Nur-Beleg (BGH – I ZR 96/76)

BGH, Urt. v. 27.10.1978, OLG Düsseldorf

 

 

Tenor

    Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 1976 im Kostenpunkt und in Bezug auf folgende Klageanträge aufgehoben:

    Antrag Ziffer I 1 der Berufung

    Antrag Ziffer I 1 b aa und bb der Klageschrift

    Antrag Ziffer II der Berufung

    Antrag Ziffer I 2 der Berufung, soweit die begehrte Auskunft darauf gerichtet ist, inwieweit die Beklagte während der Vertragszeit mit der Firma R. an Kunden der EDV-S. & Co. herangetreten ist, um sie abzuwerben.

    Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

    Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

    Die Firma EDV-S. & Co. in H., nach der Darstellung der Klägerinnen Gründungsgesellschafterin der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin zu 2, befaßte sich bis zum 24. April 1972 mit der Erstellung der Buchhaltung für die im Urteilsausspruch der erstinstanzlichen Entscheidung namentlich aufgeführten 62 Unternehmen. Dabei bediente sie sich eines von einem Steuerberater Sindern entwickelten und mit der Bezeichnung „Nur-Beleg“ versehenen Programms zur elektronischen Datenverarbeitung. Die endgültige Verarbeitung der von den Kunden übermittelten Buchhaltungsunterlagen übernahm dabei die Beklagte, die ein Rechenzentrum unterhält. Die Zusammenarbeit mit der Beklagten endete zunächst am 24. April 1972 aufgrund einer von dieser bereits vorher ausgesprochenen Kündigung.

    Zum Zweck der Neuorganisation des Nur-Beleg-Bereichs fand am 24. April 1972 eine Besprechung statt, an der neben S., dem persönlich haftenden Gesellschafter der EDV-S. & Co., und Vertretern der Beklagten der Prokurist M. der Klägerin zu 1 und der Geschäftsführer der Firma R. in M., Herr K., teilnahmen. Zu Beginn erklärten die Vertreter der Beklagten, sie seien nicht mehr bereit, weiterhin für die EDV-S. & Co. Rechenarbeiten auszuführen; sie würden mit einem eigenen Buchhaltungsprogramm auf den Markt kommen und betrachteten sich ab sofort als Mitbewerber der Firma S. & Co. Im weiteren Verlauf der Besprechung stellte sich heraus, daß die Firma R. nicht – wie zunächst vorgesehen – in der Lage war, die Erstellung der Buchhaltungen in elektronischer Datenverarbeitung von der Beklagten sofort zu übernehmen und an deren Stelle fortzuführen. Darauf erklärte sich die Beklagte bereit, aufgrund eines mit einwöchiger Frist zum Ende einer Woche kündbaren Vertrages mit der Firma R. die Buchungsunterlagen derjenigen Kunden weiterhin zu verarbeiten, die sie zuvor im Auftrage der S. & Co. bearbeitet hatte. Die Beklagte bestätigte diese Vereinbarung durch Schreiben vom 5. Mai 1972.

    In der folgenden Zeit kam es zwischen der Beklagten und der Firma R. bald zu Unstimmigkeiten wegen der Bezahlung der von der Beklagten geleisteten Arbeiten. Am 4. August 1972 wurde die Beklagte außerdem durch anwaltliches Schreiben im Auftrage des Steuerberaters Si. und der Firma LBS Si. KG verwarnt, die als unberechtigt bezeichnete Benutzung des Nur-Beleg-Programms zu unterlassen. Darauf kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 4. August 1972 den Vertrag mit der Firma R. fristlos. Zwischen den Parteien ist insoweit umstritten, ob die Kündigung sofort wirksam geworden oder ob das Vertragsverhältnis erst am 19. August 1972 durch ordentliche Kündigung beendet worden ist.

    Die 62 Kunden, deren Buchhaltungsunterlagen die Beklagte zunächst im Auftrage von EDV-S. & Co. und dann im Auftrage von R. bearbeitet hatte, lassen ihre Buchhaltung heute teilweise von der Klägerin zu 2, zum Teil, und zwar etwa 20 Kunden, von der Beklagten unmittelbar und im übrigen von dritten EDV-Unternehmen erstellen.

    Die Klägerinnen haben geltend gemacht:

    Am 24. April 1972, vor der am selben Tage durchgeführten Besprechung mit der Beklagten, sei durch die Klägerin zu 1, die EDV-S. & Co. und durch den Geschäftsführer der Firma R. die Vorgesellschaft der späteren persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin zu 2 gegründet worden, deren vertragliche Rechte und Pflichten später auf die Klägerin zu 2 übergegangen seien. Mit dem Vertrag vom 24. April 1972 habe die Firma EDV-S. & Co. ihren gesamten Kundenstamm aus dem Standardgeschäft, zu dem auch die Nur-Beleg-Kunden gezählt hätten, mit allen Rechten und Pflichten sowie allen zur Abwicklung des Kundenstamms notwendigen Programmen auf die Vorgesellschaft übertragen. Unmittelbar darauf am selben Tage sei zwischen der Vorgesellschaft und der Klägerin zu 1 ein „Darlehens-, Globalabtretungs- und Sicherungsübereignungsvertrag“ geschlossen worden. Durch diesen Vertrag habe die Vorgesellschaft der EDV-S. GmbH an die Klägerin zu 1 zur Sicherung eines Darlehens von 216.000 DM alle Nutzungs-, Verwertungs- und Eigentumsrechte übertragen, die sie zuvor von der EDV-S. & Co. erworben habe. Auf diese Verhältnisse sei die Beklagte bei der Besprechung vom 24. April 1972 hingewiesen worden. Außerdem sei der Beklagten erklärt worden, daß es ihr nicht gestattet sei, während des Bestehens des Subunternehmervertrages mit R. Kunden abzuwerben.

