Leitsatz
1. Zu der Frage, welche Anforderungen an die Substantiierung eines infolge der Verletzung eines Patents entgangenen Gewinns zu stellen sind.
2. Bei der „Schadensliquidation nach der Lizenzanalogie“ handelt es sich um den Ausgleich der durch die schuldhafte Schutzrechtsverletzung eingetretenen ungerechtfertigten Vermögensverschiebung; daher ist die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen.
3. Bei der Bemessung des Lizenzsatzes in Fällen der Schutzrechtsverletzung sind die Unterschiede zu beachten, die im Einzelfall zwischen dem Wert der ungerechtfertigten Benutzung und dem Wert einer einfachen vertraglichen Lizenz bestehen; die Zubilligung eines von den Umständen des Einzelfalles unabhängigen allgemeinen „Verletzerzuschlags“ kommt jedoch nicht in Betracht.
BGH, Urt. v. 06.03.1980
Tatbestand
Die Klägerin war Inhaberin des am 8. August 1973 durch Zeitablauf erloschenen Patents 974 062, welches Verfahren zur Herstellung neuer Benzolsulfonylharnstoffe betraf. Wegen mehr als nur leicht fahrlässiger Verletzung dieses Patents durch den Vertrieb eines Antidiabetikums unter der Bezeichnung „Tolbutamid-Tablinen“ ist in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 1970 die Schadenersatzpflicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) festgestellt worden. Aufgrund dieses Urteils hat die Beklagte Rechnung gelegt und 20.000,– DM Schadenersatz gezahlt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin weiteren Schadenersatz. Sie geht davon aus, daß sie 82,5% des patentverletzenden Umsatzes der Beklagten auf sich hätte ziehen können und daß ihre Umsatzeinbuße in ihrem patentgemäß hergestellten Medikament Rastinon demzufolge 746.150,– DM betrage. Hiervon könne sie 36% als Schadenersatz beanspruchen, und zwar 10% Gewinnanteil und 26% „Deckungsbeitrag“ für Entwicklungskosten, Forschungskosten, Verwaltungskosten und Einführungskosten. Hierzu komme ein Zinsverlust, da die Klägerin wegen des ihr durch die Verletzungshandlungen entgangenen Gewinns ihr Kreditvolumen nicht entsprechend habe verringern können.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben.
Im zweiten Rechtszuge hat die Klägerin die Klageforderung hilfsweise nach Lizenzanalogie berechnet und einen Lizenzsatz von 26% des Verletzerumsatzes geltend gemacht, der sich aus einer normalen Vertragslizenz von 10% und einem Verletzerzuschlag von 5% zusammensetze und der sich – mit Rücksicht auf die niedrigeren Preise der Beklagten – durch eine Vervielfältigung mit dem Faktor 1,732 ergebe.
Das Berufungsgericht hat der Berufung der Beklagten im wesentlichen stattgegeben und der Klägerin – unter Zugrundelegung eines Lizenzsatzes von 8% der Verletzerpreise – unter Abweisung der weitergehenden Klage und Anrechnung der gezahlten 20.000,– DM lediglich 21.766,96 DM nebst 11,5% Zinsen seit dem 22. Juli 1974 zugesprochen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt. Die Beklagte möchte die Revision zurückgewiesen haben.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt erfolglos.
I.
