PATENDED (BGH – I ZR 88/82)

Zur Frage der Irreführung durch die Angabe „patented“.

BGH, Urt. v. 05.07.1984, OLG Düsseldorf, LG Wuppertal

 

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber beim Vertrieb von Haftpapier; die Klägerin ist zugleich Herstellerin, die Beklagte vertreibt das Papier eines amerikanischen Herstellers.

Die Beklagte hat ein Produkt vertrieben, das jedenfalls zum Teil durch ein US-Patent und durch ein deutsches Patent geschützt war. Noch nach Ablauf des deutschen Patents im Jahre 1977, bis zum Zeitpunkt der Zustellung einer von der Klägerin deswegen im Jahre 1980 erwirkten einstweiligen Verfügung, hat die Beklagte dieses Papier in der Bundesrepublik Deutschland in einer Ausgestaltung angeboten, bei der dem Abdeckblatt auf der Klebeseite in stetig wiederkehrender Folge neben anderen Bezeichnungen in englischer Sprache die Angabe „PATENTED“ aufgedruckt war.

Die Klägerin hat die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft über den Umfang der Verwendung der Angabe „PATENTED“ seit dem Ablauf des deutschen Patents und zum Ersatz der ihr vorprozessual entstandenen Patentanwaltskosten in Höhe von 1.733,29 DM sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz allen weiteren Schadens beantragt.

Sie hat vorgetragen, die Angabe „PATENTED“ sei irreführend gewesen, weil sie im Verkehr die Vorstellung von einem im Inland bestehenden Patentschutz erweckt habe.

Nach Erteilung der Auskunft haben die Parteien insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt. Die Klägerin hat im übrigen ihre Anträge wiederholt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Angabe „PATENTED“ sei nicht irreführend gewesen; sie habe, in Verbindung mit den anderen Angaben in englischer Sprache, lediglich die Vorstellung von einem im Ausland bestehenden Patentschutz vermittelt. Überdies sei sie nicht zur Schädigung der Klägerin geeignet gewesen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Erstattung der Patentanwaltskosten verurteilt, dagegen die auf Feststellung der Ersatzpflicht wegen weiterer Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Angabe „PATENTED“ sei täuschend gewesen. Nach der Handelserfahrung der Kammer sehe jedermann in diesem Hinweis, der in vielen Branchen gebräuchlich sei, die Behauptung eines Schutzrechts, das der Beklagten wegen der besonderen technischen Vorzüge des Papiers verliehen worden sei und in der Bundesrepublik Deutschland Bestand habe. Daher sei der Anspruch auf Ersatz der Patentanwaltskosten begründet und das Auskunftsverlangen bei Eintreten der Erledigung begründet gewesen. Der Feststellungsantrag sei unbegründet, da die Klägerin nicht dargelegt habe, daß ihr durch die beanstandete Handlung ein Schaden erwachsen sein könnte.

Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin auf die Anschlußberufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Voraussetzungen der für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin allein in Betracht zu ziehenden Bestimmungen der §§ 13 Abs. 2 Nr. 1, 3 UWG seien nicht erfüllt und das Auskunftsbegehren sei nicht begründet gewesen, weil in der Angabe „PATENTED“ vorliegend keine Vortäuschung eines in der Bundesrepublik Deutschland noch bestehenden Patentschutzes zu sehen sei. Der fremdsprachliche Hinweis auf ein Patentrecht sei auch bei Fehlen eines inländischen Patentschutzes nicht irreführend, wenn die mit der Ware in Berührung kommenden Verkehrskreise aus der fremdsprachigen Beschriftung entnähmen, daß sich der Vermerk ausschließlich auf ein Auslandspatent beziehe. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Weil es sich sowohl bei dem auf der Ware selbst gedruckten Wort „PATENTED“ als auch bei sämtlichen übrigen Angaben um solche in englischer Sprache handele, sei dem Leser klar, daß er die für den Vertrieb im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht angepaßte Originalbeschriftung des ausländischen Ursprungslandes vor sich habe, und er erwarte daher nicht, daß mit der Angabe eine Information über einen auch in der Bundesrepublik bestehenden Patentschutz erteilt werden solle.

