Straßen- und Autolobby (BGH – VI ZR 174/78)

    1. Ein Wettbewerbsverein, dessen satzungsmäßiger Aufgabenbereich sich auf die Kontrolle wettbewerblicher Verhältnisse beschränkt, ist im zivilrechtlichen Ehrenschutzverfahren nur dann aktiv legitimiert, wenn die beanstandete Kritik ihn selbst in seinem Ruf oder in seinem Funktionsbereich beeinträchtigen würde.

    2. Das Recht einer Gewerkschaft, ihren Standpunkt in der Auseinandersetzung um wirtschaftspolitische Fragen frei zu vertreten, wird grundsätzlich erst überschritten, wenn das abwertende Urteil zur bloßen Schmähung des Gegners herabsinkt, die jeden sachlichen Bezug zu dem vertretenden Standpunkt des Kritikers vermissen läßt und nicht mehr ein adäquates Mittel des Meinungskampfes ist.

BGH, Urt. v. 05.02.1980, OLG Hamburg, LG Hamburg

 

Tatbestand

    Die beklagte Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands, Arbeitnehmerorganisation von Bediensteten der Deutschen Bundesbahn, wandte sich im April 1977 in einer Flugschrift „Aktion 2: Rettet die Bahn! Güter runter von der Straße! Rauf auf die Bahn! Der Schienenverkehr ist unentbehrlich“ gegen Bestrebungen, die Bundesbahn durch Streckenstillegungen zu sanieren, und rief dazu auf, statt dessen für Verbesserungen des Leistungsangebots im Güterverkehr und für den Abbau von Wettbewerbsverzerrungen einzutreten.

    Der klagende Verein „zur Förderung des Wettbewerbs und lauteren Verhaltens im Speditionsgewerbe, Frachtführergewerbe und Lagereigewerbe“ hat folgende in der Flugschrift enthaltene Sätze als rechtswidrig beanstandet:

    „Der frühere Bundesverkehrsminister Georg Leber hatte es einmal versucht: Schwere Güter runter von der Straße, rauf auf die Schiene. Das wäre ein vernünftiger Weg gewesen. Doch die Straßenlobby und Autolobby hat das im Keim erstickt. Jedes Mittel war ihr recht! Geschäftemacherei geht solchen Leuten vor volkswirtschaftliche Vernunft“.

    Mit seiner Klage hat er von der Beklagten die Unterlassung der beanstandeten Äußerung begehrt.

    Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben.

    Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

 

 

    I.

    Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Unterlassungsklage in entsprechender Anwendung von §§ 1004, 823 Abs 1 und Abs 2 BGB iVm § 185 StGB begründet, da die beanstandete Äußerung den Kläger in unzulässiger Weise diffamiere.

    Das Berufungsgericht führt dazu aus: Das negative Werturteil überschreite den an sich weit gezogenen Freiheitsbereich, der der Beklagten in der Auseinandersetzung um solche die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen durch Art 5 Abs 1 GG eingeräumt sei. Für den unbefangenen Durchschnittsleser kennzeichne die Äußerung den Kläger und die in ihm zusammengeschlossenen Mitglieder als in ihrer Grundhaltung allein von dem Willen geprägt, eigensüchtig und ohne Rücksicht auf die Belange der Allgemeinheit und volkswirtschaftlich vernünftige und wünschenswerte Überlegungen, Geschäfte auf Kosten anderer zu machen, wobei ihnen schlechthin jedes Mittel recht sei. Mangels greifbarer Anhaltspunkte für eine Beschränkung des Aussagegehalts denke der Leser in erster Linie an den Einsatz allgemein verachtenswerter und ungesetzlicher Mittel. Solcher rein polemische Ausfall, zu dessen Stützung die Beklagte auch im Rechtsstreit nichts geeignetes vorgebracht habe, sei schwerwiegend, willkürlich und in einer Weise auf bloße Diffamierung des Klägers ausgerichtet, die der Beklagten die Berufung auf berechtigte Interessen von vornherein abschneide.

    II.

    Die Revision bekämpft diese Ausführungen mit Erfolg.