Entgangener Gewinn
1. Das Berufungsgericht hat Zweifel daran geäußert, ob es der Klägerin gelungen wäre, gemeinsam mit ihrer Lizenznehmerin bei einem Unterbleiben der patentverletzenden Handlungen der Beklagten den gesamten Umsatz, den diese mit Tolbutamid-Tablinen erzielt habe, auf sich zu ziehen. Es hat diese Frage aber letztlich offen gelassen, weil die Klägerin die behauptete Höhe des Gewinnentgangs nicht schlüssig dargelegt habe. Bei der Berechnung eines entgangenen Gewinns seien dem konkreten Verkaufserlös die aufzuwendenden Selbstkosten gegenüberzustellen. Trotz der Rügen der Beklagten und eines Hinweises des Gerichts habe die Klägerin jedoch keine produktbezogene Kalkulation vorgelegt, sondern sich auf den Vortrag einer abstrakten und von dem Erzeugnis Rastinon völlig losgelösten Berechnung auf der Grundlage durchschnittlicher Betriebsergebnisse beschränkt. Damit sei sie ihrer Darlegungspflicht nicht nachgekommen. Die Bezugnahme auf Beweismittel (Zeugen, Sachverständigengutachten) könne die Schlüssigkeit des Vortrags nicht herbeiführen. Da die von der Klägerin vorgetragenen Zahlen keinen Bezug auf den konkreten Schadensfall hätten, brauche nicht im einzelnen erörtert zu werden, ob die von ihr angegebenen Kostenpositionen überhaupt Eingang in die Gewinnermittlung finden könnten. Der Beklagten könne auch nicht ein um den angeblichen „echten“ Gewinnanteil von 10% verminderter Satz von 26% des entgangenen Umsatzes als sogenannter „Deckungskostenbeitrag“ zugesprochen werden. Auch diese Berechnung lasse jeden Produktbezug vermissen. Ihre Anerkennung als ausreichende Schätzungsgrundlage würde dazu führen, daß die Klägerin den Ersatz eines entgangenen Gewinns selbst dann verlangen könnte, wenn sie im Einzelfall ein Erzeugnis ohne Gewinn oder gar mit Verlust vertrieben habe.
2. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Umfang der Darlegungslast und Beweislast der Klägerin verkannt und damit die Vorschriften des § 252 BGB und des § 287 ZPO verletzt. Bei zutreffender Anwendung dieser Bestimmungen könne die Vorlage einer vollständigen Produktkalkulation nicht verlangt werden. Vielmehr reiche ein Vortrag aus, der es dem Gericht erlaube, unter Zuhilfenahme allgemeiner Erfahrungsgrundsätze eine Schätzung des mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Gewinns vorzunehmen. Die von der Klägerin vorgetragenen Schätzungsgrundlagen genügten diesen Anforderungen. Deshalb habe das Berufungsgericht den für die Behauptung einer mindestens 10% des Umsatzes betragenden Gewinnspanne bei dem Produkt Rastinon angetretenen Zeugenbeweis nicht übergehen dürfen. Die Klägerin habe vorgetragen, daß die durch den Verkauf ihrer Arzneimittel insgesamt erzielten Erlöse einen durchschnittlichen Deckungskostenbeitrag von 26% enthielten, nämlich 11,8% für Forschung und Entwicklung, 14,2% für die Einführung pharmazeutischer Präparate, Ärzteberatung und Werbung. Auch dies habe sie unter Beweis gestellt. Es bestehe ein Erfahrungssatz, daß erfolgreiche Präparate wie Rastinon überdurchschnittlich zu diesen beiden bekannt hohen Aufwendungen der pharmazeutischen Industrie beitrügen. Daraus habe das Berufungsgericht schließen müssen, daß der angegebene Deckungskostenbeitrag von 26% hinsichtlich Rastinon ein Mindestschaden sei. Ein weiteres, von dem Berufungsgericht übergangenes Beweisanzeichen für die Richtigkeit der Gewinnrechnung der Klägerin sei darin zu sehen, daß die Beklagte ihr Erzeugnis um 42% billiger als die Klägerin das ihre verkauft habe und daß davon auszugehen sei, daß die Beklagte dabei zum mindesten keinen Verlust erlitten habe. Danach spreche sogar ein Anscheinsbeweis für den behaupteten Schaden.
Die Klägerin habe überdies behauptet und unter Beweis gestellt, daß sie auch in der Lage sei nachzuweisen, daß ihre variablen Kosten, bezogen auf Rastinon, geringer als 64% der Umsatzerlöse seien. Hierin liege der vom Berufungsgericht zu Unrecht vermißte Vortrag zu der konkreten Gewinnsituation bei Rastinon. Wäre dem Berufungsgericht die Tragweite dieser Behauptung unklar geblieben, dann hätte es sich um Aufklärung bemühen müssen (§ 139 ZPO).
Zu Unrecht habe das Berufungsgericht angenommen, der Anspruch auf Ersatz der infolge der Gewinneinbuße aufgewendeten Kreditzinsen sei von dem Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen abhängig.
