Unschlagbar (BGH – I ZR 94/73)

Leitsatz

Wird für ein technisches Erzeugnis, für das es anerkannte und nachprüfbare Leistungsmerkmale gibt, gegenüber Fachleuten mit dem Wort „unschlagbar“ geworben, so kann das als ernstgemeinte Inanspruchnahme der alleinigen technischen und/oder wirtschaftlichen Spitzenstellung aufgefaßt werden (Abgrenzung BGH, 1965-01-15, Ib ZR 46/63, GRUR 1965, 363, Fertigbrei; Abgrenzung BGH, 1965-02-05, Ib ZR 30/63, BGHZ 43, 140, Lavamat II).

BGH, Urt. v. 25.10.1974

 

 

Tenor

    Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt (Main) vom 14. Juni 1973 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

    Von Rechts wegen

 

Tatbestand

    Beide Parteien stellen Baumaschinen her, insbesondere Doppelvibrationswalzen zur Bodenverdichtung und vertreiben sie als Wettbewerber. Die Beklagte bot im März 1972 auf einer Fachausstellung in Frankfurt am Main ihre Walzen an und versah den Stand mit Plakaten, welche unter anderem die Worte trugen: „DUOMAT unschlagbar“ und „DUOMAT-Doppelvibrationswalzen, die mit dem unschlagbaren Doppelschlag“. Sie ließ ferner sogenannte Beihefter in den Zeitschriften „Hoch- und Tiefbau“ (März 1972) und „Bauwirtschaft“ Nr. 14 einheften, in denen diese Formulierungen in Verbindung mit Abbildungen von Duomatwalzen gebraucht wurden. Auf der Frontseite des Beihefters ist eine Duomatwalze abgebildet, vor der sich ein Paar Boxhandschuhe befinden, die am Gelenkansatz die Worte „DUOMAT“ tragen. Darunter steht das Wort „unschlagbar“ in großer Schrift. Auf der Rückseite werden unter der Überschrift „Die Asse der Trasse: DUOMAT“ 12 Geräte in Wort und Bild vorgestellt, wobei Typenbezeichnung, Einsatzgewicht, Rüttelkraft, Steigfähigkeit, Arbeitsbreite, Motortyp und Motorleistung angegeben werden.

    Die Klägerin hat vorgetragen, diese Werbebehauptungen seien insofern irreführend, als die Beklagte versuche, durch Verwendung des aus der Vorstellungswelt des Sportes stammenden Begriffs „unschlagbar“ sich die alleinige Spitzenstellung zuzuschreiben, die sie – das ist unstreitig – in Wahrheit nicht einnehme. Die Klägerin sieht in der Werbeaussage darüber hinaus auch eine unzulässige bezugnehmende vergleichende Werbung. Sie trägt hierzu vor, unter 11 Herstellern von Doppelvibrationswalzen in der Bundesrepublik Deutschland habe sie in den letzten Jahren einen Umsatzanteil von etwa 60 % gehabt. Damit liege sie mit großem Abstand an der Spitze.

    Die Klägerin hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, beantragt,

    1. der Beklagten bei Meidung von Strafen zu verbieten, in ihrer Werbung die Behauptungen „DUOMAT unschlagbar“ und „DUOMAT-Doppelvibrationswalzen, die mit dem unschlagbaren Doppelschlag“ zu verwenden;

    2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die Behauptungen gemäß Ziffer 1 entstanden ist und noch entstehen wird.

    Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, in ihrer Werbeaussage „unschlagbar“ sähen die beteiligten Verkehrskreise keine konkret faßbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung, auch nicht ihrem Kern nach, sondern ein subjektives schlagwortartiges und allgemein gehaltenes Werturteil, das sich jeder objektiven Nachprüfung entziehe. Die umstrittenen Wendungen würden auch nicht als Inanspruchnahme einer Alleinstellung aufgefaßt, sondern nur als die der Zugehörigkeit der Beklagten zur Spitzengruppe. Denn der Begriff „unschlagbar“ bringe zum Ausdruck, daß ein Wettkampfteilnehmer nicht unterlegen sei, keineswegs jedoch, daß er überlegen sei. Gerade ein Unentschieden sei eine häufige Erscheinung im Wettkampf.

    Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 
Entscheidungsgründe

    I. Das Berufungsgericht stellt fest, die umstrittene Werbung werde von den angesprochenen Verkehrskreisen, Fachleuten des Straßenbaugewerbes, dahin verstanden, daß die Vibrationswalzen der Beklagten unter allen auf dem Markt angebotenen Erzeugnissen dieser Art die besten seien, daß keine andere Walze derzeit oder in absehbarer Zeit eine gleich gute Leistung erbringen könne. Das sei – wie unstreitig – sachlich nicht richtig und deshalb ein Verstoß gegen § 3 UWG. Die Beklagte könne dagegen nicht mit Erfolg geltend machen, es handle sich lediglich um einen nichtssagenden Kaufappell. Denn da sie sich gezielt an Fachleute wende, könne sie nicht ernsthaft damit gehört werden, sie wolle die anspruchsvollen Käufer mit nichtssagenden Wendungen ansprechen. Nur mit zutreffenden und überzeugenden Aussagen könne sie auf solche Interessenten einwirken. Gegen die Annahme einer marktschreierischen Anpreisung spreche die Bedeutung der Beklagten als Herstellerin technisch aufwendiger Maschinen und ihre Stellung am Markt. Diese Werbung sei im übrigen auch deshalb zu untersagen, weil damit im Hinblick auf die herausragende Marktstellung der Klägerin auf diese Bezug genommen werde, und zwar in unzulässig abwertender Weise.

    II. Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.

    1. Die Revision beanstandet als Verstoß gegen den natürlichen Wortsinn die Feststellung, das Wort „unschlagbar“ bringe zum Ausdruck, die Walzen der Beklagten seien die besten, keine andere Walze könne derzeit oder in absehbarer Zukunft eine gleich gute Leistung erbringen. Der Wortsinn gehe vielmehr nur dahin, die „unschlagbare“ Person, Ware oder Leistung werde von anderen nicht übertroffen, ohne deshalb besser als alle anderen zu sein. Dem kann nicht zugestimmt werden. Mit dem natürlichen Wortsinn meint das Berufungsgericht ersichtlich den Sinn, der sich unmittelbar aufdrängt. Insoweit kann es nicht als fehlerhaft angesehen werden, wenn „unschlagbar“ als die Berühmung aufgefaßt wird, der Beste zu sein. Denn selbst wenn man anerkennen wollte, daß auch die von der Revision behauptete Deutung möglich wäre, so könnte dabei doch nicht ausgeschlossen werden, daß zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das Wort wie vom Berufungsgericht festgestellt auffassen würde. Eine solche Mehrdeutigkeit müßte sich die Beklagte mit der Folge entgegenhalten lassen, daß sie auch für die Deutung, sie berühme sich, die Beste zu sein, einstehen muß. Im übrigen ist auch der Feststellung des Berufungsgerichts über den Wortsinn von „unschlagbar“ zuzustimmen: Durch die Schlußsilbe „-bar“ wird die Behauptung aufgestellt, daß es auch in absehbarer Zukunft nicht möglich sein werde, den Betreffenden zu übertreffen. Diese Qualifikation billigt man aber, besonders in der in der Werbung der Beklagten angesprochenen Welt des Sports, regelmäßig nur demjenigen zu, der sich in der Vergangenheit oder Gegenwart bereits als der Beste erwiesen hat; denn nur solche Leistungen rechtfertigen eine solche Zukunftserwartung. Anders liegt es, wenn der Betreffende sich bisher nicht als Sieger gezeigt, andere nicht übertroffen hat, sondern sich mit einem „Unentschieden“ begnügen mußte. Bei einem solchen Wettbewerber würde man die Bezeichnung als „unschlagbar“ als – unerwartete – Übertreibung ansehen, da er angesichts des bisherigen Gleichstandes nicht mit der erforderlichen Sicherheit damit rechnen kann, auch in Zukunft ungeschlagen zu bleiben. In der Werbung muß daher damit gerechnet werden, daß die Berühmung als unschlagbar dahin aufgefaßt wird, es werde die Spitzenstellung bereits gegenwärtig in Anspruch genommen.

    2. Die Revision wendet sich ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Wort „unschlagbar“ sei eine Angabe im Sinne des § 3 UWG und meint, es handele sich nur um eine Anpreisung mit einem allgemein gehaltenen Werturteil, das keine konkreten und nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen enthalte. Es liege nicht anders als in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen „Fertigbrei“ (GRUR 1965, 363 – Werbespruch: „Mutti gibt mir immer nur das Beste“) „Lavamat II“ (GRUR 1965, 365 – Werbespruch: „AEG-Lavamat, den und keinen anderen“) und „Sinnbild und Maßstab“ (GRUR 1965, 438 – für Desinfektionsmittel), in denen die Werbesprüche sämtlich nur als subjektive Werturteile und Anpreisungen allgemeiner Art angesehen worden seien, nicht aber als Angaben über geschäftliche Verhältnisse.