    1. Rechtliche Bedenken bestehen schon hinsichtlich der Aktivlegitimation des Klägers.

    a) § 13 Abs 1 UWG kann für sie nicht herangezogen werden, da die Regeln des UWG auf die inkriminierte Äußerung der Beklagten nicht anzuwenden sind. Die insoweit auch schon vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel sind berechtigt.

    Mit der Veröffentlichung hat die Beklagte gewerkschaftliche Aufgaben zur Wahrung und Förderung der Arbeitsbedingungen und Wirtschaftsbedingungen ihrer bei der Bundesbahn beschäftigten Mitglieder in Anspruch genommen. Im Vordergrund ihres Bemühens, die Öffentlichkeit zur Unterstützung in der Abwehr von Streckenstillegung und Personalabbau bei der Bundesbahn und als Befürworter des sog Leberplans zu gewinnen, standen die Sicherung und Erhaltung von Arbeitsplätzen bei der Bundesbahn; dieses gewerkschaftliche Anliegen durchzieht als roter Faden die ganze Publikation. Daß die Beklagte sich nicht an den Tarifpartner wandte, sondern über die Öffentlichkeit Einfluß auf die Entscheidungen für die wirtschaftliche Struktur der Bundesbahn zu nehmen suchte, ändert nichts daran, daß es die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder waren, die sie auf diesem Weg zu sichern und zu verbessern hoffte. In der Verfolgung dieser Arbeitnehmerinteressen war die Beklagte den Regeln des Wettbewerbsrechts nicht unterworfen. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, daß sie eine Stärkung der wirtschaftlichen Stellung der Deutschen Bundesbahn durch wirtschaftspolitische und steuerrechtliche Maßnahmen zu Lasten des Straßentransportgewerbes anstrebte. Damit war der Wettbewerb zwischen dem Güterverkehr auf Straße und Schiene zwar Gegenstand ihrer Vorschläge, nicht aber enthielt ihr Vorgehen eine wettbewerbliche Zielsetzung, wie der Kläger meint; diese war vielmehr auf wirtschaftspolitische und verkehrspolitische Reformen gerichtet, mit denen der Staat die wettbewerbliche Ordnung in Zukunft verändern sollte. Hinter dieser Zielsetzung treten Ausstrahlungen auf bestehende Wettbewerbsverhältnisse zwischen Bundesbahn und Straßentransportgewerbe ganz in den Hintergrund.

    Solches Auftreten der Gewerkschaft ist den im geschäftlichen Verkehr geltenden Wettbewerbsregeln aus gleichliegenden Gründen nicht zugänglich, aus denen der erkennende Senat die Mitgliederwerbung der Gewerkschaften von den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ausgenommen hat (BGHZ 42, 210, 218; Senatsurteil vom 18. Mai 1971 – VI ZR 220/69 = NJW 1971, 1655 = GRUR 1971, 591, 592 Sabotage; vgl auch BAG 21, 201, 207 = NJW 1969, 861). Dies gilt ganz allgemein für den auch hier in Anspruch genommenen Aufgabenbereich, der den Gewerkschaften als spezifisch koalitionsmäßige Tätigkeit durch Art 9 Abs 3 GG gewährleistet ist. Zwar ist diesen hierin kein unabgrenzbarer Handlungsspielraum eingeräumt; vielmehr kann der Gesetzgeber Schranken setzen, wenn und soweit dies zum Schutz anderer Rechtsgüter von der Sache her geboten ist (BVerfGE 28, 295, 303, 306; 38, 386, 393; 42, 133, 139; BGHZ 70, 277, 280 mwN). Jedoch müssen dann solche Gesetze Grundlagen und Funktion der spezifisch koalitionsmäßigen Betätigung Rechnung tragen. Dem würde es nicht entsprechen, sie dem Auftreten von Wettbewerbern im geschäftlichen Verkehr gleichzusetzen und sie Regeln zu unterstellen, die auf jenes Konkurrenzverhältnis von Gewerbetreibenden mit ganz anders gearteten Interessenkonflikten zugeschnitten sind.

    b) Ebensowenig ist der klagende Verein zur gerichtlichen Geltendmachung von Interessen seiner Mitglieder außerhalb des Wettbewerbsrechts berufen. Insoweit begrenzt ihn sein satzungsmäßiger Aufgabenbereich, der sich auf die Kontrolle wettbewerblicher Verhältnisse beschränkt (vgl BGH Urteil vom 26. April 1967 – Ib ZR 22/65 = GRUR 1968, 95, 97ff – Büchereinachlaß).

    c) Vielmehr würde eine Sachbefugnis für seine Unterlassungsklage nur bestehen, wenn die beanstandete Kritik ihn selbst in seinem Ruf oder in seinem Funktionsbereich beeinträchtigen würde.