3. Das angefochtene Urteil hält diesen Angriffen der Revision stand.
Wer von einem Patentverletzer Ersatz des Gewinns verlangt, der ihm infolge einer durch die patentverletzenden Handlungen verursachten Verminderung seines Umsatzes mit dem nach dem geschützten Verfahren hergestellten Erzeugnis entgangen ist, muß dem Gericht die Tatsachen vortragen, die es diesem ermöglichen zu beurteilen, daß er den als Schadenersatz verlangten Betrag tatsächlich als Gewinn erzielt hätte, wenn der Patentverletzer die patentverletzenden Handlungen nicht vorgenommen hätte. Die Bestimmung des § 252 Satz 2 BGB, nach welcher der Gewinn als entgangen gilt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, und die Vorschrift des § 287 ZPO, nach der das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung darüber entscheidet, wie hoch sich ein unter den Parteien streitiger Schaden beläuft, entheben den Verletzten zwar der Notwendigkeit, den entgangenen Gewinn genau zu belegen. Sie ersparen es ihm jedoch nicht, dem Gericht eine tatsächliche Grundlage zu unterbreiten, die diesem eine wenigstens im groben zutreffende Schätzung des entgangenen Gewinns ermöglicht (BGH GRUR 1962, 509, 513 – Dia-Rähmchen II).
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat. Der von der Klägerin genannte Satz von 36% vom entgangenen Umsatz beruht nicht auf produktbezogenen Daten, sondern auf behaupteten innerbetrieblichen Erfahrungssätzen, die sich auf die Gesamtheit der von der Klägerin hergestellten und vertriebenen zahlreichen Produkte des pharmazeutischen Bereichs beziehen. Die Klägerin räumt selbst ein, daß die Ertragslage hinsichtlich ihrer einzelnen Erzeugnisse verschieden ist und daß es Produkte gibt, die den Überschuß von 36% bei weitem nicht erbringen, während andere erheblich darüber liegen. Ihre Auffassung, die auf den genannten Pharmabereich bezogenen Angaben reichten gleichwohl aus, um dem Gericht die Schätzung zu erlauben, im vorliegenden Falle betrage der Gewinnausfall jedenfalls 36% des ihr entgangenen Umsatzes, gründet sie im wesentlichen auf zwei Erwägungen, die sie als – vom Berufungsgericht zu Unrecht nicht berücksichtigte – Erfahrungstatsachen bezeichnet:
Einmal sei mit dem Medikament Rastinon ein außergewöhnlicher Umsatzerfolg erzielt worden. Erzeugnisse dieser Art vor allem müßten bei den besonderen, durch hohen Forschungsaufwand und Einführungsaufwand gekennzeichneten Verhältnissen der pharmazeutischen Industrie so viel Gewinn abwerfen, daß daraus nicht nur ein dem genannten Durchschnitt entsprechender Anteil den mit dem sogenannten Deckungskostenanteil finanzierten Verwendungszwecken zugeführt werden könne; von dem Erlös aus dem Vertrieb solcher „Renner“ müßten vielmehr auch die Anteile an den Deckungskosten bestritten werden, die aus dem Vertrieb der zahlreichen am Markt weniger erfolgreichen Erzeugnisse nicht erwirtschaftet werden könnten. Der Satz von 36% erscheine daher erfahrungsgemäß nicht nur als Durchschnittswert, bezogen auf alle pharmazeutische Produkte, sondern zugleich als der Mindestüberschuß über die produktabhängigen Kosten, bezogen auf den Bereich der Medikamente mit hohen Umsatzerlösen, zu dem Rastinon gehöre.
