Vakuumpumpen (BGH – I ZR 240/93)

Leitsatz

    Zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit des systematisch-zielstrebigen Nachbaus einer Vielzahl technischer Erzeugnisse (hier: Flüssigkeitsring-Vakuumpumpen), deren technisch-funktionale Gestaltungselemente frei wählbar sind.

BGH, Urt. v. 14.12.1995, OLG Hamburg, LG Hamburg

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 28. Oktober 1993 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 
Von Rechts wegen

Tatbestand

    Die Parteien stellen Pumpen her. Zu ihrem Programm gehören insbesondere auch Flüssigkeitsring-Vakuumpumpen (im folgenden: FRV-Pumpen). Die Klägerin stellt derartige Pumpen seit Jahrzehnten her und nimmt mit ihnen für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland die Marktführerschaft in Anspruch.

    Die Beklagte bietet FRV-Pumpen an, die bestimmten FRV-Pumpen der Klägerin aus verschiedenen Baureihen zumindest entsprechen.

    Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Übereinstimmungen bei 19 FRV-Pumpen nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes – mit Haupt- und Hilfsanträgen – auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.

    Die Klägerin hat vorgebracht, die von ihr hergestellten FRV-Pumpen besäßen die erforderliche wettbewerbliche Eigenart. Es handele sich bei ihnen um hochkomplizierte technische Erzeugnisse, die – ebenso wie das aus ihnen bestehende Programm – auf langjähriger Erfahrung beruhten und das Ergebnis langwieriger und kostspieliger Forschungs- und Entwicklungsarbeit seien. Sie seien von ausgezeichneter Qualität und hätten einen sehr guten Ruf.

    Die Beklagte habe ihre – der Klägerin – Pumpen unmittelbar übernommen, ohne eine eigene Leistung zu erbringen. Die beanstandeten Pumpen der Beklagten seien hinsichtlich der ihre hydraulische Funktion betreffenden Maße identisch, so daß ihre Einzelteile als Ersatzteile an die Stelle der entsprechenden Teile ihrer Pumpen treten könnten; sie habe die Maße schlicht abgegriffen, obwohl ein ausreichender Gestaltungsspielraum zur Verfügung gestanden habe. Alle namhaften Mitbewerber – insbesondere auf dem deutschen Markt – hielten einen deutlichen Abstand zu ihren FRV-Pumpen. Dies sei möglich, weil die technischen Merkmale willkürlich austauschbar seien. Die Beklagte habe auch die von ihr – der Klägerin – gewählten Leistungsabstufungen und das von ihr zusammengestellte Programm übernommen. Die Abweichungen seien allenfalls „kosmetischer“ Natur. Die Leistungsübernahme sei unter den Gesichtspunkten der Herkunftstäuschung, der Warenverwechslung, der systematischen Behinderung und der Rufausbeutung zu beanstanden, wobei das Verhalten auch deshalb verwerflich sei, weil die Beklagte sie – die Klägerin – preislich unterbiete.

    Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgebracht, den FRV-Pumpen der Klägerin fehle bereits die wettbewerbliche Eigenart. Sie habe nur vom Stand der Technik Gebrauch gemacht und sich nach den technischen Erfordernissen gerichtet. Demgemäß gebe es auf dem Markt zahlreiche Pumpen, die mit denen der Klägerin identisch seien oder ihnen doch nahekämen.

    Keinesfalls könne angesichts der vorhandenen Abweichungen von einer unmittelbaren Leistungsübernahme ausgegangen werden. Die beanstandeten Pumpen würden von ihr seit Anfang 1985 hergestellt und seien nicht von der Klägerin abgeformt worden. Ihre Pumpen beruhten auf eigener Konstruktionsarbeit, die sich auf langjährige Erfahrung habe stützen können. Die von der Klägerin beklagte Identität der funktionellen Einzelteile folge aus dem übereinstimmenden Zweck; sie sei technisch bedingt. Jedenfalls sei aber auszuschließen, daß es zu Herkunftstäuschungen und Warenverwechslungen kommen könne. Denn die Pumpen würden nur vom beratenden Fachhandel an Fachleute vertrieben.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.

    Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

    I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes verneint. Dazu hat es ausgeführt: Die erforderliche wettbewerbliche Eigenart setze voraus, daß die Pumpen der Klägerin geeignet seien, für die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder auf Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen. Diese Eignung werde man den Pumpen der Klägerin an sich beimessen können. Es könne auch von einer, wenn auch nicht unmittelbaren, so doch – unter Zurückstellung der sich zumindest bei den sogenannten Blockpumpen ergebenden Zweifel – fast identischen Übernahme ausgegangen werden. Bei technischen Erzeugnissen der vorliegenden Art sei aber selbst der maßstäblich genaue Nachbau wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Besondere wettbewerbliche Umstände, die aufgrund der Art und Weise des Vertriebs eine Ausnahme rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.

    Eine Herkunftstäuschung scheide aus, weil die beanstandeten Pumpen unter notwendig größerem Beratungsaufwand praktisch nur durch Fachleute an Fachleute vertrieben würden, die nicht nur aufmerksamer und mit mehr Sachverstand hinschauten als das breite Publikum, sondern sich im Hinblick auf den zu gewährenden Service und Reparaturdienst auch gerade für das hinter den Produkten stehende Unternehmen interessierten.

    Der Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, den Ruf der Leistung der Klägerin sittenwidrig ausgenutzt zu haben. Zwar spreche vieles dafür, daß die Pumpen der Klägerin einen guten Ruf hätten und bestimmte Gütevorstellungen hervorriefen. Dies allein reiche aber nicht. Es müsse vielmehr objektiv zumindest zu Warenverwechslungen kommen können. Eine solche Gefahr bestehe jedoch nicht; sie sei ebenfalls durch die Fachkunde der am Vertrieb beteiligten Personen ausgeschlossen.

    Weiter sei auch der wettbewerbswidrige Tatbestand des Einschiebens in eine fremde Serie nicht erfüllt. Die Pumpen der Beklagten könnten die Pumpen der Klägerin in den Anlagen, zu denen sie gehörten und denen sie dienten, zwar ersetzen. Ein Nachbau zu Ersatzzwecken sei aber grundsätzlich zulässig und frei.

    Schließlich sei auch der Vorwurf der systematischen Behinderung nicht begründet. Dazu reiche es nicht aus, daß die Beklagte eine ganze Reihe aufeinander abgestimmter Pumpen der Klägerin nachgebaut haben solle. Es lasse sich nicht feststellen, daß die Beklagte zielbewußt darauf hinwirke, die Klägerin geschäftlich lahmzulegen und so aus dem Wettbewerb auszuschalten. Nach dem Vortrag der Klägerin habe die Beklagte ihre Produktion zwar, um Kosten zu sparen, durch Übernahme in Gang gebracht, habe es dabei aber bewenden lassen und sei von der Klägerin vorgenommenen Änderungen nicht stets gefolgt. Eine Behinderung durch Rufschädigung (= geringeres Leistungsvermögen der Pumpen der Beklagten) scheitere ebenfalls, weil der Verkehr wisse, daß die Pumpen von verschiedenen Herstellern stammten. Letztlich führe auch die angebliche Preisunterbietung der Beklagten nicht zu einer wettbewerbswidrigen Behinderung der Klägerin. Preisunterbietungen seien im Interesse der Nachbaufreiheit grundsätzlich hinzunehmen. Im übrigen habe die Klägerin auch ausgiebig Gelegenheit gehabt, ihr Leistungsvermögen zu nutzen und ihre Aufwendungen zu amortisieren.

    II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.

    Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden keine Ansprüche nach § 1 UWG unter dem hier allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zu, wird von den getroffenen Feststellungen nicht getragen.

    Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß der grundsätzlich zulässige Nachbau fremder, nicht unter Sonderrechtsschutz stehender technischer Erzeugnisse wettbewerbswidrig sein kann, wenn die Erzeugnisse von wettbewerblicher Eigenart sind und das Hinzutreten besonderer Umstände den Nachbau unlauter erscheinen läßt (vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 18. Aufl., § 1 UWG Rdn. 462 ff.; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 21 Rdn. 43 ff.; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 79 ff.; Köhler/Piper, UWG, 1995, § 1 Rdn. 268 und 277; jeweils m.w.N.).

    1. Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß die FRV-Pumpen der Klägerin wettbewerbliche Eigenart besitzen. Die wettbewerbliche Eigenart erfordert ein Erzeugnis, dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 8.11.1984 – I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 877 – Tchibo/Rolex I; Urt. v. 14.4.1988 – I ZR 99/86, GRUR 1988, 690, 693 – Kristallfiguren; Urt. v. 21.3.1991 – I ZR 158/89, GRUR 1992, 523, 524 – Betonsteinelemente).