    Das Berufungsgericht nimmt das an, da der Kläger jenen Branchenvertretern und Interessenverbänden der am Massengüterverkehr auf der Straße beteiligten und interessierten Kreise zuzuordnen sei, gegen deren Aktivitäten sich die umstrittene Äußerung gerichtet habe.

    Ob solche Würdigung mit dem Aussagegehalt der Kritik und dem begrenzten Aufgabenbereich des klagenden Vereins vereinbar ist, erscheint fraglich. In dem Zusammenhang, in dem die beanstandete Äußerung steht, zielt ihre Kritik an der „Straßenlobby und Autolobby“ nicht auf jenen Zusammenschluß im Straßentransportgewerbe, sondern in erster Linie auf die Präsenz jenes Gewerbes im Bereich der politischen Einflußnahme auf Gesetzgebung und Regierung ab. Aufgaben des Klägers waren hierin nicht angesprochen. Zwar hatte dieser auch auf den Wettbewerb mit der Bundesbahn zu achten, jedoch nach Maßgabe und zur Sicherung der bestehenden Wettbewerbsordnung. Daß der klagende Verein darüberhinaus Aufgaben einer politischen Einflußnahme auf staatliche Reformvorhaben übernommen hatte, ist weder der Satzung noch dem Parteivorbringen zu entnehmen.

    Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die „Branche“ durch die Kritik beleidigt worden sei, reicht für ein Betroffensein des Klägers allein nicht aus. Dem steht ebenfalls schon die satzungsgemäße Beschränkung seines Vereinszwecks auf genau bestimmte Interessen der „Branche“ entgegen; ihr muß auch für die Sachbefugnis gegenüber Kollektivbeleidigungen Rechnung getragen werden. Interessen der Branche außerhalb von Wettbewerbsverhältnissen wahrzunehmen, gehörte nicht zur satzungsmäßigen Aufgabe des klagenden Vereins.

    2. Letztlich können die Zweifel an der Aktivlegitimation des Klägers aber auf sich beruhen. Jedenfalls ist der Kläger durch die beanstandete Äußerung deshalb nicht betroffen, weil sie sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts noch in den rechtlichen Grenzen hält, die die Beklagte für ihr Anliegen in Anspruch nehmen konnte.

    a) Für die Güterabwägung und Interessenabwägung gegenüber den schutzwürdigen Interessen des Klägers an der Wahrung seines Rufs und der ungestörten Erfüllung seiner Vereinsaufgaben kommt dem Recht der Beklagten, ihren Standpunkt vor der Öffentlichkeit frei zu vertreten, angesichts der verfassungsrechtlichen Gewährleistung freier koalitionsmäßiger Betätigung (Art 9 Abs 3 GG), die das Recht der freien Meinungsäußerung (Art 5 Abs 1 GG) umschließt (BVerfGE 28, 295, 310 = NJW 1970, 1635, 1637; BGHZ 70, 277, 289), im Streitfall besonderes Gewicht zu. Denn die Angelegenheit ging über die koalitionsmäßigen Interessen hinaus die Allgemeinheit unmittelbar an. Davon geht das Berufungsgericht aus.