    Gleichwohl habe die Beklagte schon während des Bestehens des Vertragsverhältnisses mit der Firma R. Kunden abgeworben, und zwar teilweise unter Verleitung zum Vertragsbruch. So habe der Mitarbeiter der Beklagten Ko. telefonisch versucht, einen leitenden Angestellten der Firma Sch. zu veranlassen, das Vertragsverhältnis mit der EDV-S. GmbH zu lösen; dabei habe er erklärt, andere Kunden hätten schon lange fristlos gekündigt, und wenn er Kunde wäre, würde er es auch nicht anders machen; andere Kunden hätten längst ihre Unterlagen herausgeholt. Bei derselben Gelegenheit habe Ko. erklärt, die EDV-S. GmbH würde sich ständig anmaßen, Probleme der Kunden zu verstehen oder bearbeiten zu wollen; das könne sie jedoch nicht.

    Nach Ablauf des Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und der Firma R. sei die Beklagte vergeblich zur Herausgabe der Unterlagen für die 62 Kunden aufgefordert worden.

    Durch die Abwerbung der Kunden und Vorenthaltung der anvertrauten Unterlagen sei ihnen, den Klägerinnen, ein Schaden entstanden. In Höhe von 421.800 DM habe sich ein Schaden daraus ergeben, daß die Klägerin zu 1 ein Angebot der Firma C. S. Ltd. in B. über die Programm- und Kundenübernahme des Nur-Beleg-Bereichs nicht habe annehmen können.

    Die Klägerinnen haben im ersten Rechtszuge beantragt,

    I. die Beklagte zu verurteilen,

    1.  a) es bis zwei Jahre nach Rechtskraft des Urteils zu unterlassen, sich direkt oder indirekt an die im Urteilstenor des landgerichtlichen Urteils aufgeführten 62 Kunden, für welche die Beklagte bis zum 18. August 1972 im Auftrage der Firma R. Rechenarbeiten ausgeführt hat, zu wenden, um für sie unmittelbar oder mittelbar die gleichen Rechenarbeiten auszuführen.

    b) es zeitlich unbeschränkt zu unterlassen,

    aa) die zu a) bezeichneten Kunden unter Verleitung zum Bruch des Vertrages mit der Komplementär-GmbH der Klägerin zu 2 abzuwerben,

    bb) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, die Komplementär-GmbH der Klägerin zu 2 sei unfähig, die Probleme der Kunden zu verstehen und zu bearbeiten;

    2. den Klägerinnen darüber Auskunft zu erteilen,

    a) in welchem Umfang sie die zu 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses der Kunden,

    b) was sie im Nur-Beleg-Bereich über die zu 3 bezeichneten körperlichen und nichtkörperlichen Gegenstände hinaus und von der EDV-S. & Co., H., zur Ausführung von Rechenarbeiten erhalten und aus den für die zu 1. a) bezeichneten früheren Kunden der EDV-S. & Co. mittelbar oder unmittelbar ausgeführten Rechenarbeiten erlangt hat, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses;

    3. an die Klägerin zu 1 aus dem Nur-Beleg-Bereich

    a) die Stammdaten, Dateien aller Programme in der DOS-Version, Operator-Anweisungen, Steuerkarten und Programmbeschreibungen in Form von schriftlichen Unterlagen, Lochkarten und Mikrofilmen herauszugeben,

    b) die Stammdaten und Dateien aller Programme in der DOS-Version auf magnetischen Datenträgern vorübergehend zum Zwecke der Übertragung der Daten auf andere Datenträger und anschließenden Löschung der Daten herauszugeben, notfalls gegen Zahlung einer üblichen Mietgebühr und gegen Sicherheitsleistung für die Rückgabe der Datenträger der Beklagten;

    4. an die Klägerin zu 1) 421.800 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 21. August 1972 und 11 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu zahlen;

    II. festzustellen,

    daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1 allen weiteren über den Betrag von 421.800 DM hinausgehenden Schaden und der Klägerin zu 2 allen Schaden zu ersetzen, der ihnen dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, daß die Beklagte die zu I 1 bezeichneten Handlungen begangen und die zu I 3 bezeichneten Unterlagen nicht herausgegeben hat.

    Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im übrigen wie folgt verurteilt:

    I. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

    a) die nachstehend aufgeführten Kunden unter Verleitung zum Bruch des Vertrages mit der Komplementär-GmbH der Klägerin zu 2 abzuwerben:

    (Es folgen 62 Kunden)

    b) im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, die Komplementär-GmbH der Klägerin zu 2 oder die Klägerin zu 2 seien unfähig, die Probleme der Kunden zu verstehen oder zu bearbeiten.

    II. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen den Schaden zu ersetzen, der diesen dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, daß

    a) die Beklagte sich in der Zeit bis zum 18. August 1974 an die in Ziffer I a) bezeichneten Kunden gewandt hat, für welche die Beklagte im Auftrag der Firma R. Elektronische Datenverarbeitung GmbH, M., Rechenarbeiten ausgeführt hat, um für diese Kunden unmittelbar oder mittelbar die gleichen Rechenarbeiten auszuführen;

    b) die Beklagte die zu Ziffer I a) und b) bezeichneten Handlungen begangen hat.

    Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt, die Beklagte mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung und die Klägerinnen mit dem Antrag,

    unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils

    I. die Beklagte über die zugesprochenen Anträge hinaus zu verurteilen,

    1. es bis zum Ablauf von 2 Jahren nach Rechtskraft des Urteils bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, sich direkt oder indirekt an die im Urteilstenor im einzelnen unter I a) des landgerichtlichen Urteils aufgeführten Kunden zu wenden, um für sie unmittelbar oder mittelbar die gleichen Rechenarbeiten auszuführen, die sie aufgrund des mit der Firma R., e. D.-GmbH, M., abgeschlossenen Verarbeitungsvertrages vorgenommen hatte,

    2. den Klägerinnen durch Vorlage eines Verzeichnisses und Darlegung aller Umstände des Einzelfalles darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfange sie die unter 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, inwieweit sie die dort aufgeführten Kunden abgeworben hat und/oder dies versucht hat und inwieweit sie im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs behauptet hat, die Komplementär-GmbH der Klägerin zu 2 und/oder die Klägerin zu 2 sei unfähig, die Probleme der Kunden zu verstehen und/oder zu bearbeiten;

    3. an die Klägerin zu 1 aus dem Nur-Beleg-Bereich

    a) die Lohn- und Finanzbuchhaltungs-Stammdaten und Dateien aller Programme in der DOS-Version, Operator-Anweisungen, Steuerkarten und Programmbeschreibungen in Form von schriftlichen Unterlagen, Lochkarten und Mikrofilmen von den im Urteilstenor im einzelnen unter I a) bezeichneten Firmen herauszugeben,

    b) die Lohn- und Finanzbuchhaltungs-Stammdaten und Dateien aller Programme in der DOS-Version auf magnetischen Datenträgern vorübergehend zum Zweck der Übertragung der Daten auf anderen Datenträger und anschließender Löschung der Daten herauszugeben, notfalls gegen Zahlung einer üblichen Mietgebühr und Sicherheitsleistung für die Rückgabe der Datenträger der Beklagten;

    4. den Klägerinnen durch Vorlage eines Verzeichnisses darüber Auskunft zu erteilen, was sie im Nur-Beleg-Bereich über die zu 3 bezeichneten körperlichen und nichtkörperlichen Gegenstände hinaus von der EDV-S. & Co., H., zur Ausführung von Rechenarbeiten erhalten und aus den für die zu 1 bezeichneten früheren Kunden der EDV-S. mittelbar oder unmittelbar ausgeführten Rechenarbeiten erlangt hat;

    5. an die Klägerin zu 1 DM 421.800 nebst 5 % Zinsen seit dem 21. August 1972 und 11 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen zu zahlen;

    II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen auch den über 421.800 DM hinausgehenden Schaden zu ersetzen, der diesen dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, daß die Beklagte sich in der Zeit bis zu 2 Jahren nach Rechtskraft des Urteils an die in Ziffer I 1. bezeichneten Kunden gewandt hat und die zu Ziffer I 3. bezeichneten Unterlagen nicht herausgegeben hat.

    Das Oberlandesgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

    Mit der Revision verfolgen die Klägerinnen in erster Linie nur noch die Anträge I 2 auf Auskunft über Abwerbungshandlungen und über herabsetzende Äußerungen und den Antrag I 5 auf Zahlung von jetzt nur noch 380.000 DM nebst Zinsen an die Klägerin zu 1. Im übrigen erklären sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragen, der Beklagten auch insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Beklagte hat der Erledigung widersprochen und beantragt, die Revision zurückzuweisen. Deshalb beantragen die Klägerinnen hilfsweise, nämlich für den Fall, daß die Erledigung des Rechtsstreits von dem erkennenden Senat nicht festgestellt werden sollte, in vollem Umfang nach ihren Schlußanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen. Insoweit rügt die Beklagte die Unzulässigkeit dieser Erweiterung der Revisionsanträge.

 

 

Entscheidungsgründe

    Die Revision hat teilweise Erfolg.

    I.

    1. Das Berufungsgericht hat zu dem Schadensersatzanspruch der Klägerin zu 1 auf Zahlung von 421.800 DM – jetzt 380.000 DM – folgendes ausgeführt:

    Soweit der Schadensersatzanspruch der Klägerin zu 1 daraus hergeleitet würde, daß die Beklagte Kunden der Klägerin zu 2 abgeworben habe, sei die Klage schon deswegen unbegründet, weil die Beklagte nicht gehindert gewesen sei und auch jetzt nicht gehindert sei, sich auch an die Kunden der Klägerin zu 2 zu wenden. Auch Schadensersatzansprüche wegen Nichtherausgabe von Unterlagen bestünden nicht; da nicht feststellbar sei, welche konkreten Unterlagen die Beklagte zurückbehalten habe und aus welchen rechtlichen Gesichtspunkten sie verpflichtet sein könnte, diese herauszugeben, könne auch nicht festgestellt werden, daß sie rechtswidrig und schuldhaft die Herausgabe verweigert hätte, und ferner, daß der Klägerin zu 1 gerade hierdurch ein Schaden entstanden sei. Im übrigen sei die Kausalität zwischen der Nichtherausgabe von Unterlagen und dem Nichtzustandekommen eines Vertrages gemäß dem Übernahmeangebot der Firma C. S. Ltd. in G. auch deshalb zu verneinen, weil das Übernahmeangebot schon deswegen nicht zu realisieren gewesen sei, weil die Beklagte in größerem Umfang Kunden abgeworben habe, was ihr nicht habe verwehrt werden können.

