Preisgarantie (BGH – I ZR 8/74)

    1. Räumt ein Möbelhändler dem Käufer ein Rücktrittsrecht unter der Bedingung ein, daß dieser innerhalb 5 Tagen ein billigeres Konkurrenzangebot, für den „gekauften“ Artikel „bei gleicher Leistung“ nachweist, ist dies, falls die Voraussetzungen für eine echte Vergleichsmöglichkeit gegeben sind, wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.

    2. Verkauft er nach erfolgtem Rücktritt unter Zurückzahlung des Differenzbetrages dem Käufer denselben Artikel zu dem nachgewiesenen niedrigeren Preis, verstößt er nicht gegen die Vorschriften des Rabattgesetzes, sofern er vorher den Preis auf den ihm nachgewiesenen niedrigeren herabgesetzt und nur noch diesen ankündigt und allgemein fordert.

BGH, Urt. v. 25.10.1974

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 1973 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

    Die Beklagte, ein Möbel- und Einrichtungshaus, zeichnet seit 1965 einen Teil der in ihren Geschäftsräumen ausgestellten Gegenstände mit Preisschildern aus, die außer einer Beschreibung des Artikels sowie der Angabe der Artikel-Nummer, der Lieferzeit und des Preises folgenden Aufdruck enthalten:

    „Preis-Garantie

    Sie erhalten Ihr Geld zurück, wenn Sie innerhalb fünf Tagen nachweisen, daß Sie den gekauften Artikel bei gleicher Leistung anderswo billiger bekommen.“

    Der Kläger, ein Verein zur Wahrung des lauteren Wettbewerbs, sieht darin einen Verstoß gegen §§ 1, 3 UWG und die ZugabeVO. Er hält es überdies für einen Rabattverstoß, wenn die Beklagte bisher – wie sie behauptet – in den Fällen, in denen ein Käufer die Voraussetzungen der „Preis-Garantie“ erfüllt, den Differenzbetrag zurückgezahlt hat, selbst wenn das in der Form geschehen sein sollte, daß sie mit dem Käufer einen neuen Vertrag abschloß.

    Der Kläger hat beantragt,

    der Beklagten unter Strafandrohung zu untersagen,

    1. zu Wettbewerbszwecken, z.B. auf Preisschildern, anzukündigen:

    „Preis-Garantie

    Sie erhalten Ihr Geld zurück, wenn Sie innerhalb fünf Tagen nachweisen, daß Sie den gekauften Artikel bei gleicher Leistung anderswo billiger bekommen.“

    hilfsweise,

    das Verbot auf die Ankündigung auf Preisschildern zu beschränken;

    2. zu Wettbewerbszwecken Letztverbrauchern, die nach Abschluß eines Kaufvertrages mit der Beklagten zu deren Überzeugung nachweisen, daß Konkurrenten den oder die von der Beklagten verkauften Artikel bei gleicher Leistung billiger anbieten, die Differenz zwischen dem niedrigeren Preis des Konkurrenten und dem höheren Preis der Beklagten zurückzuzahlen, und zwar auch in der Form, daß die Beklagte mit dem Letztverbraucher vereinbart, daß die Vertragsparteien einen neuen Vertrag abschließen, der Letztverbraucher die gekaufte Ware ohne Unterbrechung weiterbehält und die Preisdifferenz von der Beklagten ausgezahlt erhält.

    Das Landgericht hat unter Abweisung des Hauptantrags zu 1 und des Antrags zu 2 dem Hilfsantrag zu 1 stattgegeben und die Kosten zu 2/5 dem Kläger und zu 3/5 der Beklagten auferlegt. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und beantragt,

    das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird;

    vorsorglich, ihr zur notwendigen Umstellung ihrer Preisschilder, die die beanstandete Preis-Garantie tragen, eine angemessene Frist, mindestens eine solche von drei Monaten, beginnend ab Rechtskraft der Verurteilung, zu gewähren.

    Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen und auf seine Anschlußberufung der Beklagten bei Strafandrohung zusätzlich zu verbieten,

    zu Wettbewerbszwecken Letztverbrauchern, die nach Abschluß eines Kaufvertrages mit der Beklagten zu deren Überzeugung nachweisen, daß Konkurrenten den oder die von der Beklagten verkauften Artikel bei gleicher Leistung billiger anbieten, die Differenz zwischen dem niedrigeren Preis des Konkurrenten und dem höheren Preis der Beklagten zurückzuzahlen, und zwar auch in der Form, daß die Beklagte mit dem Letztverbraucher vereinbart, daß die Vertragsparteien einen neuen Vertrag abschließen, der Letztverbraucher die gekaufte Ware ohne Unterbrechung weiterbehält und die Preisdifferenz von der Beklagten ausgezahlt erhält.

    Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage in vollem Umfange abgewiesen und die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren, soweit der Hauptantrag zu 1 nicht vom Landgericht rechtskräftig abgewiesen worden ist, weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

    I. Zur Entscheidung steht nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ausschließlich folgender Sachverhalt: Die Beklagte versieht mit den beanstandeten Preisschildern nur solche Waren, die von dem jeweiligen Hersteller in gleicher Ausführung und Qualität auch Konkurrenzunternehmen der Beklagten geliefert, von Mitbewerbern angeboten werden und somit echte Vergleichsmöglichkeiten zulassen. Sie erleichtert den Käufern den Vergleich, indem sie auf den Preisschildern zum Teil Hersteller- und Artikel-Nummer, mindestens aber die firmeneinheitliche Liefer- und Katalog-Nummer angibt und auf Fragen der Kunden zu entsprechenden weiteren Angaben bereit ist. Weist ihr ein Käufer nach, daß die gekaufte Ware von einem Mitbewerber zu einem niedrigeren Preis angeboten wird, setzt sie ihrerseits den Preis für die Ware allgemein auf den ihr nachgewiesenen niedrigeren herab und verlangt von da an nur noch diesen. In insgesamt vier innerhalb etwa eines Jahres vorgekommenen Fällen hat die Beklagte sich mit den Kunden in der Weise geeinigt, daß sie mit diesen nach Aufhebung der geschlossenen Kaufverträge neue Verträge zu den nachgewiesenen niedrigeren Preisen abgeschlossen und den Käufern den Differenzbetrag zurückgezahlt hat.

    II. 1. Das Berufungsgericht führt aus: Die beanstandete Preis-Garantie-Werbung sei weder anreißerisch oder irreführend, noch sei sie als eine unzulässige vergleichende oder Alleinstellungswerbung anzusehen; sie verstoße auch nicht gegen die Zugabeverordnung. Die Beklagte räume dem Käufer vielmehr in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ein bedingtes und befristetes Rücktrittsrecht ein. Der Begriff „bei gleicher Leistung“ sei vernünftigerweise dahin auszulegen, daß es sich bei dem Konkurrenzangebot nach Art, Material und Verarbeitung um den „gekauften Artikel“ handeln müsse und daß Lieferbedingungen und Kundendienst im wesentlichen gleich seien, andererseits es aber nicht darauf ankomme, ob der Mitbewerber hinsichtlich des Personals, der Kundenparkplätze, der Lage und Ausstattung der Geschäftsräume usw. einen entsprechenden Vergleich mit der Beklagten aushalte. Diese Auslegung verstehe sich für den angesprochenen preisbewußten Käufer von selbst. Dem Wort „anderswo“ sei zu entnehmen, daß die Beklagte die räumlichen Grenzen des Vergleichsgebiets nicht beschränken wolle; das habe sie im zweiten Rechtszug auch ausdrücklich bestätigt.- Die Nachweisfrist von fünf Tagen sei zwar kurz, jedoch für den, der wirklich Vergleiche anstellen wolle, ausreichend. Es sei auch verständlich, daß die Beklagte keine längere Frist gewähren könne, ohne sich der Gefahr von Auseinandersetzungen über Abnutzungsverluste auszusetzen.