    Unangegriffen würdigt das Berufungsgericht die beanstandeten Äußerungen nicht als Tatsachenbehauptung, sondern als Werturteil, das für den Durchschnittsleser einen nur pauschalen, substanzlosen Vorwurf enthielt. In Auseinandersetzung um eine derart das öffentliche Interesse berührenden Frage ist solchen subjektiven Werturteilen und Meinungen, auch wo sie mit dem Recht auf Schutz des Rufs und der freien Entfaltung im Wirtschaftsleben in Konflikt geraten, von verfassungswegen ein weiter Freiraum gewährt. Seine Grenzen sind grundsätzlich erst überschritten, wenn das abwertende Urteil zur bloßen Schmähung des Gegners herabsinkt, die jeden sachlichen Bezug zu dem vertretenen Standpunkt des Kritikers vermissen läßt und nicht mehr ein adäquates Mittel des Meinungskampfes ist (Senatsurteil vom 1. Februar 1977 – VI ZR 204/74 = GRUR 1977, 801 mwN – Halsabschneider – mAnm Ohlgart und in AfP 1978, 36 mAnm Klette).

    b) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht jedoch, wenn es in der beanstandeten Äußerung eine solche Schmähkritik sieht.

    Das Berufungsgericht wird schon bei der Ermittlung des Aussagegehaltes, auf den es in erster Linie abstellt, dem Gebot einer Gesamtbetrachtung der Veröffentlichung und dem Maßstab, der die durch Art 5 Abs 1 GG geforderte Berücksichtigung auch des Standpunktes des Kritikers und der faktischen Gegebenheiten eines freien Meinungskampfes verlangt, nicht gerecht. Insoweit sind die der tatrichterlichen Würdigung durch Art 5 Abs 1 GG gezogenen Grenzen betroffen, die das Revisionsgericht nachprüfen kann.

    aa) Von den hier in Rede stehenden Sätzen: „Doch die Straßenlobby und Autolobby hat das im Keim erstickt. Jedes Mittel war ihr recht! Geschäftemacherei geht solchen Leuten vor volkswirtschaftliche Vernunft“ sieht das Berufungsgericht vor allem im zweiten Satz („Jedes Mittel war ihr recht!) eine bloße Diffamierung des Klägers. Nach Auffassung des Berufungsgerichts drängt der Satz dem Leser den durch keinen sachlichen Anhalt gestützten Vorwurf auf, der Kläger habe allgemein verachtenswerte und ungesetzliche Mittel für seine Ziele eingesetzt. Dieses Verständnis leitet das Berufungsgericht vor allem daraus her, daß die angesprochenen „Mittel“ nicht weiter eingeschränkt bzw konkretisiert worden sind.

    Es kann dahinstehen, inwieweit es mit dem eigenen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die Äußerung sei nur ein substanzloses Werturteil, überhaupt noch zu vereinbaren ist, auf ein Verständnis zu schließen, das auf das den Kritisierten am stärksten belastende Feld der für eine so unpräzise Äußerung besonders breiten Interpretationsskala fixiert ist („jedes Mittel“ = „ungesetzliche Mittel“). Jedenfalls verlangt das Grundrecht der Meinungsfreiheit, das dem Kritiker gerade auch die Darlegung und Verdeutlichung seines Standpunktes in der Öffentlichkeit ermöglichen soll, solche Äußerungen aus der Sicht auch seines Anliegens und der Eigenheiten seines Vortrags zu würdigen (vgl die bereits angeführten Senatsurteile vom 18. Mai 1971 = aaO – Sabotage – und vom 1. Februar 1977 = aaO – Halsabschneider). Eine Gewerkschaft, die mit einer Kampfschrift auf den Standpunkt ihres Lagers aufmerksam machen will, muß und kann von dem Leser für Verstehen und Einschätzen des Gesagten eine andere Haltung erwarten als etwa das Bundesverkehrsministerium, das mit einer Schrift über die wirtschaftliche Lage der Bundesbahn informieren will. Den Charakter der beanstandeten Flugschrift als Kampfschrift um die „richtige“ wirtschaftspolitische und verkehrspolitische Haltung hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung außer Betracht gelassen. Denn sonst hätte es sich damit auseinandersetzen müssen, daß der Widerstand, den die andere Seite dem sog Leberplan unstreitig entgegengebracht hat, aus der Sicht der Beklagten schon deshalb eine Kennzeichnung als rücksichtsloses Sich-Verschließen vor volkswirtschaftlichen Argumenten verdiente, weil er die wirtschaftliche Situation der Bundesbahn gefährdete. Von ungesetzlichen Maßnahmen ist nirgends sonst in der Flugschrift die Rede; solche Anprangerung war ersichtlich nicht das Anliegen der Beklagten, der es allein um eine andere wirtschaftliche Haltung gegenüber der Bundesbahn ging. Um bei der Leserschaft in erster Linie solche Vorstellungen zu erwecken, hätte es eines wesentlich klareren Vorwurfs bedurft.