Die Klägerin sieht diese Erwägung indes zu Unrecht als eine allgemeine Erfahrungstatsache an, die als Schätzungsgrundlage für eine konkrete Schadensberechnung herangezogen werden könne. Es kann zwar als zutreffend angesehen werden, daß die der pharmazeutischen Industrie entstehenden hohen Forschungskosten und Entwicklungskosten durch den Verkauf wirtschaftlich erfolgreicher Medikamente verdient werden, zu denen im Einzelfall auch umsatzstarke Medikamente zählen können. Daraus läßt sich jedoch nicht mehr schließen, als daß der Klägerin durch die Verletzungshandlungen der Beklagten überhaupt, das heißt dem Grunde nach, wahrscheinlich ein Schaden entstanden ist, nicht jedoch, daß dieser sich auf irgendeinen der Höhe nach auch nur annähernd zuverlässig bestimmbaren Betrag oder Anteil am Umsatzerlös beläuft, und erst recht nicht, daß er den Betrag oder Erlösanteil übersteigt, den das Berufungsgericht – unter Berücksichtigung des von der Beklagten bereits gezahlten Schadenersatzes – der Klägerin zugesprochen hat oder den man daraus errechnen kann. Daß es umsatzstarke Erzeugnisse gibt, die den behaupteten Gewinnanteil von 36% übersteigen, ist anzunehmen. Das schließt nicht aus, daß auch unter den sogenannten „Rennern“ die Ertragslage so unterschiedlich ist, daß einzelne zu diesem Kreis zählende Erzeugnisse einen weitaus geringeren Gewinnanteil abwerfen. Das kann seine Ursache in produktionsbedingten Umständen haben, aber auch in kaufmännischen Erwägungen, Marktrücksichten, längerfristigen Planungen und dergleichen begründet sein oder gar auf Fehlkalkulationen beruhen. Die mit diesen Erwägungen verbundene Unsicherheit ist jedenfalls so groß, daß sie eine den tatsächlichen Verhältnissen wenigstens ungefähr entsprechende Schätzung der Schadenshöhe allein aufgrund der angegebenen produktunabhängigen Zahlen ausschließen.
Ebensowenig geeignet als Grundlage für eine wenn auch nur im groben zutreffende Schätzung der Höhe des Schadens ist der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, daß die Beklagte das patentverletzende Erzeugnis zu einem um 42% unter den Preisen der Klägerin für Rastinon liegenden Preis verkauft hat. Auch der hieran geknüpften Überlegung, daß der Schaden mindestens der Preisdifferenz entspreche, da es jeder kaufmännischen Vernunft zuwiderlaufe anzunehmen, daß die Beklagte ihr Erzeugnis mit Verlust verkauft habe, kommt nicht die Bedeutung eines hier verwertbaren Erfahrungssatzes zu. Diese Erwägung geht vielmehr von der nicht gesicherten Annahme aus, daß sich die Unternehmen der Parteien hinsichtlich ihrer betrieblichen Struktur und ihrer Kostensituation gerade auch in Bezug auf Herstellung und Vertrieb der beiden hier in Rede stehenden Medikamente nicht oder nur unwesentlich voneinander unterschieden. Es ist jedoch nichts ersichtlich, was für diese Annahme spricht. Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgebracht, die diese Annahme stützen können. Es sind demgegenüber zahlreiche Umstände denkbar, die zur Folge haben können, daß die Beklagte das Medikament kostendeckend und sogar mit Gewinn zu einem weitaus niedrigeren Preis hat verkaufen können als die Klägerin. Deshalb kann auch aus dieser von der Klägerin angestellten Überlegung allenfalls geschlossen werden, daß die Klägerin wahrscheinlich einen Gewinnausfall erlitten hat, aber nicht, daß dieser eine auch nur einigermaßen zuverlässig bestimmbare, die zuerkannten Beträge übersteigende Höhe hat oder einen bestimmten Anteil von dem erzielten Umsatzerlös ausmacht.
Wenn auch die von der Klägerin zu ihren Gunsten angeführten gesetzlichen Bestimmungen ihre Behauptungslast und Beweislast zur Schadenshöhe erheblich zu Lasten des Schädigers einschränken, so verkennt die Klägerin doch deren Tragweite, wenn sie der Auffassung sein sollte, sie sei der ihr verbleibenden Behauptungslast und Beweislast gerecht geworden durch einen Vortrag, der keine konkreten Anhaltspunkte für die wirkliche Schadenshöhe bietet. Auf solche konkreten Anhaltspunkte kann nicht verzichtet werden, da der Schädiger sonst im Einzelfalle der Gefahr willkürlicher Festsetzung der von ihm zu erbringenden Ersatzleistung ausgesetzt wäre. Bei aller Anerkennung des häufig bestehenden Beweisnotstandes des Geschädigten wäre dies mit dem Sinn und Zweck der §§ 287 ZPO, 252 BGB nicht zu vereinbaren.
