Rollhocker (BGH – I ZR 48/79)

Leitsatz

    1. Zur Frage der Urheberrechtsschutzfähigkeit eines ästhetisch gefällig gestalteten und handwerklich besonders gelungenen Gebrauchsgegenstands.

    2.1 Für die Beurteilung der Zulässigkeit des identischen Nachbaus technisch-funktionaler Elemente nach UWG § 1 kommt es in erster Linie darauf an, ob letztere zwar technisch bedingt, aber trotz ihrer technischen Funktion willkürlich wählbar oder ob sie technisch notwendig sind. Nur in letzterem Falle entfällt ein Ausstattungsrechtsschutz und Wettbewerbsrechtsschutz ohne weiteres, während bei lediglich technisch bedingten Gestaltungselementen Schutzfähigkeit jedenfalls insoweit besteht, als nicht die Grundsätze der Entscheidung BGHZ 50, 125ff Pulverbehälter eine andere Beurteilung rechtfertigen.

    2.2 Sind bei einer Gesamtkombination zahlreicher formgebender Elemente die Voraussetzungen einer Freihaltung für den Gemeingebrauch nach den Grundsätzen der genannten Entscheidung für alle Einzelelemente erfüllt, so ist ein Wettbewerbsrechtsschutz trotzdem dann nicht zu versagen, wenn bei einer Vielzahl an sich austauschbarer Gestaltungselemente in allen Punkten die identische Nachahmung des Konkurrenzprodukts gewährt wird.

    3. Der Grundsatz, daß den Händler bei der Prüfung und Vermeidung einer Herkunftstäuschung geringere Sorgfaltspflichten treffen als den Hersteller, gilt uneingeschränkt nur für den Fall des Vertriebs einer im Inland hergestellten Ware. Den Importeur einer im Ausland hergestellten Ware treffen die gleichen Prüfpflichten und Sorgfaltspflichten wie den Hersteller im Inland.

BGH, Urt. v. 23.01.1981, LG München, OLG München

 

Tatbestand

    Im Jahre 1958 schuf Herr H. C. in den USA einen Treppenhocker auf Rollen, einen von den Parteien sogenannten „Rollhocker“, für den er aufgrund einer Anmeldung vom 14. Oktober 1958 das U.S. Design Patent Nr 184 390 vom 10. Februar 1959 mit einer Schutzdauer von 14 Jahren erwirkt hat. Das Modell genießt in den USA keinen Kunsturheberschutz.

    Die Klägerin vertreibt mit Billigung C.s seit 1972 in der Bundesrepublik Deutschland Rollhocker unter der Bezeichnung „Kick-Step“, von denen sie behauptet, daß sie dem von C. geschaffenen Modell entsprächen. Sie weisen folgende Gestaltung auf:

    An dieser Stelle befindet sich im Originaldokument eine Zeichnung.

    Gleiche Rollhocker waren seit 1966 schon von der Muttergesellschaft der Klägerin in Deutschland vertrieben worden.

    Die Beklagte vertrieb seit 1974 oder 1976 in der Bundesrepublik Deutschland Rollhocker eines spanischen Herstellers, die – bis auf den breiten schwarzen Ring im unteren Bereich („Bauchbinde“), dessen Vorhandensein von der Klägerin behauptet, von der Beklagten aber bestritten worden ist, unstreitig – die aus der Abbildung im nachfolgenden Tenor des landgerichtlichen Urteils ersichtliche Gestaltung aufwiesen.

    Die Klägerin hat behauptet, daß der Vertrieb durch die Beklagte auch mit „Bauchbinde“ erfolgt sei. Sie meint, der von ihr selbst vertriebene Rollhocker sei seiner ästhetischen Gestaltung wegen als urheberrechtsschutzfähiges Kunstwerk anzusehen.