    Das Berufungsgericht hat angenommen, daß man den Pumpen der Klägerin jedenfalls die Eignung, herkunftshinweisend zu wirken, an sich werde beimessen können. Die Revisionserwiderung folgert aus dieser Formulierung, daß das Berufungsgericht eine wettbewerbliche Eigenart lediglich unterstellt und nicht positiv festgestellt habe. Zumindest fehle insoweit jede Begründung. Die Voraussetzungen der wettbewerblichen Eigenart seien angesichts der technisch bedingten Merkmale der Pumpen zu verneinen.

    Für die Prüfung in der Revisionsinstanz kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht die Eigenart nur unterstellen wollte. Da die vom Berufungsgericht für die Klageabweisung gegebene Begründung, daß jedenfalls keine besonderen wettbewerblichen Umstände vorlägen, nicht trägt und die Frage einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung bedarf (vgl. nachfolgend unter II 3 d), wird es bei Bejahung solcher Umstände für die erneute Verhandlung und Entscheidung ohnehin auf weitere Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart ankommen. Es wird in diesem Falle auf die Rüge der Revisionserwiderung hin zu prüfen sein, welche Gestaltungselemente die wettbewerbliche Eigenart begründen. Daß diese hier in technischen Merkmalen liegen kann, hat das Berufungsgericht allerdings zutreffend angenommen. Die dagegen vorgebrachten Bedenken der Revisionserwiderung greifen nicht durch. Es trifft zwar zu, daß die technische Lehre und der Stand der Technik frei sind. Wettbewerbliche Eigenart können aber bei technischen Erzeugnissen solche Leistungen beanspruchen, deren Merkmale nicht technisch notwendig, sondern willkürlich wählbar und austauschbar sind (st. Rspr.; vgl. BGHZ 50, 125, 128 f. – Pulverbehälter; BGH, Urt. v. 23.1.1981 – I ZR 48/79, GRUR 1981, 517, 519 – Rollhocker; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 79), vorausgesetzt, der Verkehr legt aufgrund dieser Merkmale Wert auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb oder verbindet damit zumindest – ohne sich über die Herkunft Gedanken zu machen – gewisse Qualitätserwartungen.

    Für die weitere Prüfung kann es überdies auch – wie von der Revision zu Recht gerügt – auf den Grad der wettbewerblichen Eigenart ankommen. Denn zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht eine Wechselwirkung (vgl. BGH GRUR 1981, 517, 519 – Rollhocker; Köhler/Piper, UWG, 1995, § 1 Rdn. 279 und 287). Je größer die wettbewerbliche Eigenart, um so geringer sind die Anforderungen an die besonderen Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachbildung begründen. Die Revision bringt dazu vor, daß die von der Klägerin hergestellten Pumpen starke wettbewerbliche Eigenart besäßen. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung entspricht die von der Revision insoweit erhobene Verfahrensrüge den Anforderungen des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO. In der Revisionsbegründung wird näher ausgeführt, die Klägerin habe – was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft übergangen habe – in der Berufungsinstanz (Schriftsatz v. 10.11.1992, GA II 257 ff.) eingehend dargelegt und unter Sachverständigenbeweis gestellt, daß und welche technisch-funktionalen – frei wählbaren – besonderen Gestaltungselemente die einzelnen Pumpen und Baureihen der Klägerin hätten. Dies zu beurteilen, muß – sofern es darauf ankommen sollte – dem Tatrichter vorbehalten bleiben, der in seine Würdigung auch die Erwiderung der Beklagten (Schriftsatz v. 9.3.1993, GA II 311 ff.) einzubeziehen hätte.

    2. Das Berufungsgericht ist – unter Zurückstellung der sich zumindest bei den sogenannten Blockpumpen ergebenden Zweifel – von einer fast identischen Übernahme ausgegangen. Dies ist revisionsrechtlich hinzunehmen, zumal auch im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils festgestellt wird, daß jedenfalls die 19 beanstandeten FRV-Pumpen der Beklagten den Pumpen der Klägerin zumindest entsprechen. Die Annahme eines fast identischen Nachbaus wird auch von der Revisionsklägerin als für sie günstig nicht beanstandet. Allerdings wird von der Revisionserwiderung in ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 30. November 1994 vorsorglich gerügt, die Beklagte habe in den Vorinstanzen auf funktionell wichtige Teile hingewiesen, in denen sich die gegenüberstehenden Pumpen trotz normbedingter Übereinstimmungen unterschieden. Das Berufungsgericht wird dem nachzugehen und zu prüfen haben, ob dieses Beklagtenvorbringen erheblich ist.