 

Die Annahme eines das Herkunftsland und das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland umfassenden Patentschutzes wäre spekulativ und müsse für die im wesentlichen gewerblichen Abnehmer fernliegen; daß die Angabe als Hinweis auf einen im amerikanischen Bereich bestehenden Patentschutz irreführend sei, habe die Klägerin nicht behauptet.

 

II. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz.

1. Die werbemäßige Angabe „patented“ wird nach der Feststellung des Berufungsgerichts, die keinen Rechtsfehler erkennen läßt, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Berühmung dahin verstanden, die in Rede stehende Ware stehe unter Patentschutz. Daß der Ausdruck „patented“ ein Wort der englischen Sprache ist, steht dem nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht entgegen. Das begegnet keinen Bedenken, weil es mit den deutschen Worten „Patent“ und „patentiert“ in Schreibweise und Klang fast gleichlautend und auch sinngleich ist. Streitpunkt ist danach lediglich die Frage, ob der Verkehr unter den vorliegenden Umständen annimmt, die Beklagte genieße für die bezeichneten Papiere Patentschutz nur im (englisch-sprachigen) Ausland oder (auch) im Inland. Für den Verkehr kann sich allerdings unter Umständen aus einer fremdsprachlichen Beschriftung die Annahme ergeben, es handle sich um einen (nur) im Ausland bestehenden Patentschutz (vgl. OLG Celle BB 1969, 106). Das insbesondere, wenn z. B. durch Formulierungen wie US-Patent usw. näher auf das Land hingewiesen wird, in dem der Patentschutz bestehen soll.

 

Andererseits kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß auch eine nicht auf ein bestimmtes Gebiet hinweisende fremdsprachliche Patentberühmung, wie „patented“, vom Verkehr stets als Hinweis (nur) auf ein ausländisches Patent angesehen wird. Es kommt vielmehr bei solchen objektiv mehrdeutigen Begriffen, wie auch das Berufungsgericht annimmt, auf die näheren Umstände an. Das Berufungsgericht bezieht diese aber im Streitfall, wie die Revision zu Recht rügt, nicht sämtlich in die Beurteilung ein. Die Tatsache, daß auch die übrige Beschriftung auf dem Abdeckpapier ausschließlich in englischer Sprache gehalten ist, worauf allein das Berufungsgericht abstellt, kann zwar als Indiz herangezogen werden. Sie könnte auch bei isolierter Betrachtung die vom Berufungsgericht angenommene Vorstellung erwecken, es handle sich um die Originalbeschriftung der Ware im Ursprungsland, die lediglich auf das dortige Patentrecht hinweise und die aus Kosten- und Vereinfachungsgründen auch für den Vertrieb im hiesigen Importland beibehalten werde, ohne etwas über die hiesige Schutzrechtslage aussagen zu sollen.

 

Demgegenüber macht die Revision aber mit Recht geltend, daß eine solche Feststellung nicht getroffen werden könne, ohne daß zunächst ermittelt worden sei, an welche Verkehrskreise sich diese Angabe wende. Dazu hat das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Für das Revisionsverfahren ist danach vom Vortrag der Klägerin auszugehen, wonach die Papiere sowohl an gewerbliche Abnehmer, wie auch in rechtserheblichem Umfang an Letztverbraucher vertrieben worden seien. Auf dieser Grundlage macht die Revision mit Recht geltend, daß die Vorstellung einer territorialen Begrenzung von Patentrechten jedenfalls dem allgemeinen Publikum in der Regel eher unbekannt sein werde, und daß es daher auch bei fremdsprachlicher Beschriftung eher zu der Annahme gelangen werde, es bestehe Patentschutz nicht nur für das Gebiet der fremden Sprache, sondern ganz allgemein, also auch für das Inland. Dem entspräche es, daß der Verkehr Werbebeschriftungen in der Regel nur flüchtig aufnimmt, sie meist nicht zum Gegenstand komplizierterer Überlegungen macht, vielmehr zu vereinfachender Betrachtung neigt, was der Annahme des Berufungsgerichts widerstreitet.