    bb) Zudem durfte das Berufungsgericht bei der Bewertung des Aussagegehalts nicht den polemischen Akzent außer Betracht lassen, den es im anderen Zusammenhang hervorhebt. Auch für den Durchschnittsleser verweisen solche Akzente das Inhaltliche des Gesagten zugunsten der Form des Ausdrucks zusätzlich in den Hintergrund. In kampfbetonter Diskussion gegensätzlicher Standpunkte wird der Vorwurf, der anderen Seite sei für ihre Ziele „jedes Mittel recht“, durchweg nicht buchstabengetreu, sondern nur zur Unterstreichung von Interessengegensätzen und Spannungen genommen. Auch im Streitfall kann von einem inhaltlich darüberhinausgehenden Aussagegehalt nicht ausgegangen werden, wenn die Art der Auseinandersetzung und der Standpunkt der Beklagten, von dem aus sie geführt wurde, berücksichtigt wird.

    c) Von diesem Verständnis aus zeigt sich die Zulässigkeit nicht nur gerade des erörterten zweiten Satzes („jedes Mittel war ihr recht!“), sondern der beanstandeten Äußerung insgesamt im anderen Licht. Diese Würdigung kann der erkennende Senat aufgrund des hier zu beurteilenden Sachverhalts selbst vornehmen. Der Vorwurf der „vor volkswirtschaftliche Vernunft“ gehenden „Geschäftemacherei“, der „jedes Mittel recht“ ist, zur Kennzeichnung eines den verteidigten Arbeitnehmerinteressen entgegenstehenden und sie gefährdenden Verhaltens der Privatwirtschaft war zwar scharf und polemisch; er hält sich aber nach Bedeutung und Zielrichtung des Anliegens noch in den Grenzen, die Art 5 Abs 1, 9 Abs 3 GG hier der Vertretung koalitionsmäßiger Interessen im Meinungskampf ziehen. Diese richten sich erst recht nicht nach dem schonendsten, mildesten Mittel für den Gegner (vgl BGHZ 45, 296, 307 – Höllenfeuer), noch verpflichten sie zu betont sachlichem Vorgehen unter Verzicht auf polemische Unterstreichungen und Übertreibungen.

    Auch insoweit ist der Feststellung einer Diffamierungsabsicht durch die Gewährleistung der Meinungsfreiheit Beschränkungen auferlegt. Orientiert sich solche Feststellung an der Form des Ausdrucks, muß sie den Anliegen der freien Rede Rechnung tragen. Sie läßt in der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung eine schärfere Sprache zu als etwa im Wettbewerbsverhältnis, das auf Auseinandersetzung nicht mit Argumenten, sondern um und mit Leistungen zugeschnitten ist. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts, das seine Beurteilung letztlich am wettbewerblichen Interesse des Straßentransportgewerbes orientiert, um das es wie gesagt hier nicht geht, und den Gegebenheiten einer Auseinandersetzung um sozialpolitische Forderungen in Arbeitnehmerfragen keine Beachtung schenkt, kann solche abwertende Kritik noch nicht als für solche Erörterung inadäquat angesehen werden. Sie rechtfertigt die Feststellung einer Diffamierungsabsicht auch nicht etwa deshalb, weil das Berufungsgericht konkrete Anhaltspunkte für ihre Berechtigung vermißt. Da ihr Bezugspunkt bei richtiger Würdigung des Aussagegehalts die gegensätzlichen Interessen und Wertvorstellungen als solche sind, die die Kritik kennzeichnet und herausstreicht, kommt es nicht darauf an, ob sie darüberhinaus auch eine sachliche Grundlage in konkreten Vorfällen findet.

    III.

    Da sonach die beanstandeten Äußerungen der Beklagten zulässig gewesen sind, kann der Kläger sie nicht verbieten. Die Klage war daher abzuweisen.