    Ist mithin für die Prüfung in der Revisionsinstanz von einem der unmittelbaren Übernahme gleichzustellenden, fast identischen Nachbau auszugehen, so sind – wie das Berufungsgericht zu Recht anführt – strenge Maßstäbe anzulegen, das heißt, daß die Anforderungen sowohl an die wettbewerbliche Eigenart als auch an die besonderen wettbewerblichen Umstände hier geringer sind als bei der nur nachschaffenden Übernahme (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1959 – I ZR 24/58, GRUR 1960, 244, 246 – Simili-Schmuck; Urt. v. 6.2.1986 – I ZR 243/83, GRUR 1986, 673, 675 – Beschlagprogramm).

    3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das Vorliegen besonderer wettbewerblicher Umstände nicht dargelegt, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ob im Streitfall die von der Revision angeführte Senatsrechtsprechung herangezogen werden kann, wonach in Fällen der unmittelbaren Übernahme den Verletzer die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Frage trifft, aus welchen Gründen die unmittelbare Übernahme wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BGH, Urt. v. 2.7.1969 – I ZR 118/67, GRUR 1969, 618, 620 – Kunststoffzähne), kann beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand auf sich beruhen. Diese Rechtsprechung, die auf eine Umkehr der Beweislast hinausläuft, wird über die der entschiedenen Fallgestaltung vergleichbaren Fälle hinaus, die durch Erzeugnisse von besonders hervorragender wettbewerblicher Eigenart gekennzeichnet sind, nicht verallgemeinert werden dürfen (vgl. v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 74; Köhler/Piper, UWG, 1995, § 1 Rdn. 274). Auch wenn es hier bei dem Grundsatz verbleibt, daß der Verletzte die das Vorgehen wettbewerbswidrig machenden Umstände vorzutragen und zu beweisen hat, hat die Klägerin vorliegend ihrer Darlegungslast genügt.

    Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß der Wettbewerbsverstoß bei Übernahme gemeinfreier technischer Merkmale nicht schon im – selbst maßstäblich genauen – Nachbau als solchem, sondern erst in dem Inverkehrbringen des nachgebauten Erzeugnisses erblickt werden kann; aber selbst der Vertrieb ist nicht für sich allein wettbewerbswidrig, sondern erst dann, wenn er auf eine wettbewerbsrechtlich zu beanstandende Art und Weise vorgenommen wird. Es müssen also besondere wettbewerbliche Umstände hinzutreten (st. Rspr.; vgl. u.a. BGHZ 50, 125, 129 f. – Pulverbehälter). Soweit das Berufungsgericht das Vorliegen solcher Umstände verneint hat, kann dem nicht in vollem Umfang beigetreten werden. Die Versagung eines Leistungsschutzes auch unter dem Gesichtspunkt der systematischen Behinderung bedarf einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung.

    a) Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht allerdings den Tatbestand einer vermeidbaren Herkunftstäuschung für nicht gegeben erachtet. Zwar ist für die Prüfung in der Revisionsinstanz davon auszugehen, daß die FRV-Pumpen der Klägerin geeignet sind, herkunftshinweisend zu wirken. Indessen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß eine Herkunftstäuschung deshalb ausgeschlossen sei, weil der Vertrieb unter einer notwendig eingehenden Beratung praktisch nur durch Fachleute an Fachleute erfolge. Diese würden sich – anders als das breite Publikum bei Alltagsgeschäften – die in Rede stehenden Erzeugnisse aufmerksamer und mit mehr Sachverstand anschauen und sich überdies im Blick auf den zu gewährenden Service und Reparaturdienst auch gerade für das hinter dem Produkt stehende Unternehmen interessieren. Im übrigen habe die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch ausdrücklich erklärt, die Abnehmer wüßten von der unterschiedlichen Herkunft der sich gegenüberstehenden beiden Pumpenprogramme.