Eine ausreichende Schätzungsgrundlage ließe sich vielmehr im vorliegenden Falle, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum ausgeführt hat, aus einer Gegenüberstellung der Erlöse und der produktbezogenen Kosten gewinnen, zu der die Klägerin auch, wie die Revision ausführt, in der Lage gewesen wäre. Dieses Vorbringen hat die Klägerin jedoch, im Widerspruch zu ihrer prozessualen Pflicht zu vollständigem Sachvortrag (§ 138 Abs 1 ZPO), unterlassen, obwohl sie vom Berufungsgericht darauf hingewiesen worden ist. Einen abermaligen Hinweis auf dieses Versäumnis nach § 139 ZPO durfte sie nicht erwarten, auch nicht, nachdem sie – wie die Revision meint – zu erkennen gegeben hatte, daß sie in der Lage sei, durch Bekanntgabe produktbezogener Daten ihrer Substantiierungspflicht nachzukommen. Gerade einer solchen Ankündigung mußte vielmehr umgekehrt das Gericht entnehmen, daß sein Hinweis auf bisher fehlende Substantiierung verstanden worden war und keiner Wiederholung bedurfte. Aus diesem Grunde kann dem Berufungsgericht auch nicht vorgeworfen werden, es habe die Beweisantritte der Klägerin übergangen; denn diese bezogen sich nur auf bisher unsubstantiierten oder allenfalls auf bloß angekündigten Sachvortrag, und das Berufungsgericht hatte daher keine Veranlassung, ihnen nachzugehen.
Das Berufungsgericht hat der Klägerin daher ohne Rechtsfehler keinen entgangenen Gewinn zugesprochen.
Zutreffend ist auch die Begründung, die das Berufungsgericht für die Aberkennung des geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz angeblich wegen des Gewinnentgangs aufgewendeter Kreditzinsen gegeben hat, daß es sich nämlich hierbei um einen Verzögerungsschaden im Sinne des § 286 Abs 1 BGB handle, dessen Geltendmachung eine – von der Klägerin jedoch nicht behauptete – Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit voraussetze.
II.
Angemessene Lizenzgebühr
1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin die von ihr hilfsweise geltend gemachte Lizenzgebühr zugesprochen, diese jedoch auf 8% bemessen – statt der beanspruchten 26% – und dabei die von der Beklagten erzielten Preise zugrunde gelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei der Bestimmung des Lizenzsatzes sei zu berücksichtigen, daß es sich bei dem Erzeugnis, das nach dem geschützten Verfahren hergestellt werde, um ein Medikament von erheblicher Bedeutung handle und daß die Klägerin, anders als bei der Vergabe vertraglicher Lizenzen, nicht auf die Preisgestaltung der Beklagten habe Einfluß nehmen können. Deshalb sei von einem Lizenzsatz auszugehen, der an der Obergrenze des von dem gerichtlichen Sachverständigen dargelegten Bereichs liege. Eine weitere Erhöhung komme jedoch nicht in Betracht, insbesondere nicht ein von den Umständen des Einzelfalles unabhängiger „Verletzerzuschlag“. Auch eine Erhöhung allein wegen der niedrigeren Abgabepreise der Beklagten scheide aus; damit würden unzulässigerweise auf einem Umweg die Abgabepreise der Klägerin zur Berechnungsgrundlage gemacht.
2. Die Revision ist der Ansicht, das Berufungsgericht habe den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach denen der objektive Wert der – vom Verletzer angemaßten – Benutzungsberechtigung für die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie maßgebend sei, nicht Rechnung getragen. Richtigerweise hätten die Preise der Klägerin zugrunde gelegt werden müssen, da sie die Beklagte, anders als Lizenznehmer, nicht an ihr Preisniveau habe binden können. Sie würde der Beklagten eine Benutzungserlaubnis allenfalls erteilt haben, wenn diese sich verpflichtet hätte, ihr Präparat nur zu den Rastinon-Preisen der Klägerin zu verkaufen.