    2. Es kann dahingestellt bleiben, ob diesen Ausführungen in allen Punkten zu folgen ist. Jedenfalls ergibt der unstreitige Sachverhalt, daß die Klägerin zu 1 einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 380.000 DM nicht ausreichend dargetan hat:

    Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kann die Klägerin zu 1 – nach Scheitern der Übernahme des Nur-Beleg-Bereichs durch die Firma C. S. Ltd. – nur den ihr dadurch entgangenen Gewinn, nicht aber den vollen, nach ihrem Vorbringen von der C. S. angebotenen Kaufpreis von 380.000 DM ihrer Schadensberechnung zugrunde legen. Nach dem unstreitigen Sachverhalt werden die 62 Kunden, die als Kundenstamm im Bereich der Buchhaltung an die C. S. übergeben werden sollten, noch heute teilweise von der Klägerin zu 2 betreut. Daraus folgt, daß die Klägerin zu 2 sowohl ein Buchhaltungsprogramm zur elektronischen Datenverarbeitung als auch einen Teil des Kundenstamms behalten hat. Mit Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, daß die Klägerinnen selbst nicht behaupten, in der Zeit nach dem Ablauf des Angebots der C. am 22. August 1972 keine gewinnbringenden Geschäfte mit diesem Teil des Kundenstamms aus dem Nur-Beleg-Bereich mehr getätigt zu haben. Wie die Klägerinnen in der Berufungsinstanz vorgetragen haben, entsprach der Kaufpreis von 380.000 DM etwa zwei Jahresgewinnen. Ein Teil dieser Jahresgewinne ist ihnen aber ersichtlich dadurch erhalten geblieben, daß sie auch einen Teil des Unternehmens einschließlich des Kundenstammes behalten haben. Es fehlen auch sämtliche Anhaltspunkte für eine Schätzung des Schadens, da die Klägerinnen nichts darüber vorgetragen haben, wie groß der Kundenstamm ist, der ihnen erhalten geblieben ist. Aus der Tatsache, daß die Beklagte jetzt 20 dieser Kunden betreut, läßt sich nichts zu Gunsten der Klägerin zu 1 herleiten, da einmal nicht festgestellt ist, wann diese Kunden auf die Beklagte übergegangen sind und ob die Beklagte sie abgeworben hat, und da weiterhin ein unbekannter Teil der Kunden jetzt von dritten Unternehmen bearbeitet wird. Die Klägerinnen haben im zweiten Rechtszuge selbst vorgetragen, daß viele ihrer Nur-Beleg-Kunden die in die hier maßgebende Zeit fallende Umstellung von dem Nur-Beleg-Programm auf das „Steckel-System“ abgelehnt hätten, weil sie sich zur Erfassung der Buchhaltungsdaten im eigenen Haus ein Datenerfassungsgerät hätten anschaffen müssen. Unter diesen Umständen ist eine Schadensschätzung vollends ausgeschlossen.

    Die Revision kann demnach in Bezug auf den bezifferten Schadensersatzanspruch keinen Erfolg haben.

    II.

    1. Die Klägerinnen haben ihren Antrag Ziffer I 1 der Berufungsinstanz, wonach die Beklagte es bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Rechtskraft des Urteils unterlassen soll, sich an die 62 Kunden des früheren Nur-Beleg-Bereichs zur Ausführung der gleichen Rechenarbeiten zu wenden, in der Hauptsache für erledigt erklärt. Da die Beklagte demgegenüber ihren Antrag, die Revision zurückzuweisen, aufrecht erhalten hat, muß zunächst festgestellt werden, ob ein den fraglichen Anspruch objektiv erledigendes Ereignis vorliegt, das heißt ein Ereignis, welches die anfänglich begründete Klage nunmehr unbegründet macht (BGH NJW 1969, 237). Die Klägerinnen müssen dadurch daran gehindert sein, die zunächst von ihnen erbetene Entscheidung durchzusetzen (OLG Düsseldorf Betriebsberater 1974, 64; Baumbach-Lauterbach, 35. Aufl., § 91 a ZPO Anm. 2 C; Thomas-Putzo, 9. Aufl., § 91 a ZPO Anm. 7 a aa).

    Das ist hier nicht der Fall. Die Beklagte betreut nach dem unstreitigen Sachverhalt etwa 20 ehemalige Kunden der EDV-S. & Co.; hiergegen richtet sich der Klageantrag zu Ziffer I 1 (in der Fassung der Berufungsinstanz). Ferner wendet sich der Antrag dagegen, daß sich die Beklagte bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Rechtskraft des Urteils an die anderen ehemaligen Nur-Beleg-Kunden der EDV-S. & Co. wende. Auch insoweit sind die Klägerinnen nicht durch ein (objektiv die Sache erledigendes Ereignis) gehindert, ihre behaupteten Ansprüche durchzusetzen.

    2. Entgegen der Auffassung der Revisionsbeklagten kann in der Erledigungserklärung weder hier noch bei den übrigen für erledigt erklärten Anträgen ein Verzicht auf die entsprechenden geltend gemachten Ansprüche gesehen werden. Dies widerspräche dem eindeutigen Wortlaut und Sinn der Erklärungen.