    Die Klägerin hat, gestützt auf Urheberrechtsschutz und Wettbewerbsrecht sowie auf Prozeßstandsschaftserklärungen und Abtretungserklärungen C.’s, zunächst Klage sowohl auf Unterlassung der Herstellung und des Vertriebs durch die Beklagte als auch auf Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht erhoben. Den Antrag auf Unterlassung der Herstellung hat sie zurückgenommen, nachdem sich herausgestellt hatte, daß die Beklagte nicht Herstellerin des von ihr vertriebenen Rollhockers ist.

    In der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 1977 vor dem Landgericht hat die Beklagte, die sich schon vorher zur Unterlassung des Vertriebs eines Rollhockers mit schwarzer „Bauchbinde“ verpflichtet hatte, folgende weitere strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben:

    „Die Beklagte verpflichtet sich, es zu unterlassen, einen Rollhocker gemäß ihrem Prospekt Anlage B 1/17 feilzuhalten und in Verkehr zu bringen, soweit dieser folgende Merkmale aufweist:

    1.     Die obere Trittfläche ist in Kleeblattform gestaltet (die Beklagte gestaltet zukünftig die Form der oberen Trittfläche so, wie es sich aus der mit Schriftsatz vom 16.8.1977 übergebenen Zeichnung links unten ergibt; s Anl 2/103).

    2.     Der Hocker hat drei Stützen in der Form gemäß Anlage B 1 (die zukünftige Form der Stützen des Rollhockers ergibt sich aus der Zeichnung unten Mitte und in einer anderen Ansicht aus der oberen Bilddarstellung der Zeichnung gemäß Anlage 2/103).

    3.     Die Gummiplatte der oberen Trittfläche hat das Aussehen gemäß Anlage B 1 (zukünftig zeigt die obere Gummiplatte die aus der Zeichnung links unten ersichtliche Ausgestaltung, s Zeichnung gemäß Anlage 2/103).

    4.     Die unteren Gummiplatten haben die Form, wie aus dem Prospekt B 1 ersichtlich (die zukünftige Ausgestaltung der Gummiabdeckung der unteren Trittfläche ergibt sich aus der Zeichnung gemäß Anlage 2/103 rechts unten).

    5.     Der Gummiring am Ende des Hockers hat die Form und Abmessung gemäß B 1

    (zukünftig hat der untere durchgehende Gummiring die aus der Zeichnung s Anl 2/103 gemäß Bild oben ersichtliche Ausgestaltung).

    6.     Der Hocker wird auf der oberen Trittfläche mit Practic bezeichnet.

    (zukünftig wird sowohl auf der oberen Gummiplatte, als auch auf dem Corpus des unteren Mantels in einer Größe von ca 70 mm die Bezeichnung Wedo in Rautenform gemäß Zeichnung Anl 2/103 angebracht).

    7.     Die Gummiteile sind schwarz (zukünftig sind alle Gummiteile grau)“.

    Die Klägerin hat diese Erklärung angenommen und die Hauptsache mit Zustimmung der Beklagten hinsichtlich des Unterlassungsantrags für erledigt erklärt.

    Das Landgericht hat unter Abweisung des Antrags auf Verurteilung zur Veröffentlichung des Urteils über die aufrechterhaltenen und hilfsweise auch auf § 1 UWG gestützten Klageanträge wie folgt entschieden:

    I.     Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der von ihr seit dem 1.1.1975 feilgehaltenen und in Verkehr gebrachten nachfolgend abgebildeten Rollhocker mit und ohne schwarze Bauchbinde und ohne Rücksicht auf die farbliche Gestaltung Rechnung zu legen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich Empfänger, Zeit, Menge und Preis jeder einzelnen Lieferung und jedes einzelnen Lieferangebots ergeben.

    An dieser Stelle befinden sich im Originaldokument zwei Zeichnungen.

    II.     Der Beklagten wird gestattet, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und die an sie erfolgten einzelnen Lieferungen statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber beiden Parteien verpflichteten beeidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, wobei dieser ermächtigt ist, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder eine nach Betrag und Datum bestimmte Lieferung in der erteilten Auskunft der Beklagten enthalten ist.

