte, vom BGH im Anschluß an das RG ausgesprochene Grundsatz, der Zivilrechtsweg sei ver­schlossen, wenn sich der Klageanspruch unmittelbar gegen eine hoheitliche – sei es auch nur eine schlicht verwaltende – Maßnahme richtet, ist durchweg auch nur damit begrün­det worden, die Gerichte, durften sich nicht im Widerspruch zu dem Prinzip der Gewaltentrennung in die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden einmischen. Der Große Senat für Zi­vilsachen hat jedoch schon in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 1960 (BGHZ 34, 99) ausgeführt, dieser Ge­sichtspunkt könne heute angesichts des Verfassungsprinzips der Rechtsstaatlichkeit und der ausgebauten Kontrolle der öffentlichen Verwaltung nicht mehr als stichhaltig anerkannt werden; dies ergebe sich auch aus Art. 19 Abs. 4 GG. Dar­aus folgt ebenfalls, daß aus der Rechtsfolge allein nicht auf die Art des Rechtswegs geschlossen werden kann. Es gibt auch weder eine Verfassungsbestimmung noch einen sonsti­gen Rechtsgrundsatz, dem zu entnehmen ist, daß die Ge­richte eines bestimmten Gerichtszweigs bestimmte Rechts­folgen nicht aussprechen dürfen. Da die verschiedenen Ge­richtszweige nach dem Grundgesetz gleichwertig nebenein­ander stehen, ist entscheidend, ob aus den Normen, über die nach der Rechtswegregelung ein bestimmter Gerichtszweig zu entscheiden hat, die erstrebte Rechtsfolge hergeleitet wer­den kann.

 

3. Diese Beurteilung steht im Einklang mit der im Schrift­tum herrschenden Meinung. Danach soll bei Handlungen eines Hoheitsträgers, die eine Doppelnatur in dem Sinn auf­weisen, daß sie im Verhältnis zum Leistungsempfänger als öffentlich-rechtlich, im Verhältnis zum Wettbewerber dage­gen als privatrechtlich aufzufassen sind, zwischen dem öf­fentlich-rechtlichen Innenverhältnis und dem privatrechtli­chen Außenverhältnis unterschieden werden und für das privatrechtliche Wettbewerbsverhältnis zwischen der öffent­lichen Hand und dem Wettbewerber der Zivilrechtsweg er­öffnet sein (Pinger, GRUR 1973, 456; Scholz, NJW 1974, 781; Emmerich, Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unterneh­men, 1969, 5. 280 ff.; ders., JuS 1974, 528 f.; vgl. hierzu fer­ner Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 11. Aufl., Allg. 155 ff.; Mestmäcker, NJW 1969, 1 ff.; BayObLG in DGV 1975, 394 ff. mit zustimmender Anm. von Püttner; Kraus­kopf, 5GB 1975, 130 ff.). Die Gegenmeinung (vgl. Schricker, Wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand und unlaute­rer Wettbewerb, 1964, 5. 66 f., 119, 125 ff.; Klein, Die Teil­nahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1969, 5. 245) bestätigt das hier gewonnene Ergebnis in gewisser Weise, wenn sie in Fällen dieser Art einerseits Rechtsver­hältnisse des öffentlichen Rechts für betroffen erachtet – und demgemäß die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bejaht -‚ andererseits aber einräumt, daß die Bestimmun­gen des Wettbewerbsrechts – entsprechend anzuwenden seien. Ihre Auffassung, Handlungen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die sich im Verhältnis zu ihren Mitglie­dern als obrigkeitliche Anordnungen darstellten, seien im Außenverhältnis als Maßnahmen schlichter Hoheitsverwal­tung anzusehen, läßt die Tatsache außer Betracht, daß die hier zu entscheidende Frage nicht auftaucht, wenn nur mit­telbare Auswirkungen hoheitlichen Handelns in Betracht kommen. Im vorliegenden Fall wird der ordentliche Rechts­weg nur für solche Fälle bejaht, in denen die öffentliche Hand nach dem als richtig zu unterstellenden Vortrag des Kl. am privatrechtlich gestalteten allgemeinen Rechts- und Wirtschaftsverkehr teilnimmt und bestimmte zweckgerich­tete Wettbewerbshandlungen zu beurteilen sind. Schließlich ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß es auch sonst nicht ungewöhnlich ist, ein und dasselbe Verhal­ten im Verhältnis zu verschiedenen Personen unterschiedlich zu beurteilen, wenn und soweit unterschiedliche Pflichtenbereiche betroffen werden.