    2. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

    Die Feststellungen des Berufungsgerichts, die Beklagte räume mit der beanstandeten Ankündigung den Käufern ein bedingtes und befristetes Rücktrittsrecht ein (§ 346 BGB), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar wird dem Käufer nicht gesagt, er müsse in diesem Fall die Ware, soweit er sie bereits erhalten haben sollte, zurückgeben. Sowohl das Berufungsgericht als auch die Revision gehen aber mit Recht offensichtlich davon aus, daß nicht zu befürchten ist, der Verkehr könne insoweit irregeführt werden.

    Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte das Rücktrittsrecht nur für solche Waren einräumt, die in gleicher Ausführung auch von der Konkurrenz geführt werden und dort von den Käufern unschwer identifiziert werden können, sind die Voraussetzungen für einen echten Preisvergleich gegeben. Das Rücktrittsrecht wird entgegen der Auffassung der Revision von der Beklagten nicht wettbewerbswidrig an Bedingungen geknüpft, die vom Käufer nur unter erheblichen Schwierigkeiten zu erfüllen sind. Wenn die „Preisgarantie“ davon abhängig gemacht wird, daß das nachgewiesene billigere Angebot die „gleiche Leistung“ einschließt, so kann diese Bedingung nach Treu und Glauben nur so verstanden werden, wie sie vom Verkehr landläufig aufgefaßt wird. Da nach der beanstandeten Ankündigung das billigere Konkurrenzangebot auf den „gekauften“ – d.h. identischen – Artikel abgestellt ist, kann es sich bei der „gleichen Leistung“ nicht um Ausführung und Qualität des Artikels handeln, sondern nur um zusätzliche Leistungen, die bei dem Kauf dieses Artikels vom Verkäufer erbracht und vom Käufer als für seinen Kaufentschluß mitbestimmend angesehen werden. Dabei interessiert den Käufer beim Möbelkauf erfahrungsgemäß vor allem der vom Verkäufer gewährte Kundendienst und – insbesondere bei größeren Möbelstücken – die kostenlose Anlieferung und gegebenenfalls auch die Aufstellung und Montage der Möbel in der Wohnung. In diesem Sinn will auch die Beklagte den Begriff „bei gleicher Leistung“ verstanden wissen. Soweit das von ihr überreichte Sachverständigengutachten darüber hinaus in die „gleiche Leistung“ auch andere Kriterien, wie Ausbildung des Verkaufspersonals, Ausstattung der Geschäftsräume und Kundenparkplätze einbezogen wissen will, hat die Beklagte sich davon ausdrücklich distanziert. Ebensowenig ist der Ausdruck „anderswo“ irreführend oder mißverständlich. Er kann verständigerweise nur so aufgefaßt werden, daß die Beklagte – wie sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestätigt hat – die räumlichen Grenzen des Vergleichsgebiets nicht beschränken will. Es ist wettbewerbsrechtlich auch nicht zu beanstanden, daß die Beklagte die Nachweisfrist auf 5 Tage beschränkt. Das Berufungsgericht weist mit Recht daraufhin, daß diese Frist für den Käufer, der ernstlich Vergleiche anstellen wolle, ausreichend sei, und die Gefahr von Auseinandersetzungen über Abnutzungsverluste die kurze Frist rechtfertige. Daß in wenigen Ausnahmefällen – wenn dem Tag des Kaufabschlusses mehrere Feiertage folgen – die Frist zu einer ausreichenden Prüfung der Konkurrenzpreise nicht ausreichen mag, kann dabei vernachlässigt werden, zumal die Beklagte es sich nicht wird leisten können, in solchen Ausnahmesituationen auf der strengen Einhaltung der Frist zu bestehen.

    Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß die Beklagte weder deswegen, weil sie die mit der Preisgarantie-Werbung angesprochenen Interessenten zu einem Vergleich mit den Preisen der Konkurrenz auffordert, noch wegen der Form, in der dies geschieht, der Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes trifft. Sie maßt sich nicht die Alleinstellung an, nur sie verkaufe die mit den beanstandeten Ankündigungen versehenen Artikel zu diesem Preis; vielmehr sieht nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts der Verkehr in der Ankündigung lediglich die Behauptung, sie könne in der Preisgestaltung dieser Artikel mit ihren Mitbewerbern grundsätzlich mithalten. Dafür, daß diese vom Verkehr ernst genommene und von der Beklagten seit 1965 aufgestellte Behauptung unzutreffend sei, hat der Kläger nichts dargetan. Die Beklagte würde auch kaum das hohe Risiko, das sie angesichts der Kontrollmöglichkeiten der Mitbewerber mit der Werbung eingeht, auf sich nehmen, wenn die Werbebehauptung durch ihre tatsächliche Preisgestaltung nicht gerechtfertigt wäre. Die angegriffene Werbung ist daher weder nach Inhalt noch nach der Form anreißerisch oder irreführend, sie ist vielmehr eine wirksame Hilfe für den preisbewußten Verbraucher. Angesichts der weit gefaßten Bezugnahme („anderswo“) ist die Werbung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen vergleichenden Werbung zu beanstanden. Daß die für die Vertragsgestaltung vom Gesetz vorgesehene Gewährung eines Rücktrittsrechts keine Zugabe sein kann, bedarf keiner Erörterung; ein Verstoß gegen die Zugabeverordnung scheidet daher ebenfalls aus.

    III. 1. Das Berufungsgericht hat auch den Anschlußberufungsantrag, der die von der Beklagten vorgetragene Abwicklung der vier Fälle, in denen Käufer ein billigeres Angebot nachgewiesen hatten, zum Gegenstand hat, abgewiesen. Es hat dazu ausgeführt: Die Beklagte verstoße nicht gegen das Rabattgesetz, wenn sie sich mit dem Käufer, der ein billigeres Konkurrenzangebot nachgewiesen habe, formal auf den Abschluß eines neuen Kaufvertrags mit niedrigerem Kaufpreis und Rückzahlung des Differenzbetrages einige. Der von einem solchen Kunden letztlich zu entrichtende Kaufpreis sei nicht ein von dem angekündigten oder allgemein geforderten Preis der Beklagten abweichender, durch Nachlaßgewährung im Einzelfall geforderter Ausnahmepreis, sondern der von der Beklagten von vornherein, wenngleich bedingt, so doch allgemein angekündigte Preis für eine bestimmte Ware. So werde er auch vom Verkehr aufgefaßt.

    2. Auch den gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffen der Revision bleibt der Erfolg versagt. Es bleibt der Beklagten unbenommen, sich mit einem Kunden, der ein billigeres Konkurrenzangebot nachweist, – wie sie es gehandhabt hat – darauf zu einigen, anstelle des alten Kaufvertrages einen neuen zu dem niedrigeren Preis abzuschließen. Da die Beklagte, wenn ihr ein billigeres Angebot nachgewiesen wird, sogleich den Preis für den jeweiligen Artikel allgemein auf den ihr nachgewiesenen niedrigeren herabsetzt, gewährt sie dem Käufer keinen Rabatt; denn sie fordert von ihm den Preis, den sie von da an ankündigt und allgemein fordert. Ob die Ausführungen des Berufungsgerichts, daß der letzten Endes in diesen Fällen vom Käufer entrichtete Preis der sei, den die Beklagte von vornherein, also mit ihrer Preis-Garantie-Werbung allgemein angekündigt habe, so zu verstehen ist, daß der von der Preis-Garantie-Werbung angesprochene Kunde annehme, er werde nach dem Rücktritt vom Vertrage den betreffenden Artikel bei der Beklagten zum nachgewiesenen niedrigeren Preis kaufen können, kann dahinstehen. Für die Beurteilung des die tatsächliche Abwicklung der Fälle betreffenden Antrages kommt es darauf nicht an.

    IV. Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.