    Auch insoweit hat die Revision keinen Erfolg. Ob eine Werbung eine Angabe im Sinne des § 3 UWG enthält, hängt davon ab, ob sie als eine auf ihren Inhalt nachprüfbare, dem Beweise zugängliche Aussage anzusehen ist (BGH GRUR 1963, 482, 483 – Hollywood Duftschaumbad). Eine solche Aussage kann auch in allgemeinen Wendungen liegen, wie „unschlagbar“ zu sein und das beste auf dem Markt befindliche Erzeugnis anzubieten, wenn solche Formulierungen im Einzelfall die Vorstellung erwecken, der Werbende beziehe sich damit auf die für ein derartiges Erzeugnis allgemein anerkannten Leistungsmerkmale. In diesem Falle spricht man davon, daß die Aussage in ihrem Kern eine konkret faßbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung enthalte (BGH aaO Fertigbrei). Im Streitfall hat das Berufungsgericht allerdings insoweit einen unrichtigen Beurteilungsmaßstab angelegt, als es darauf abstellt, ob die Beklagte diese Aussage als ernsthaft und nachprüfbar hinstellen wollte. Damit wird nicht auf die maßgebliche Verkehrsauffassung abgestellt (vgl. BGH aaO Lavamat II). Gleichwohl hält die Feststellung des Berufungsgerichts der Nachprüfung angesichts der besonderen Umstände des Streitfalles stand. Denn die Beklagte ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in ihrem Geschäftszweig ein angesehenes Unternehmen, ihr Geschäftsführer genießt unstreitig als Konstrukteur von Vibrationswalzen in Fachkreisen hohes Ansehen und ist dort allgemein bekannt. Die Werbung richtet sich zudem auch ausschließlich an einen Kreis von Fachleuten. Sie betrifft auch ein technisches Erzeugnis, für das es, wie aus den Werbeunterlagen der Beklagten ersichtlich, objektive Leistungsmaßstäbe gibt wie Einsatzgewicht, Rüttelkraft, Steigfähigkeit, Arbeitsbreite und Motorleistung, die eine konkrete Nachprüfung ermöglichen, ob die Spitzenstellung nach diesen Kriterien in Anspruch genommen werden kann. Unter solchen Umständen kann es nicht als rechtsfehlerhaft angesehen werden, wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, die angesprochenen Verkehrskreise sähen in der Behauptung „unschlagbar“ zu sein und allein die Spitzenstellung einzunehmen, keine nichtssagende Werbeanpreisung, sondern eine als nachprüfbar hingestellte Tatsachenbehauptung.

    Dem steht nicht entgegen, wie die Revision meint, daß die streitigen Werbeformeln nach Art eines Wortspiels an die „schlagende“ Arbeitsweise des Geräts anknüpfen und dies durch die bildliche Darstellung der Boxhandschuhe unterstreichen. Denn da den Fachleuten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt ist, daß auch andere Unternehmen das Prinzip des Doppelschlages verwenden, kann diese Anknüpfung nicht verhindern, daß die Wendung „DUOMAT unschlagbar“ dahin aufgefaßt wird, daß die Beklagte auch unter den ebenso konstruierten Konkurrenzerzeugnissen für DUOMAT die Spitzenstellung in Anspruch nehmen wolle. Auch bei der zweiten Formulierung, die gerade DUOMAT einen unschlagbaren Doppelschlag zuspricht, ist die Anspielung nicht geeignet, den Eindruck der durch den Wortlaut nahegelegten Alleinstellungswerbung zu verdrängen.

    In dieser Würdigung liegt entgegen der Auffassung der Revision kein Widerspruch zu den genannten Urteilen des Bundesgerichtshofs, weil diese Fälle nicht vergleichbar sind. Der Werbespruch „Mutti gibt mir immer nur das Beste“ (aaO Fertigbrei) enthält schon nach seinem Wortsinn keine Alleinstellung, sondern nur die Behauptung, zur Spitzengruppe zu gehören. Auch gibt es in der Kinderernährung keine faßbaren Maßstäbe, auf die mit der Formulierung „das Beste“ erkennbar verwiesen sein konnte; zudem war der Verkehr durch eine Vielzahl von Werbeangaben solcher Art daran gewöhnt, derartige Anpreisungen nicht als Behauptung eines nachprüfbaren Leistungsvergleichs anzusehen. In dem Fall „Lavamat II“ (aaO) handelte es sich zwar auch um ein technisches Erzeugnis, die Werbung richtete sich aber an das breite Publikum. Auch legte der Werbespruch selbst, weil es sich um eine solche Redensart der Umgangssprache handelt, die üblicherweise den Angesprochenen besonders eindringlich zur Bevorzugung einer bestimmten Person oder Sache überreden soll, nicht die Annahme nahe, es solle über den technischen Rang eine sachliche und nachprüfbare Aussage gemacht werden. Auch der Fall „Sinnbild und Maßstab“ (aaO), auf den sich die Revision noch bezieht, kann mit dem Streitfall nicht verglichen werden.

    Die Revision war danach, auch hinsichtlich des Feststellungsanspruchs, zurückzuweisen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Verurteilung auch unter dem Gesichtspunkt des unzulässigen Werbevergleichs berechtigt wäre, wie das Berufungsgericht meint, die Revision aber in Abrede stellt.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.