    Der Hilfsantrag der Klägerinnen, für den Fall, daß die Erledigung von dem erkennenden Senat nicht festgestellt wird, nach ihren Schlußanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen, ist prozessual grundsätzlich statthaft (BGH NJW 1965, 1597 f.). Er ist im Streitfalle weder verspätet, da nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist gestellt, noch mangelt er der Begründung. Denn eine – hier hilfsweise vorgenommene – Erweiterung der Revisionsanträge ist insoweit zulässig, als der Prozeßstoff, der dem Revisionsgericht unterbreitet wird, unverändert bleibt und aus ihm Rechtsfolgen abgeleitet werden, die bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sind (BGHZ 12, 52, 67 f.). Das ist hier der Fall. Die Erweiterung wird auch durch die Revisionsbegründung gedeckt, da sich diese ungeachtet der Erledigungserklärungen mit dem gesamten Berufungsurteil auseinandersetzt. Auf den Hilfsantrag der Klägerinnen ist daher über den vom Berufungsgericht abgewiesenen Antrag Ziffer I 1 in der Sache zu entscheiden.

    a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Es sei nicht zu beanstanden, wenn sich die Beklagte in der Zeit bis zum 18. August 1974 an diejenigen Kunden der Firma EDV-S. & Co. gewandt habe, für welche sie im Auftrag der R. E. D. GmbH Rechenarbeiten ausgeführt habe, um für diese Kunden unmittelbar oder mittelbar die gleichen Rechenarbeiten auszuführen. Ein Wettbewerbsverbot sei weder unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, noch sei es in dem Vertrag mit der EDV-S. & Co. oder dem späteren Vertrag mit der Firma R. vereinbart worden. Da die Beklagte als Subunternehmer tätig gewesen sei, ihre Kapazität dadurch nicht ausgelastet gewesen sei, sei ein freiwilliger Verzicht auf eine Konkurrenztätigkeit zu den Klägerinnen und den mit ihnen zusammenarbeitenden Firmen nicht zu erwarten gewesen. Zu dem danach erlaubten Wettbewerb gehöre grundsätzlich auch das Bemühen um neue Kunden und damit auch ein Eindringen in den Kundenkreis der Konkurrenten. Die Beklagte habe darüber hinaus bei der Besprechung am 24. April 1972 ausdrücklich klargestellt, daß sie alsbald mit einem eigenen Buchhaltungsprogramm auf den Markt kommen werde und daß sie sich daher ab sofort als Mitbewerber betrachte. Dem sei von den Vertretern der Klägerinnen nicht widersprochen worden. Es sei auch nicht bewiesen, daß im weiteren Verlauf der Besprechung eine Wettbewerbstätigkeit der Beklagten zumindest für die Laufzeit des Vertrages mit der Firma R. ausgeschlossen worden sei. Diese Vertragsbeziehungen, die nur für eine Übergangszeit gedacht gewesen seien, seien nicht in einem derartigen Maße von besonderem Vertrauen geprägt gewesen, daß sich ein Wettbewerb nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben auch ohne besondere Vereinbarung von selbst verboten hätte. Dies gelte erst recht für die Zeit von der fristlosen Kündigung am 4. August 1972 ab.

    b) Dieser Beurteilung kann nicht gefolgt werden.

    Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auch schon des Reichsgerichts, daß es Sinn und Zweck jedes wirtschaftlichen Wettbewerbs ist, in den Kundenkreis des Mitbewerbers einzudringen, die Kunden zu sich herüberzuziehen. Der Kundenkreis ist kein geschütztes Rechtsgut, und das Abwerben von Kunden ist für sich allein noch nicht sittenwidrig, wird es vielmehr erst bei Vorliegen besonderer Umstände, die das Vorgehen als anstößig erscheinen lassen (BGH GRUR 1970, 182 – Bierfahrer). Solche Umstände liegen hier vor. Die Beklagte, die ein Rechenzentrum unterhält, erledigte dort zunächst aufgrund Vertrages mit der EDV-S. & Co. im Auftrage und für Rechnung dieses Unternehmens die Buchhaltung für deren Kunden. Dabei war sie verpflichtet, die Arbeiten korrekt, pünktlich und in jeder Beziehung vertragsgerecht zu verrichten. Es verstand sich angesichts dieses – zudem auf Dauer angelegten – Vertragsverhältnisses auch ohne ausdrückliche Abrede für einen redlichen Kaufmann von selbst, daß er nicht einerseits im Interesse seines Auftraggebers die Angelegenheiten von dessen Kunden bearbeiten und andererseits versuchen würde, seinem Vertragspartner diese Kunden hinterrücks abspenstig zu machen und zu entziehen. Beides läßt sich nicht miteinander vereinbaren. Eine solche Abwerbung während der Dauer des Vertragsverhältnisses verletzt die aus § 242 BGB abzuleitende vertragliche Pflicht der Beklagten zur Wahrung der Interessen ihres Vertragspartners und damit zugleich auch § 1 UWG.