    Der von der Beklagten als „Ausrutscher“ bezeichnete Vorgang, auf den die Revision sich beruft, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Der Hinweis der Beklagten an einen Kunden, daß die von ihr gelieferten Ersatzteile problemlos in S.-Vakuumpumpen eingebaut werden könnten und daß dies seit vielen Jahren bei ihren Anwendern praktiziert werde, belegt noch nicht, daß es beim Verkehr auch zu betrieblichen Herkunftsverwechslungen gekommen ist. Der von der Revision weiter angeführte Umstand, daß die Beklagte in der Vergangenheit die Artikelnummern der Klägerin verwendet hat, kann ihr heute nicht mehr entgegengehalten werden. Denn die Beklagte hat diese Verwendung auf die Abmahnung der Klägerin hin schon im Jahre 1985 eingestellt.

    b) Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten könne keine sittenwidrige Rufausnutzung vorgeworfen werden, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Aufgrund der Unterstellung des Berufungsgerichts ist für die Prüfung in der Revisionsinstanz zwar davon auszugehen, daß die Pumpen der Klägerin einen guten Ruf haben und bestimmte Gütevorstellungen hervorrufen. Dies allein reicht aber noch nicht. Eine wettbewerbswidrige Rufausnutzung ist erst dann anzunehmen, wenn Eigenart und Besonderheiten des Erzeugnisses zu Qualitätserwartungen (Gütevorstellungen) führen, die der Originalware zugeschrieben werden und der nachgeahmten Ware deshalb zugute kommen, weil der Verkehr sie mit ersterer verwechselt (vgl. BGH GRUR 1985, 876, 877 – Tchibo/Rolex I). Der Verkehr, der die Nachahmung nicht als solche erkennt, hält sie für die Originalware und erwirbt sie deswegen. Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, zu derartigen Warenverwechslungen könne es insbesondere aufgrund der Fachkunde der am Vertrieb beteiligten Personen nicht kommen. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein revisibler Rechtsfehler wird von der Revision nicht aufgezeigt. Ist eine Warenverwechslung ausgeschlossen, so kommt es auf die von der Klägerin in den Vorinstanzen vorgetragene Verkehrsbekanntheit, auf die die Revision sich beruft, schon deswegen nicht an.

    Aus den vorgenannten Gründen scheidet auch – wie das Berufungsgericht an anderer Stelle zu Recht angenommen hat – eine Rufschädigung, die nach dem Vorbringen der Klägerin in einem geringeren Leistungsvermögen der Pumpen der Beklagten liegen soll, aus.

    c) Weiter hat das Berufungsgericht auch eine Rufausnutzung unter dem Gesichtspunkt des Einschiebens in eine fremde Serie zutreffend verneint. Ein Sachverhalt der damit angesprochenen Art ist vorliegend nicht gegeben. Es geht hier nicht um das Einschieben in eine fremde, auf Fortsetzungsbedarf angelegte Serie (vgl. dazu BGHZ 41, 55, 57 – Klemmbausteine I; BGH, Urt. v. 7.5.1992 – I ZR 163/90, GRUR 1992, 619, 620 – Klemmbausteine II), vielmehr kommt entweder – wie vom Berufungsgericht angenommen – ein Nachbau zu Ersatzzwecken in Betracht, soweit die Pumpen der Beklagten die der Klägerin an den Anlagen, zu denen sie gehören und denen sie dienen, ersetzen, oder zu Zwecken der Ergänzung und der Fortführung (vgl. zu letzterem BGH, Urt. v. 11.2.1977 – I ZR 39/75, GRUR 1977, 666 ff. – Einbauleuchten). Ein auf Ersatz oder Ergänzung angelegter Nachbau ist aber grundsätzlich zulässig, soweit er nicht zu Herkunfts- oder Warenverwechslungen führt oder sonstige Unlauterkeitsmerkmale hinzutreten.

    Die Revision meint, das Berufungsgericht greife zu kurz, wenn es in seine Beurteilung nicht auch die vom Senat zum wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz für Gesamtprogramme entwickelten Grundsätze heranziehe (BGH, Urt. v. 23.10.1981 – I ZR 62/79, GRUR 1982, 305, 307 – Büromöbelprogramm; BGH GRUR 1986, 673, 675 – Beschlagprogramm). Diese Rechtsprechung gibt jedoch für den vorliegenden Fall nichts her. In den entschiedenen Fällen ist Programmen als Gesamtheit von Erzeugnissen mit Gemeinsamkeiten in der Zweckbestimmung und Formgestaltung wettbewerbsrechtlicher Schutz gewährt worden, wenn die Eigenart des Programms sich aus Merkmalen einzelner Teile und aus der Kombination der Einzelteile ergibt. Das besondere Unlauterkeitsmerkmal ist dabei in der durch die Nachahmung begründeten Gefahr der Herkunftsverwechslung gesehen worden (vgl. BGH GRUR 1986, 673, 675 r. Sp. – Beschlagprogramm). Daran fehlt es vorliegend aber gerade.