    III.     Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I genannten Handlungen entstanden ist.

    Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen.

    Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt die Klägerin Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

    I. Das Berufungsgericht hat einen Urheberrechtsschutz nach deutschem Recht abgelehnt; es hat den Rollhocker der Klägerin nicht als persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs 2 UrhG angesehen. Diese Beurteilung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, so daß das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß offen lassen konnte, ob ein inländischer Urheberrechtsschutz nicht schon aus Rechtsgründen zu versagen war, weil der amerikanische Urheber C. für den 1958 in den USA geschaffenen Hocker am 10. Februar 1959 das U.S.-Design-Patent Nr 184 390 mit einer Schutzdauer von 14 Jahren erwirkt hatte und nach amerikanischem Recht daneben ein Kunsturheberrechtsschutz ausgeschlossen ist (Möhring-Schulze-Ulmer-Zweigert, Quellen des Urheberrechts, USA/I S 12), so daß nach seinem Art XIX S 2 das (für die USA und für die Bundesrepublik Deutschland 1955 in Kraft getretene) Welturheberrechtsabkommen (WUA) dem zweiseitigen Übereinkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland vorgeht, mit der Folge, daß der Schutzfristvorbehalt des § 140 UrhG eingreift (vgl BGH Urteile vom 27.1.1978 – I ZR 97/76, Ufita 83 (1978), 208, 211, 212 – Buster-Keaton-Filme – und I ZR 4/77, Ufita aaO S 214, 218, 219 – Wolfsblut -).

    Das Berufungsgericht ist dabei mit Recht von dem in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz ausgegangen, daß es sich bei einem Kunstwerk um eine Schöpfung individueller Prägung handeln müsse, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, daß nach den im Leben herrschenden Anschauungen noch von Kunst gesprochen werden könne (vgl BGHZ 16, 4, 6; BGHZ 22, 209, 215 – Titelschriftbild Europapost -; BGHZ 24, 55, 62ff – Ledigenheim -; BGH GRUR 1974, 740, 741 – Sessel -). Daß es dieses Erfordernis bei einem Gegenstand, der nach der getroffenen Feststellung nur ästhetisch gefällig gestaltet und handwerklich besonders gut gelungen ist, als nicht erfüllt angesehen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte diese Feststellungen, die sie als reine Wertungen ansieht, nicht treffen dürfen, ohne sich mit den einzelnen Formmerkmalen des Werks und mit deren Beurteilung durch das Landgericht auseinanderzusetzen, greift unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht durch, da der Mangel eines für die Annahme eines Kunstwerks erforderlichen Grades an ästhetischem Gehalt bei dem Treppenhocker der Klägerin insgesamt so deutlich zutage tritt, daß es einer in Einzelheiten gehenden Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formelementen nicht mehr bedurfte.

    Darauf, daß das Berufungsgericht – wie die Revision weiter rügt – sein Ergebnis außerdem unter Heranziehung der angreifbaren Definition des Kunstbegriffs aus seinem früheren Urteil (vgl BGH GRUR 1974, 485) zusätzlich begründet hat, kommt es danach nicht an.

    II. Das Berufungsgericht hat weiter auch einen Schadensersatzanspruch und Rechnungslegungsanspruch der Klägerin aus §§ 1 UWG, 242 BGB abgelehnt und dazu ausgeführt:

    1. Das Verhalten der Beklagten sei nicht wettbewerbswidrig. Erzeugnisse eines Wettbewerbers könnten grundsätzlich nachgebaut werden, sofern kein Sonderrechtsschutz bestehe. In einem solchen Falle komme ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Schutz nur in Betracht, wenn ein fremdes Erzeugnis unter Übernahme von Merkmalen nachgeahmt und in Verkehr gebracht werde, mit denen der Verkehr eine Herkunftsvorstellung verbinde und in denen nicht alles im Rahmen des Zumutbaren Erforderliche getan werde, um eine Irreführung des Verkehrs auszuschließen. Ein solcher Fall liege nicht vor, weil die Beklagte eine Verwechslungsgefahr nur vermeiden könnte, wenn sie – was ihr nicht zugemutet werden könne – auf die Herstellung eines Rollhockers der in Rede stehenden Art gänzlich verzichten würde. Die Annahme des Verkehrs, die Erzeugnisse der Parteien rührten vom selben Hersteller her, werde nämlich durch die technische Gestaltung hervorgerufen. Die äußere Form und die Abmessungen der Hocker seien im wesentlichen nicht geschmacklich gestaltet, sondern technisch bedingt. Die runde Form eines Kegelstumpfes verbinde einfachste und damit billigste Bauweise mit größtmöglicher Stabilität. Soweit geringfügige Abweichungen in der äußeren Form und insbesondere in der Farbgebung und in der Hinzufügung oder Weglassung der „Bauchbinde“ denkbar seien, würde der Verkehr bei solchen Abweichungen nur annehmen, es handele sich um verschiedene Ausführungsformen des vom selben Hersteller stammenden Treppenhockers.

    2. Dieser Beurteilung kann nicht in allen Punkten beigetreten werden.

    Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die grundsätzlich zulässige Nachahmung fremder technischer Erzeugnisse von wettbewerblicher Eigenart wettbewerbswidrig werden kann, wenn durch sie eine Täuschung des Verkehrs über die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses verursacht wird, die durch mögliche und zumutbare Maßnahmen des Nachahmers vermieden werden könnte (vgl BGHZ 21, 266, 270 – Uhrenrohwerk -; BGH GRUR 1963, 152, 155 – Rotaprint -; BGHZ 50, 125, 130 – Pulverbehälter – und BGH GRUR 1969, 618, 619 – Kunststoffzähne -). Mit Recht hat es auch – wenn auch ohne ausdrückliche Erwähnung und Begründung – angenommen, daß das Erzeugnis der Klägerin eine Eigenart aufweist, die dem Verkehr die Vorstellung seiner Herkunft von einem bestimmten Hersteller vermittelt (vgl BGHZ 21, 266, 271 – Uhrenrohwerk -; BGH GRUR 1969, 292, 293 – Buntstreifensatin II – und GRUR 1969, 119 – Modeschmuck -). Diese Eigenart ergibt sich aus der Vielzahl und Besonderheit der im landgerichtlichen Urteil hervorgehobenen Formmerkmale des Rollhockers, die das Landgericht zur Begründung der Kunstwerkeigenschaft herangezogen hat. Diese Elemente begründen hier die wettbewerbliche Eigenart des streitigen Rollhockers.

    Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß die Beklagte durch den Vertrieb eines fast identisch nachgeahmten Hockers Täuschungen über die betriebliche Herkunft verursacht.

    Dagegen ist die weitere Annahme des Berufungsgerichts, diese Täuschung sei deshalb nicht wettbewerbswidrig, weil sie allein auf technisch bedingten Gestaltungselementen beruhe und nur durch den unzumutbaren gänzlichen Verzicht auf die Herstellung bzw den Vertrieb eines Rollhockers der in Rede stehenden Art vermieden werden könne, nicht frei von Rechtsirrtum.