Unrichtig sei wegen der Besonderheiten der Situation des Verletzers gegenüber dem Patentinhaber auch die Anknüpfung an den üblichen Lizenzsatz. Damit werde der wirkliche Wert der unerlaubten Benutzung nicht ausgeschöpft. Anders als der Lizenznehmer, sei der Verletzer nicht gehindert, die Nichtigkeit des benutzten Patents zu betreiben und sich damit – auch rückwirkend – von jeder Zahlungspflicht zu befreien. Der Lizenzgeber könne häufig die Erwartung hegen, auch von seinem Lizenznehmer Lizenzen an dessen Schutzrechten zu erhalten; eine solche Erwartung bestehe gegenüber dem Verletzer nicht. Aus dem das Schadenersatzrecht beherrschenden Grundsatz der Naturalrestitution folge, daß alle diese dem Verletzer zugeflossenen Vorteile bei der Bemessung des Lizenzsatzes Berücksichtigung finden müßten. Hierzu gehöre weiter, daß der Verletzer keine laufenden Lizenzgebühren zahle, sondern sich nach Beendigung der Verletzungshandlungen durch eine einmalige Zahlung befreien könne, was ihm Zinsvorteile und (durch Rückstellungen) Steuervorteile einbringe. Die zwischenzeitliche Geldentwertung wirke sich gleichfalls zu Lasten des Verletzten aus. Auch die ausländische Rechtsprechung trage diesen Umständen bei der Zuerkennung von Schadenersatz wegen Patentverletzungen durch entsprechend hohe Lizenzsätze Rechnung.
3. Die von der Beklagten zu zahlende Lizenz war vom Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach seiner freien Überzeugung zu gemessen; daher sind die Möglichkeiten der Nachprüfung in der Revisionsinstanz beschränkt. Das Revisionsgericht darf nur prüfen, ob die Schadensermittlung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Acht gelassen worden sind, namentlich ob schätzungsbegründende Tatsachen, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben, nicht gewürdigt worden sind (BGH GRUR 1962, 509, 513 – Dia-Rähmchen II). Dieser rechtlichen Nachprüfung hält das Berufungsurteil stand.
a) Die von der Rechtsprechung gebilligte Möglichkeit der Schadensberechnung bei Schutzrechtsverletzungen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie beruht auf dem Bestreben, dem Verletzten, der sein Schutzrecht nicht ausgewertet oder der den für ihn oft schwierigen Nachweis eines durch die Verletzungshandlungen entstandenen konkreten Vermögensschadens nicht oder nur unvollkommen führen kann, gleichwohl einen Ausgleich dafür zu verschaffen, daß der Verletzer durch die unerlaubte Benutzung des Schutzrechts einen geldwerten Vermögensvorteil erlangt hat, dessen Höhe am zuverlässigsten daran gemessen werden kann, wie seine Vermögenslage wäre, wenn er das Schutzrecht erlaubterweise benutzt hätte: Dann hätte er die Gestattung des Schutzrechtsinhabers einholen müssen, die dieser, wie üblich, nur gegen Zahlung eines Entgelts – einer Lizenzgebühr – erteilt hätte. Die „Schadensliquidation nach Lizenzgrundsätzen“, die gewohnheitsrechtlich als eine „Berechnungsart für den durch die Schutzrechtsverletzung entstandenen Schaden“ aufgefaßt wird, hat starke Ähnlichkeit mit dem inzwischen vom Senat anerkannten Bereicherungsausgleich bei rechtswidriger Patentbenutzung (BGHZ 68, 90 – Kunststoffhohlprofil). Im Falle schuldhaft rechtswidriger Schutzrechtsbenutzung bestehen erst recht keine Bedenken, dem Verletzten einen solchen Ausgleich zuzusprechen. Aus dem Wesen dieses Anspruchs folgt einerseits, daß die Geltendmachung eines darüber hinausgehenden Schadens, zum Beispiel eines die angemessene Lizenz überschreitenden entgangenen Gewinns, nicht ausgeschlossen ist, aber andererseits, daß zur Begründung der Lizenzhöhe Umstände, die nicht den Umfang der Bereicherung, sondern nur die Schadenshöhe betreffen, nicht herangezogen werden dürfen. Das würde dem Grundsatz widersprechen, daß die einzelnen „Berechnungsarten“ zur Ermittlung des „Schadensbetrages“ nicht miteinander vermengt werden dürfen (zuletzt BGH GRUR 1977, 539, 543 – Prozeßrechner mwN).