    d) Die Revision hat allerdings Erfolg, soweit das Berufungsgericht auch eine sittenwidrige Behinderung verneint hat. Die Beurteilung erforderte insoweit eine umfassende Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände unter Einbeziehung der bereits herausgestellten Wechselwirkung mit dem Grad der wettbewerblichen Eigenart und mit dem der Nachahmung. Zu den im Streitfall besonders zu berücksichtigenden Umständen gehören vor allem das von der Klägerin behauptete schrittweise und zielbewußte Anhängen an eine Vielzahl ihrer Produkte, die freie Wählbarkeit einer Fülle von Gestaltungselementen und die aufgrund der Ersparung kostspieliger, eigener Entwicklungsarbeit mögliche erhebliche Preisunterbietung in Verbindung mit den daraus erzielten Wettbewerbsvorteilen. Einer solchen umfassenden Gesamtwürdigung ist das Berufungsgericht nicht in hinreichendem Maße gerecht geworden.

    Es geht vorliegend um den systematischen Nachbau einer Vielzahl eigenartiger Erzeugnisse eines Mitbewerbers (vgl. dazu BGH GRUR 1960, 244, 246 – Simili-Schmuck; GRUR 1969, 618, 619 f. – Kunststoffzähne; GRUR 1986, 673, 675 – Beschlagprogramm; BGH, Urt. v. 10.12.1987 – I ZR 221/85, GRUR 1988, 308, 310 – Informationsdienst; BGH GRUR 1988, 690, 693 – Kristallfiguren). Mit dem Berufungsgericht ist davon auszugehen, daß die Beklagte – mit Einschränkungen hinsichtlich der Blockpumpen – eine ganze Reihe aufeinander abgestimmter Pumpen der Klägerin nachgebaut hat.

    Die Gründe, mit denen das Berufungsgericht bei diesem Ausgangspunkt den Vorwurf einer systematischen Behinderung und damit eines unlauteren Vorgehens verneint hat, sind nicht tragfähig. Das Berufungsgericht führt zum einen an, die Klägerin habe den Umfang ihres gesamten Sortiments an FRV-Pumpen nicht näher dargelegt. Es hat dabei aber nicht hinreichend berücksichtigt, daß der Vorwurf der systematischen Behinderung nicht die Übernahme des gesamten Sortiments eines Mitbewerbers erfordert. Vorliegend könnte die Darlegung der Klägerin, die Beklagte habe aus ihrem Sortiment 19 Pumpen und damit ganze Reihen fast identisch übernommen, im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung durchaus ausreichen.

    Das vom Berufungsgericht weiter aufgestellte Erfordernis, die Beklagte hätte zielbewußt darauf hinwirken müssen, die Klägerin geschäftlich lahmzulegen und so aus dem Wettbewerb auszuschalten, wird durch die angeführte Literaturstelle (Baumbach/Hefermehl aaO § 1 UWG Rdn. 480) nicht belegt. Die dort für einen Verdrängungsfall angenommene Unlauterkeit bezieht sich auf die systematische Übernahme von Produkten, die Dutzendware sind und keine wettbewerbliche Eigenart haben. Ist – wie hier zu unterstellen – wettbewerbliche Eigenart gegeben, so kommt es neben den weiter erörterten Umständen nur auf ein planmäßiges und zielstrebiges Anhängen an (vgl. BGH GRUR 1960, 244, 246 – Simili-Schmuck; GRUR 1969, 618, 619 f. – Kunststoffzähne). Dieses ist hier angesichts der Vielzahl der nahezu identisch nachgeahmten FRV-Pumpen zu bejahen, sofern – wovon für die Prüfung in der Revisionsinstanz auszugehen ist (vgl. oben unter II 1 a.E.) – die die wettbewerbliche Eigenart begründenden Gestaltungselemente frei wählbar und damit austauschbar sind, so daß der Beklagten ein hinreichender Spielraum für abweichende Gestaltungen verbleibt. Aber auch in einem solchen Falle kann die Übernahme gleichwohl zulässig sein, wenn darin – im Blick auf das Freihaltebedürfnis der Mitbewerber am Stand der Technik und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks und der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung – die angemessene Verwirklichung einer technischen Aufgabe liegt. Der Nachbauer kann daher grundsätzlich unter mehreren Lösungen die technisch angemessene Lösung auch dann wählen, wenn sie ein Mitbewerber für sein Erzeugnis benutzt (vgl. BGHZ 50, 125, 128 f. – Pulverbehälter; v. Gamm, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 79). Darauf wird sich der Nachbauer in den Fällen des systematisch-zielbewußten Anhängens in der Regel aber dann nicht berufen können, wenn er – wie im Streitfall von der Klägerin vorgetragen – bei den einzelnen Produkten ohne Not jeweils eine Fülle technisch-funktionaler Einzelheiten, die frei wählbar sind, übernimmt.