 

4. a) Für die Fälle der hier in Frage stehenden Art ergibt sich daraus, daß der Rechtsweg vor den ordentlichen Ge­richten sowohl für den Anspruch auf Unterlassung als auch für den Anspruch auf Auskunftserteilung gegeben ist.

 

Soweit der Unterlassungsanspruch in Betracht kommt, folgt dies aus dem unter III 1 wiedergegebenen Sachverhalt, der der Entscheidung zugrundezulegen ist. Er zeigt nicht nur, daß die beanstandeten Verwaltungsmaßnahmen Wettbe­werbshandlungen in dem erörterten Sinn darstellen, sondern schließt auch die Annahme aus, die Kl. wolle sich auf dem Umweg über eine bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage den an sich unzulässigen Zivilrechtsweg eröffnen.

 

Der in die Revisionsinstanz gelangte Auskunftsanspruch ist ein Hilfs- und Nebenanspruch zu dem noch vor dem LG anhängigen Schadensersatzanspruch. Er folgt denselben Re­geln und ist deshalb ebenfalls privatrechtlicher Art.

 

b) Nach alledem kann es dahingestellt bleiben, ob – so­weit die Frage des Rechtswegs hinsichtlich des GWB zu be­urteilen ist – weitere Gesichtspunkte für die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs sprechen, beispielsweise der im Gesetz zum Ausdruck gekommene Grundsatz, in den grund­sätzlichen Fragen der Wirtschaftsverfassung unabhängig von der Art der Streitigkeit und dem Gewand, in dem sie er­scheinen, jede unterschiedliche Beurteilung von vornherein unmöglich zu machen und außerdem die Entscheidungen darüber bei einigen wenigen, auf diesem Gebiet besonders sachkundigen Spruchkörpern der ordentlichen Gerichte zu­sammenzufassen. Es bedarf insbesondere keines Eingehens auf die im neueren Schrifttum im Vordringen befindliche Auffassung, daß abgesehen von den Fällen, in denen die öffentliche Verwaltung aufgrund eines Gesetzes tätig wird — die öffentliche Hand auch dann dem GWB untersteht, wenn sie hoheitlich tätig wird, weil auch die hoheitlich han­delnde öffentliche Verwaltung mit privaten Unternehmen in schutzwürdigen Wettbewerbsbeziehungen stehen kann und insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge die Mög­lichkeit besteht, sowohl hoheitlich als auch privatwirtschaft­lich tätig zu werden, also privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Tätigkeit zu vertauschen (vgl. vor allein Emmerich, Das Wirtschaftrecht der öffentlichen Unternehmen, a.a.O., 5. 253 ff.; Scholz, Wettbewerbsrecht und öffentliche Hand, ZGH 132 [1969] 5. 97 ff.; Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, 5. 32 ff.; Schricker, a.a.O., 5. 96 ff.; Klein, a.a.O., 5. 251; Schwartz, Die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand im Kartellrecht, 1969, 5. 9 ff.; Mestmäcker, Die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Handeln im Wettbewerbsrecht, NJW 1969, 1 ff.).

 

5. Entgegen der Auffassung der Revision erscheint eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichts­höfe des Bundes nach § 2 RsprEinhG nicht geboten.

 

Ein Fall der “Konkurrentenklage” (BVerwGE 30, 191) liegt nicht vor. Die Entscheidung BVerwGE 39, 329 spricht eher für als gegen die hier vertretene Auffassung.

 

Soweit der Auskunftsanspruch in Betracht kommt, hat das Bundesverwaltungsgericht zwar in seinem Urteil vom 6. Mai 1960 (BVerwGE 10, 274) bei einer Klage auf Aus­kunftserteilung (Nennung des Namens eines verantwort­lichen Beamten) die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs bejaht. Jener Fall unterschied sich aber wesentlich von dem vorliegenden, weil dort das Rechtsverhältnis zwischen dem Kl. und der öffentlichen Hand von dem Grundsatz der Über- und Unterordnung bestimmt war.