    Daran änderte sich nichts, als am 24. April 1972 die auf Dauer angelegte Zusammenarbeit der EDV-S. & Co. und der Beklagten endete und die Beklagte mit der Firma R. als eine Übergangslösung einen entsprechenden Vertrag einging. Welches auch die Gründe für die Kündigung des Vertragsverhältnisses EDV-S. & Co. – Beklagte gewesen sein mögen, so war doch Tatsache, daß es sich bei den Kunden um die der EDV-S. & Co. gehandelt hat, die nunmehr weiterhin über die Firma R. von der Beklagten bearbeitet wurden. Ließ sich die Beklagte auf diese Weise darauf ein, wirtschaftlich für die EDV-S. & Co. tätig zu bleiben – wozu sie auch die entsprechenden Unterlagen der Kunden behielt -, dann war sie auch verpflichtet, die Interessen dieses Unternehmens wie ein ordentlicher Kaufmann zu wahren und nicht die Gelegenheit der – wenn auch vielleicht nur kurzen – Fortsetzung der Zusammenarbeit dazu zu benutzen, um mit Hilfe des ihr durch die EDV-S. & Co. vermittelten Kontaktes zu den Kunden diese abzuwerben. Dafür ist auch unerheblich, welche Erklärungen die Beklagte bei der Besprechung vom 24. April 1972 über die Konkurrenzfrage abgegeben haben sollte. Diese können sich nach Lage der Dinge nur auf die allgemeine Konkurrenzlage bezogen haben, nicht auf einen Wettbewerb um die Kunden der EDV-S. & Co. während der Fortdauer der Zusammenarbeit.

    Diese Bindung der Beklagten dauerte bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Firma R. Dafür kann man weder auf das Datum des Kündigungsschreibens vom 4. August 1972 abstellen – es sei denn, die Beklagte hätte, wie sie vorträgt, an diesem Tage durch wirksame fernmündliche Erklärung berechtigt fristlos gekündigt -, noch kann man, wie das Landgericht es will, den 18. August 1972 für maßgeblich erklären, weil es wettbewerbswidrig sei, sich innerhalb der Zeit, für die das Fortbestehen des Vertragsverhältnisses streitig sei, an die Kunden des ehemaligen Geschäftspartners zu wenden. Das Berufungsgericht wird also feststellen müssen, bis zu welchem Tage das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Firma R. tatsächlich gedauert hat und ob sich die Beklagte nach dem Vorbringen der Klägerinnen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme schon vorher an Kunden der EDV-S. & Co. gewandt hat, um sie abzuwerben.

    c) Sollte das für einzelne Kunden festgestellt werden, so folgt daraus entgegen der Auffassung der Klägerinnen jedoch nicht, daß der Beklagten untersagt werden könnte, sich direkt oder indirekt bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Rechtskraft des Urteils an sämtliche früheren 62 Kunden der Beteiligten zu wenden, um für sie entsprechende Rechenarbeiten auszuführen. Soweit die Beklagte solche Kunden bis heute noch nicht geworben hat, fehlt einem entsprechenden Verbot für die Zukunft – wie es jedenfalls dem Wortlaut des Antrages entspricht – jede Rechtsgrundlage. Aber auch für solche Kunden, die die Beklagte ordnungsgemäß, das heißt nach Ablauf des Vertragsverhältnisses und ohne sonstige sittenwidrige Umstände, geworben haben sollte, kann das beantragte Verbot nicht ausgesprochen werden. Vielmehr kommt der Unterlassungsanspruch zur Beseitigung der fortdauernden Störung nur für solche Kunden in Frage, die die Beklagte vor Beendigung der Vertragsbeziehungen abgeworben hat. Der Bierfahrer-Fall (BGH GRUR 1970, 182) lag insofern anders, als das Gesamtverhalten des dortigen Beklagten gegenüber dem ganzen Kundenstamm wettbewerbsrechtlich zu beanstanden war. Dergleichen ist hier nicht ausreichend dargetan.

    III.

    1. Auch die Anträge auf Unterlassung, die 62 Kunden „unter Verleitung zum Bruch des Vertrages“ abzuwerben und ferner zu behaupten, die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin zu 2 sei unfähig, die Probleme der Kunden zu verstehen und zu bearbeiten (I 1 b aa und bb der Klageschrift), sind nicht in der Hauptsache erledigt. Zu Unrecht meint die Revision, daß für diese Anträge die Wiederholungsgefahr entfallen sein dürfte. Angesichts der Tatsache, daß die Parteien nach wie vor miteinander in Wettbewerb stehen, mögen sie auch jeweils andere EDV-Systeme für den Buchhaltungsbereich verwenden, daß außerdem die Beklagte 20 ehemalige Kunden der EDV-S. & Co. jetzt zu ihren Kunden zählt und ein Interesse daran haben muß, ihren Kundenkreis auch auf Kosten der Klägerinnen zu erweitern, kann das nicht festgestellt werden. An den Wegfall der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen; meist bedarf es einer durch die Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung gesicherten Unterlassungsverpflichtung (vgl. z.B. BGH GRUR 1973, 208, 210 – Neues aus der Medizin). Diese liegt hier nicht vor, so daß eine Erledigung der Hauptsache nicht festgestellt werden kann.

    2. a) Das Berufungsgericht hat die beiden Unterlassungsanträge unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit der Begründung abgewiesen, daß die darauf bezogenen Behauptungen der Klägerinnen durch die im ersten Rechtszuge durchgeführte Vernehmung der benannten vier Zeugen nicht erwiesen seien. Dazu hat es die Aussagen der Zeugen eingehend gewürdigt und abschließend festgestellt, daß es keiner erneuten Vernehmung der Zeugen bedürfte, obwohl das Gericht von der durch das Landgericht vorgenommenen Beweiswürdigung abweiche. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß einer der Zeugen – gegebenenfalls unter dem Druck einer Vereidigung – eine abweichende Aussage machen könnte. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung beruhe auch nicht auf dem persönlichen Eindruck von den vernommenen Zeugen, sondern allein auf dem Inhalt ihrer Aussagen und auf weiteren objektiven Umständen, die dem Senat aufgrund des Akteninhalts in gleicher Weise zur Verfügung stünden wie dem Landgericht.