 

Soweit es sich um die Auffassung der gewerblichen Abnehmer, Druckereien und Handelsbetriebe für Waren des graphischen Gewerbes handelt, auf die das Berufungsgericht wohl abstellen will, hat es nicht dargelegt, daß es deren Auffassung aus eigener Sachkunde zu beurteilen vermag. Dessen hätte es aber bedurft, da die Mitglieder des Berufungsgerichts nicht zu diesen Verkehrskreisen gehören (vgl. BGHZ 53, 339, 341 – Euro-Spirituosen, st. Rspr.). Es hätte dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch erwägen müssen, ob in den Unternehmen diejenigen Personenkreise, die für den Einkauf solcher Papiere zuständig sind, über die Territorialität des Patentrechts so deutliche Vorstellungen haben, daß sich ihnen die vom Berufungsgericht unterstellten differenzierten Überlegungen aufdrängen mußten (vgl. BGH GRUR 1964, 144, 145 – Sintex). Schließlich kann bei Fachkreisen durch die Angabe „PATENTED“ auch die Vorstellung eines europäischen Patents nach dem Europäischen Patentübereinkommen vom 5. Oktober 1973 erweckt werden. Hinzu kommt im Streitfall, daß die Beklagte bis zum Jahre 1977 tatsächlich Patentrechte in der Bundesrepublik hatte, und daß jedenfalls diejenigen gewerblichen Abnehmer, die darüber unterrichtet waren, in der fraglichen Zeit bis 1980 aufgrund des fortdauernden Gebrauchs der Patentberühmung annehmen konnten, der inländische Patentschutz bestehe weiterhin.

 

Schließlich hätte das Berufungsgericht im Streitfall auch nicht ohne nähere Auseinandersetzung mit den entgegenstehenden Feststellungen des Landgerichts die Entscheidung auf seine eigene Sachkunde gründen dürfen. Denn die Kammer für Handelssachen, der das Gesetz eine besondere Sachkunde zuspricht (§ 114 GVG), hatte unter ausdrücklicher Berufung auf ihre Handelserfahrung angenommen, „jedermann“ werde in „PATENTED“ auch die Behauptung eines inländischen Schutzrechtes sehen.

 

2. Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar (§ 563 ZPO).

 

a) Da die Beklagte unstreitig nicht über ein inländisches Patent verfügt, ist die Angabe irreführend im Sinne des § 3 UWG, wenn der Verkehr die Angabe im Sinne des Klagevortrages verstehen sollte. Daß die Angabe geeignet sein könnte, die angesprochenen Verkehrskreise zumindest zu näherer Befassung mit dem Angebot der Beklagten zu veranlassen, ist im Rechtsstreit nicht streitig geworden, steht auch mit den anerkannten Erfahrungssätzen im Einklang, daß der Hinweis auf ein Patentrecht im allgemeinen die Vorstellung hervorzurufen geeignet ist, die Ware sei im ganzen oder in Teilen gegen Nachahmung geschützt, biete in bestimmter Beziehung Neues und weise Vorzüge auf gegenüber gleichartigen Erzeugnissen anderer Hersteller, für die ein Schutzrecht nicht besteht (vgl. BGH GRUR 1961, 241 – Socsil; GRUR 1964, 144 – Sintex – jeweils m.w.N.).

 

b) Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich ein Verschulden der Beklagten nicht ohne weiteres verneinen. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, daß ein Verschulden schon darin zu sehen sein kann, daß die Beklagte das Papier ohne vorherige Prüfung der durch die Angabe erweckten Verkehrsvorstellung auch dann noch vertrieben hat, als das deutsche Patentrecht, auf das sie ursprünglich ebenfalls hingewiesen hatte, nicht mehr in Kraft war.

 

c) Die Feststellungsklage läßt sich nicht mit der Erwägung des Landgerichts abweisen, es fehle an der ausreichenden Darlegung eines eingetretenen oder zu besorgenden Schadens. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes genügt für die Feststellung der Schadensersatzpflicht die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts; einer hohen Wahrscheinlichkeit bedarf es dafür nicht (BGH GRUR 1954, 457 – Irus/Urus; vgl. für Fälle der vorliegenden Art insbes. BGH GRUR 1961, 241, 243 ff. – Socsil). Im Streitfall ist im Hinblick auf Umsatz und Marktstellung der Klägerin und mit Rücksicht auf Dauer und Umfang des Vertriebes des mit der beanstandeten Angabe bedruckten Papiers (über 9 Mio qm) der Eintritt eines Schadens in diesem Sinne möglich.

 

III. Wegen des genannten Rechtsfehlers war das Urteil aufzuheben. Die Sache war, weil zur Frage der Irreführung Feststellungen zu treffen sind, die dem Tatrichter obliegen, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.