Viele Onlinehändler waren sich nicht sicher, welche der verschiedenen Variationen der Widerrufsbelehrungen für ihr Unternehmen einschlägig ist. Hierauf haben die Unternehmen zunächst oft eine lange Liste der verschiedenen möglichen Widerrufsbelehrungen verwendet und dann spätestens bei der Feldbeschränkung auf Ebay festgestellt, dass dies nicht die Lösung sein kann. Nun fing man schnell an einfach die entsprechenden Passagen der Widerrufsbelehrungen so zu kombinieren, dass alle möglichen Varianten in einer einzigen Widerrufsbelehrung abgebildet werden. Die kombinierte Widerrufsbelehrung war geboren. Aber die konkrete Umsetzung bei IKEA wurde nun von einem Gericht als rechtswidrig eingeordnet.
Das Landgericht Frankfurt a.M.,hat mit Beschluss vom 21.05.2015 (Aktenzeichen 2-06 O 203/15) im einstweiligen Verfügungsverfahren (durch die Abgabe der Abschlusserklärung ist dieser Beschluss zwischenzeitlich rechtskräftig) gegen den Onlineshop von IKEA unter anderem wie folgt entschieden:
„nicht ausreichend über den Beginn der Widerrufsfrist zu informieren, indem wie nachfolgend wiedergegeben:
Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag,
a) an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat, wenn Sie eine Ware oder mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt haben und die Ware bzw. Waren einheitlich geliefert wird bzw. werden;
b) an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Ware in Besitz genommen haben bzw. hat,wenn Sie mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt haben und die Waren getrennt geliefert werden,·
c) an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat, wenn Sie eine Ware bestellt haben, die in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird.
Wenn mehrere der vorstehenden Alternativen vorliegen, beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht Beförderer ist, die letzte Ware oder letzte Teilsendung bzw. das letzte Stück in Besitz genommen haben bzw. hat;
der Eindruck erweckt wird, dass gleichzeitig mehr als eine der mit a), b) und c) bezeichneten Sachverhalte vorliegen kann.“
Entscheidend ob somit die unter Juristen als kombinierte Widerrufsbelehrung bezeichnete Variation der Widerrufsbelehrung rechtswidrig ist, ist nach Meinung des LG Frankfurt a.M., dass der Verbraucher nicht eindeutig Klarheit darüber hat, dass bei ihm nur einer der kombinierten Fälle vorliegen kann. Hier scheint das Gericht nicht den durchschnittlich informierten Verbraucher mit einer normalen Auffassungsgabe zur Grundlage genommen zu haben, sondern einen Verbraucher, der die Belehrung überhaupt nicht richtig liest. Z.B. „Ich habe viele Waren auf einmal bestellt. Diese werden in vielen verschiedenen Paketen geliefert“ Und dann wenn das erste Paket ankommt (die anderen aber noch nicht!) denkt, dass nun die Frist beginnt, da er die Ware ja erhalten hat (ohne den Satz a) fertig zu lesen). Wenn nun nach 3 Wochen das letzte Paket seiner Lieferung bei Ihm eintrifft soll dieser Verbraucher dann denken „Upps… jetzt habe ich ja kein Widerrufsrecht mehr, da das erste Paket schon vor mehr als 14 Tagen bei mir war. Schade“.
Aus meiner Sicht ist hier ein Rückschritt in die Zeit des nur „flüchtigen Verbrauchers“ der von der Rechtsprechung als eher „dumm“ und vor allem „uninformiert“ gemacht worden. Es bleibt daher der unter Juristen kursierende Satz: „Die Richter selbst werden wohl kaum in der Lage sein einen Onlineshop aufzusetzen, der ihren eigenen rechtlichen Anforderungen genügt.“
Aber hier nützt alles Jammern nicht. Um Abmahnungen zu vermeiden muss jeder Onlinehändler und Dienstleister prüfen, ob er nicht aus lauter Sparsamkeit genau solch eine kombinierte Widerrufsbelehrung nutzt, die den Eindruck erweckt, dass gleichzeitig mehr als ein Zeitpunkt für den Fristbeginn in Frage kommt. IKEA hat das Problem aktuell so gelöst, dass zwischen die Alternativen ein „oder“ gesetzt wurde.