    Das Berufungsgericht hat nicht genügend beachtet, daß es für die Beurteilung der Zulässigkeit des identischen Nachbaus technisch-funktionaler Elemente in erster Linie darauf ankommt, ob letztere zwar technisch bedingt, aber trotz ihrer technischen Funktion willkürlich wählbar oder ob sie technisch notwendig sind (Senatsurteil vom 22.5.1970, I ZR 74/68 – Ladeschwingen -; vgl auch BGHZ 11, 129, 132 – Zählkassetten -; BGH GRUR 1962, 299, 301 – form-strip – und 1964, 621, 623 – Klemmbausteine -). Nur im letzteren Falle entfällt ein Ausstattungsrechtsschutz und Wettbewerbsrechtsschutz ohne weiteres, während bei lediglich technisch bedingten Gestaltungselementen Schutzfähigkeit jedenfalls insoweit besteht, als nicht die Grundsätze der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung BGHZ 50, 125ff – Pulverbehälter – eine andere Beurteilung rechtfertigen. Dem ist das Berufungsgericht nicht voll gerecht geworden. Da es sich bei den Rollhockern um eine Gesamtkombination zahlreicher formgebender Elemente handelt, hätte das Berufungsgericht hinsichtlich jedes einzelnen Elements prüfen müssen, ob es – soweit überhaupt technisch-funktional bedingt – dem Gemeingebrauch freizuhalten ist, weil es sich – unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks und der Verkäuflichkeit der Ware – um eine dem offenbarten Stand der Technik einschließlich der praktischen Erfahrungen angemessene und zweckmäßige technische Lösung handelt (BGHZ 50, 125, 129 – Pulverbehälter -). Selbst wenn dies bei allen Einzelelementen zu bejahen gewesen wäre, hätte es weiter prüfen müssen, ob ein Wettbewerbsrechtsschutz auch dann zu versagen ist, wenn bei einer Vielzahl an sich austauschbarer Gestaltungselemente in allen Punkten die identische Nachahmung des Konkurrenzprodukts gewählt wird. Schon dies ist zu verneinen. Hinzu kommt, daß es für eine ganze Reihe der vom Berufungsgericht pauschal als Teil der technischen Gestaltung bewerteten Elemente überhaupt schon an der technischen Bedingtheit fehlt. Originale und Abbildungen der Rollhocker lassen erkennen, daß ein nicht unerheblicher Teil des Gesamteindrucks der Gestaltung durch Elemente hervorgerufen wird, die abweichend gestaltet werden können, ohne daß die technische Funktion der Geräte dadurch beeinflußt wird. Dies ergibt sich aufgrund der vom Berufungsgericht hier nicht hinreichend beachteten Lebenserfahrung jedenfalls mindestens hinsichtlich der Gestaltung beider Trittflächen (Kleeblattform der oberen Trittfläche, augenfällige Unterbrechung der Gummiauflage der unteren Trittfläche) sowie hinsichtlich der Form der Stützen der oberen Trittfläche. Die Möglichkeit der Abänderung des Modells wird auch durch die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung bekräftigt, die die Beklagte im Laufe des Prozesses eingegangen ist und mit der das Berufungsgericht sich insoweit auch nicht näher auseinandergesetzt hat. Mit ihr hat die Beklagte auf insgesamt sieben im einzelnen genannte Gestaltungsmerkmale verzichtet, von denen einzelne – so zB die Kleeblattform der oberen Trittfläche und die augenfällige Unterbrechung der Gummiauflage auf der unteren Trittfläche sowie die besondere Stützenform – schon für sich genommen nicht ungeeignet sind, den Gesamteindruck des Hockers mit zu beeinflussen und die Gefahr einer Herkunftstäuschung zu mindern, die aber jedenfalls in ihrer Gesamtheit das Erzeugnis der Klägerin so deutlich mitprägen, daß ihre Veränderung die Gefahr einer Herkunftsverwechslung weitgehend ausschließt. Diese Wirkung wird noch dadurch verstärkt, daß die Beklagte sich auch zur Anbringung zusätzlicher Herkunftshinweise in Form zweier „Wedo“-Zeichen verpflichtet hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte die Verwechslungsgefahr nur durch gänzliches Unterlassen des Vertriebs eines Treppenhockers der in Rede stehenden Art vermeiden können, läßt sich danach nicht aufrechterhalten.

    Die Änderungen der Gestaltung waren der Beklagten auch zumutbar. Technische Funktionen werden durch sie nicht berührt, und Gründe, aus denen sich die Änderungen als wirtschaftlich unzumutbar erweisen könnten, sind von der Beklagten nicht vorgetragen. Die von ihr abgegebene Unterlassungserklärung spricht darüber hinaus sogar für das Gegenteil, da die Beklagte eine solche Verpflichtung ohne gerichtlichen Zwang nicht übernommen hätte, wenn sie dadurch in unzumutbarer Weise belastet würde.