b) Diesen Grundsätzen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts gerecht. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die zuzusprechende Lizenzgebühr sich an dem objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung auszurichten habe. Dabei hat es nicht verkannt, daß dieser objektive Nutzungswert von Umständen beeinflußt werden kann, die sich aus den Besonderheiten des jeweiligen Verletzungsfalls ergeben. So hat es ausdrücklich hervorgehoben, daß es bei der Bemessung des Lizenzsatzes – der am oberen Rande des in der Beweisaufnahme festgestellten Lizenzrahmens und um 60% über einer durchschnittlichen Lizenzhöhe auf dem betreffenden Gebiet liegt – berücksichtigt hat, daß die Klägerin – anders als bei einem Lizenznehmer – auf die Preisgestaltung der Beklagten keinen Einfluß habe nehmen können. Daß das Berufungsgericht anderen von der Klägerin in diesem Zusammenhang angeführten Vorteilen, die die Beklagte als Patentverletzerin im Verhältnis zu einem Lizenznehmer genossen habe, keine der Lizenzhöhe bestimmende Bedeutung beigemessen hat, kann angesichts des Beurteilungsspielraums, der dem Tatrichter zu Gebote steht, aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden, um so weniger, als diesen Vorteilen, was die Klägerin verkennt, der schwerwiegende Nachteil der Position des Patentverletzers im Verhältnis zu der des Lizenznehmers gegenübersteht, daß letzterer sich einer durch vertragliche Bestimmungen gesicherten Benutzungserlaubnis erfreut, im Gegensatz zu dem Verletzer, der ständig eine jederzeitige Unterbindung der Benutzung, zum Beispiel durch von dem Verletzten veranlaßte gerichtliche Maßnahmen, gewärtigen muß und der – neben dem nach der Lizenzanalogie berechneten Schaden – dem Anspruch auf Ersatz des dem Verletzten tatsächlich entstandenen Schadens sowie dem Anspruch auf Herausgabe seines aus den Verletzungshandlungen herrührenden Gewinns ausgesetzt ist.
Zu Recht hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, der Klägerin, unabhängig von den besonderen Umständen dieses Verletzungsfalles, einen auf allgemeinen Erwägungen beruhenden „Verletzerzuschlag“ zu dem an sich angemessenen Lizenzsatz zuzuerkennen. Ein solcher Verletzerzuschlag würde die gewohnheitsrechtliche Grundlage des nach der Lizenzanalogie zu errechnenden „Schadens“ verlassen und auch sonst keine rechtliche Stütze finden. Zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in Fällen der Verletzung musikalischer Aufführungsrechte (BGHZ 59, 286 – Doppelte Tarifgebühr) berufen. Die vom I. Zivilsenat für die Zulässigkeit einer Verdoppelung der Lizenzgebühr in Verletzungsfällen angeführten Gründe tragen ausschließlich Besonderheiten der dort in Rede stehenden Rechtsverletzungen Rechnung und treffen in Fällen von Verletzungen gewerblicher Schutzrechte, wie der I. Zivilsenat hervorgehoben hat, nicht zu.
Nicht zu beanstanden ist ferner, daß das Berufungsgericht der Berechnung der Lizenz die Abgabepreise der Beklagten zugrunde gelegt hat. Ob im Einzelfall eine andere Berechnungsweise zulässig sein kann, ist dabei ohne Bedeutung. Die Anknüpfung an die Preise der Beklagten trägt die Berechnung der Lizenz schon deshalb, weil sie eine zuverlässige, durch den tatsächlichen Verlauf und Umfang der Verletzungshandlungen nachgewiesene Grundlage bietet, während bei einer Zugrundelegung höherer Preise die zusätzliche Ungewißheit bestehen würde, ob es der Beklagten auch dann gelungen wäre, im Wettbewerb mit der marktstarken Klägerin und ihrer Lizenznehmerin den von ihr getätigten patentverletzenden Umsatz zu erzielen, wenn sie höhere Preise gefordert hätte. Schließlich würde die Zugrundelegung höherer Preise für die Umsätze der Beklagten im vorliegenden Falle auch zu einer unzulässigen mehrfachen Berücksichtigung der fehlenden Preisbindung der Beklagten führen, da das Berufungsgericht diesen Umstand bereits bei der Bestimmung der Höhe des Lizenzsatzes verwertet hat.