    Die Unlauterkeit entfällt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht deshalb, weil die Beklagte ihre Produkte zwar, um Kosten zu sparen, durch den Rückgriff auf die Pumpen der Klägerin in Gang gebracht, es dabei aber habe bewenden lassen und den von der Klägerin vorgebrachten Änderungen nicht stets gefolgt sei. Ebensowenig wie die Übernahme des gesamten Sortiments erforderlich ist, ist auch eine Übernahme sämtlicher Änderungen zu verlangen. Der Umfang der – weiter aufzuklärenden – Übernahme ist vielmehr im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ein Abwägungsgrund. Auch der vom Berufungsgericht angeführte Umstand, daß im Laufe der weiteren Entwicklung ein Auseinanderlaufen der sich gegenüberstehenden Pumpenprogramme vorgegeben sei, kann sich angesichts der Vielzahl der übernommenen Produkte und der sich zeitlich über viele Jahre erstreckenden Übernahme nicht entscheidend zugunsten der Beklagten gewertet werden.

    Die Revision rügt auch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht dem Gesichtspunkt der Preisunterbietung zuwenig Gewicht beigemessen hat. Es ist richtig, daß der Hersteller des Vorbilds die mit einem zulässigen Nachbau verbundene Preisunterbietung in aller Regel hinzunehmen hat. In der Rechtsprechung ist aber, um dem Ersthersteller nicht jeden Anreiz zur Fortentwicklung des Standes der Technik zu nehmen, anerkannt, daß die Preisunterbietung die unmittelbare und die fast identische Leistungsübernahme dann wettbewerbswidrig machen kann, wenn die Übernahme des mit hohen Entwicklungskosten belasteten Leistungsergebnisses zu einer ganz erheblichen, sich im Verkaufspreis niederschlagenden Diskrepanz der Gestehungskosten der beiderseitigen Erzeugnisse führt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1966 – Ib ZR 32/64, GRUR 1966, 617, 620 – Saxophon). Diese Voraussetzungen hat die Klägerin dargetan. Die Revision beruft sich insoweit auf das Vorbringen der Klägerin (Schriftsätze v. 8.3.1991, GA I 102 ff. und v. 27.9.1991, GA I 181), wonach ihre Pumpenreihe das Ergebnis einer langwierigen, individuellen und sehr kostspieligen Konstruktions- und Entwicklungsarbeit sowie ihrer jahrelangen Erfahrung darstelle; die Preisunterbietung der Beklagten betrage ca. 37 % (Schriftsatz v. 5.6.1992, GA I 237 ff.). Eine solche Preisunterbietung kann in Verbindung mit den hohen Entwicklungskosten der Klägerin und dem – zu unterstellenden – systematischen Vorgehen der Beklagten sowie der von ihr daraus erzielten Wettbewerbsvorteile nicht unberücksichtigt bleiben.

    Die nach alledem gebotene Gesamtschau bedarf unter Einbeziehung der zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Übernahme und den besonderen Unlauterkeitsumständen bestehenden Wechselwirkung einer erneuten tatrichterlichen Würdigung.

    4. Sollte das Berufungsgericht einen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz grundsätzlich für begründet erachten, wird es weiter zu prüfen haben, ob der von der Beklagten erhobene Verwirkungseinwand, auf den sie sich in ihrer Revisionserwiderung vorsorglich beruft, durchgreift.

    III. Das Berufungsurteil war daher auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.