    b) Diese Ausführungen rügt die Revision mit Recht. Das Berufungsgericht hat mit seinem Verfahren § 398 ZPO verletzt. Nach dieser Vorschrift steht zwar die wiederholte Vernehmung eines Zeugen grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen ist jedoch nicht frei, sondern muß pflichtgemäß ausgeübt werden. Allgemeine Regeln, wann das Berufungsgericht einen im ersten Rechtszuge vernommenen Zeugen nochmals vernehmen muß, lassen sich nicht aufstellen. Es kommt auf die jeweilige Sachlage an. Anerkannt ist jedoch, daß das Berufungsgericht die Glaubwürdigkeit eines Zeugen nicht anders als das Erstgericht beurteilen darf, wenn es ihn nicht selbst gesehen und gehört hat (BGH NJW 1968, 1138; NJW 1974, 56). So liegt die Sache hier. Die Annahme des Berufungsgerichts, die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung beruhe nicht auf dem persönlichen Eindruck der Zeugen, ist unzutreffend. Abgesehen davon, daß der Richter nicht gehalten ist, alle Momente, auf die er seine Überzeugung von der Richtigkeit einer Zeugenaussage gründet, bei der schriftlichen Beweiswürdigung wiederzugeben, und daß es kaum denkbar ist, daß ein Richter nicht auch den persönlichen Eindruck eines Zeugen aufnimmt und würdigt, hat das Landgericht ausdrücklich ausgeführt, daß die Zeugen Mü. und R. ihre Aussagen in ruhiger und sachlicher Form gemacht haben. Dies ist aber die Wiedergabe des persönlichen Eindrucks, den jedenfalls diese beiden Zeugen, denen das Landgericht geglaubt hat, auf dieses Gericht gemacht haben. Demgegenüber hat das Berufungsgericht sich ebenfalls mit der Glaubwürdigkeit dieser beiden Zeugen befaßt – indem es ausgeführt hat, daß ihre Aussagen ein etwas höheres Maß an Glaubwürdigkeit ausstrahlten als die entgegengesetzte Aussage des Zeugen Ko. -, vor allem aber, indem es Widersprüche in den Aussagen der Zeugen Mü. und Ri. aufgezeigt und daraus mehrfach hinsichtlich sehr prägnanter Punkte „eine auffällige Erinnerungsschwäche“ eines der Zeugen bemerkt hat, schließlich, indem es eine genaue Differenzierung der Ereignisse als für die Beteiligten, die Zeugen, mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gekennzeichnet hat. Dies alles sind Fragen der Glaubwürdigkeit der Zeugen, das letzte deshalb, weil es entscheidend auf ihr Differenzierungsvermögen ankommt, ob und wie sie die aufgezeigten Schwierigkeiten bewältigen können.

    c) Deshalb war das angefochtene Urteil auf den entsprechenden Hilfsantrag der Klägerinnen in diesem Punkt aufzuheben und zur anderweiten Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Berufungsgericht auf eine an die konkrete Verletzungsform ausgerichtete Antragstellung hinzuwirken haben. Der Klageantrag I 1 b aa geht sachlich zu weit, wenn der Beklagten untersagt werden soll, Kunden „unter Verleitung zum Bruch des Vertrages“ abzuwerben. Ein solches konkretes Geschehnis haben die Klägerinnen nicht vorgetragen. Denn es ist gerade keine Verleitung zum Vertragsbruch, wenn man einen Kunden auf die Möglichkeit hinweist, ein Dauerschuldverhältnis bei Vorliegen wichtiger Gründe fristlos zu kündigen. Nur dies haben die Klägerinnen dem Mitarbeiter der Beklagten Ko. zum Vorwurf gemacht.

    Ob ein solches Verhalten eines mit dem Wettbewerber früher verbunden gewesenen Mitbewerbers – besteht das Vertragsverhältnis noch, so ist jede Abwerbung unerlaubt; vgl. oben Ziffer II 2 b – gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt, ist eine Frage der besonderen Umstände des Einzelfalles. Besteht begründeter Anlaß zu der Annahme, daß wichtige Gründe zur Kündigung vorliegen, und hält sich der Hinweis darauf in sachlicher und schonender Form, dann weist der Mitbewerber den Kunden damit nur auf eine in dessen Interesse liegende rechtliche Möglichkeit hin; ein solcher Hinweis wird wettbewerbsrechtlich im allgemeinen nicht zu beanstanden sein. Anders kann es liegen, wenn der Hinweis ohne triftige Gründe oder in polemisch-unsachlicher Form erfolgt. Hierfür kommt im Streitfalle in Frage, daß Koch nach dem Vorbringen der Klägerinnen erklärt haben soll, andere Kunden hätten schon lange fristlos gekündigt und längst ihre Unterlagen herausgeholt; wenn er Kunde wäre, würde er es auch nicht anders machen. Hiermit hätte er die EDV-S. & Co. zu Zwecken des Wettbewerbs und zur Gewinnung eines Kunden für sein Unternehmen in einer über die sachliche Aufklärung hinausgehenden Weise herabgesetzt, eine Abwerbungsform, die gegen die guten Sitten verstoßen hätte.

    IV.