    Die Beklagte trifft auch ein Schuldvorwurf. Sie hat die Kenntnis des Rollhockers der Klägerin nicht in Abrede gestellt, so daß es auf die Frage der Verletzung einer etwaigen Marktbeobachtungspflicht nicht ankommt. Dann war ihr aber auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Wettbewerbswidrigkeit des Vertriebs erkennbar; denn das – vom Landgericht sogar als Kunstwerk eingestufte – Erzeugnis der Klägerin läßt jedenfalls eine deutliche wettbewerbliche Eigenart erkennen, deren Eignung, Herkunftsvorstellungen bei den beteiligten Verkehrskreisen hervorzurufen, so nahelag, daß von einem lauteren Mitbewerber im Rahmen des – wie dargelegt – Möglichen von vornherein Herkunftsverwechslungen vermieden werden mußten. Die Beklagte wird auch nicht dadurch entlastet, daß sie die Rollhocker nicht selbst hergestellt, sondern nur importiert und vertrieben hat. Der Grundsatz, daß den Händler geringere Sorgfaltspflichten treffen als den Hersteller (vgl BGH GRUR 1957, 342, 346f – Underberg -), gilt uneingeschränkt nur für den Fall des Vertriebs einer im Inland hergestellten Ware, bei der der Händler in der Regel eine den Grundsätzen des deutschen Rechts angepaßte Prüfung durch den Hersteller voraussetzen kann. Dagegen treffen den Importeur einer im Ausland hergestellten Ware die gleichen Prüfpflichten und Sorgfaltspflichten wie den Hersteller im Inland. Zudem gehört die Beklagte zu den Fachkreisen, an die grundsätzlich erhöhte Sorgfaltsanforderungen zu stellen sind. Eine irrige Annahme der Beklagten, sie verletze mit dem Vertrieb der Rollhocker keine Rechte der Klägerin, muß unter diesen Umständen als fahrlässig angesehen werden (vgl BGH GRUR 1964, 606, 611 – Förderband -).

    Die Beklagte ist der Klägerin somit gemäß § 1 UWG zum Schadensersatz und zur Vorbereitung der Schadensermittlung – im Hinblick auf die in einem solchen Fall einer nahezu identischen Nachahmung gegebene Möglichkeit der Schadensberechnung nach entgangener Lizenzgebühr (vgl BGHZ 57, 116ff – Wandsteckdose -) – auch zur Rechnungslegung verpflichtet.

    III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Gleichwohl sieht sich das Revisionsgericht zu einer abschließenden Entscheidung im Sinne der Revision nicht in der Lage, da es an notwendigen Feststellungen hinsichtlich des Zeitraums fehlt, für den ein Schadensersatzanspruch und Rechnungslegungsanspruch noch durchsetzbar ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (S 4 BU) hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Da die Ansprüche, soweit sie auf wettbewerbswidrigem Verhalten der Beklagten beruhen – und zwar gleichgültig, ob sie aus § 1 UWG unmittelbar oder wegen des in dem Verhalten etwa zu sehenden Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin aus § 823 BGB hergeleitet werden (vgl BGHZ 36, 252, 257 – Gründerbildnis -) – gemäß § 21 UWG in 6 Monaten verjähren, besteht im vorliegenden Fall, in dem mit der am 7. Oktober 1976 eingereichten Klage Schadensersatz für die Zeit ab 1. Januar 1975 begehrt wird, die Möglichkeit, daß ein Teil der Ansprüche verjährt ist. Es bedarf daher tatsächlicher Feststellungen hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist und hinsichtlich des etwaigen Verjährungseintritts.

    Die Sache ist daher gemäß § 565 Abs 1 ZPO unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.