    Die Anträge der Klägerinnen zu Ziffer I 3 a) und b) der Berufung, die sich auf die Herausgabe von Buchhaltungs- und EDV-Unterlagen für die 62 Kunden von EDV-S. & Co. beziehen, mögen in der Tat in der Hauptsache dadurch erledigt sein, daß jetzt beide Parteien ein völlig anderes Rechenprogramm für die Buchhaltungskunden verwenden, so daß die Klägerinnen kein vernünftiges Interesse an den alten Unterlagen mehr haben können. Dies kann jedoch letzten Endes offen bleiben, da diese Anträge, wie Landgericht und Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt haben, mangels Bestimmtheit unzulässig waren. Ein Herausgabeantrag muß gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die herausverlangten Gegenstände so genau bezeichnen, daß die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher durchgeführt werden kann. Selbst wenn man hier wegen der Schwierigkeiten der Bezeichnung einen großzügigen Maßstab anlegen wollte, etwa davon ausgehen würde, daß sich der Gerichtsvollzieher eines Sachverständigen bedient, so scheitert die notwendige Bestimmtheit schon deshalb, weil nicht feststeht und vom Gerichtsvollzieher nicht festgestellt werden kann, auf welche Kunden sich der Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen erstreckt. Denn es steht nicht fest, daß die Beklagte sämtliche Kunden, die sie jetzt noch bearbeitet oder nach der Kündigung ihres Vertrages mit Random bearbeitet hat, auf unlautere Weise abgeworben hätte.

    V.

    Die Unbestimmtheit hinsichtlich der Kunden und damit die Unzulässigkeit aufgrund § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO setzt sich bei dem auf die vorgenannten Unterlagen bezogenen Auskunftsantrag fort (I 4 der Berufungsanträge), da er solche Unterlagen erfassen soll, die nicht bereits unter die Herausgabeanträge Ziffer I 3 a) und b) fallen. Wenn die Klägerinnen ohne Verschulden außerstande gewesen sein sollten, die Unterlagen, deren Herausgabe – einen entsprechenden Anspruch unterstellt – sie verlangen wollten, genau zu bezeichnen, dann hätten sie gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO vorgehen müssen.

    VI.

    Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gemäß Ziffer II der Berufungsanträge ist nicht in der Hauptsache erledigt, wie sich aus den obigen Ausführungen zu Ziffer II und III ergibt. Insoweit war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das über die Fragen unzulässiger Abwerbung während der Vertragszeit der Beklagten mit R. und danach durch herabsetzende Hinweise auf eine Kündigungsmöglichkeit sowie über einen etwaigen Schaden durch rechtswidrigschuldhafte Vorenthaltung von EDV-Unterlagen durch die Beklagte erneut verhandeln und entscheiden muß.

    VII.

    Ist der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 380.000 DM, wie oben Ziffer I festgestellt, zu Recht abgewiesen worden, so steht aus denselben Gründen der Klägerin zu 1 auch nicht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 421.800 DM zu. Dies war nach dem Antrag der Klägerinnen, für den Fall der Nichterledigung in vollem Umfange nach ihren Schlußanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen, ausdrücklich festzustellen.

    VIII.

    Wegen des Antrages auf Auskunft über Abwerbungshandlungen und über herabsetzende Äußerungen der Beklagten (Ziffer I 2 der Berufung) ist zu unterscheiden:

    Soweit die Klägerinnen Auskunft darüber begehren, in welchem Umfange die Beklagte (nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zu der Firma R.) Abwerbungen dadurch vorgenommen hat, daß sie Kunden erklärt hat, andere Kunden hätten schon lange fristlos gekündigt und längst ihre Unterlagen herausgeholt, wenn sie Kunde wäre, würde sie es auch nicht anders machen, und in welchem Umfange sie erklärt hat, die EDV-S. würde sich ständig anmaßen, Probleme der Kunden zu verstehen oder bearbeiten zu wollen, das könne sie jedoch nicht, ist der Anspruch jedenfalls durch Erfüllung erloschen und daher die Revision unbegründet. Darauf, daß die Beklagte insoweit eine verneinende Auskunft erteilt hat, hat bereits das Landgericht hingewiesen (S. 54 des Urteils), und die Beklagte hat diese Auskunft unter Hinweis auf die Entscheidung des Landgerichts im Berufungsrechtszuge nochmals wiederholt (S. 13, 27 und 28 des Schriftsatzes vom 13. Januar 1976).

    Soweit das Auskunftsbegehren darauf gerichtet ist, inwieweit die Beklagte während der Vertragszeit mit R. an Kunden der EDV-S. & Co. herangetreten ist, um sie abzuwerben, ist das Berufungsurteil aufzuheben, da dieses Begehren nur im Zusammenhang mit der erneuten Verhandlung und Entscheidung über Abwerbungshandlungen während der Vertragszeit und über die Feststellung diesbezüglicher Schadensersatzansprüche der Klägerinnen (oben Ziffer II und VI) beurteilt werden kann. Falls festgestellt werden sollte, daß die Beklagte Abwerbungshandlungen während der Vertragszeit vorgenommen hat, könnte von einer Ausforschung durch das Auskunftsbegehren schwerlich gesprochen werden. Der Auskunftsanspruch ist begründet, wenn lediglich ein einzelner Wettbewerbsverstoß feststeht, sofern der Verletzte Grund zu der Annahme hat, der Täter habe die beanstandete Handlung auch in weiteren Fällen begangen (BGH GRUR 1969, 283, 286 – Schornsteinauskleidung).

    IX.

    Nach alledem war das Berufungsurteil in dem vorstehend dargelegten Umfang aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im übrigen war die Revision zurückzuweisen.