Konkursvermerk (BGH – I ZR 141/87)

Leitsatz

Es ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Konkursverwalter, der das Unternehmen des Gemeinschuldners fortführt, in Werbeanzeigen für das laufende Geschäft nicht auf die Konkurseröffnung hinweist.

BGH, Urt. v. 11.05.1989, OLG Bremen, LG Bremen

 

Tatbestand

    Der Kläger, ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, beanstandet eine Werbeanzeige, die der Beklagte als Konkursverwalter für die Kühlsysteme der von ihm vertretenen Gemeinschuldnerin in der Fachzeitschrift „Die Kälte- und Klimatechnik“ hat veröffentlichen lassen. Der Beklagte hatte den Produktionsbetrieb der Gemeinschuldnerin fortgeführt; schließlich veräußerte er das Unternehmen.

    Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der beklagte Konkursverwalter sei verpflichtet, in der Werbung auf den Konkurs des beworbenen Unternehmens hinzuweisen. Ohne einen solchen Hinweis werde der irreführende Eindruck erweckt, bei der Gemeinschuldnerin handele es sich um ein werbendes Unternehmen, mit welchem Geschäftsbeziehungen auf Dauer geknüpft werden könnten. Bei einem in Konkurs befindlichen Unternehmen sei nicht gewährleistet, daß die vertraglichen Garantieleistungen erbracht würden. Der Beklagte werbe zudem unter falschem Namen, da nicht das in der Werbeanzeige genannte Unternehmen, sondern er selbst für einen Geschäftsabschluß verantwortlich sei.

    Der Kläger hat beantragt,

    dem Beklagten unter Androhung des näher bezeichneten Ordnungsmittels zu verbieten, in Zeitungsanzeigen oder sonstigen für die Öffentlichkeit bestimmten Mitteilungen für den Verkauf von Erzeugnissen der K., Kühlmöbelfabrik und Apparatebau GmbH zu werben, ohne darauf hinzuweisen, daß sich diese Firma in Konkurs befindet.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. Nach der Veräußerung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin im Laufe des Berufungsverfahrens hat er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, den Rechtsstreit als in der Hauptsache erledigt festzustellen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

    I. Das Berufungsgericht hat den Tatbestand der irreführenden Werbung verneint. Ein Konkursverwalter, der das Unternehmen des Gemeinschuldners fortführe, sei nicht gehalten, in der Werbung auf den Eintritt des Konkurses hinzuweisen. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, mit der Firma der Gemeinschuldnerin im geschäftlichen Verkehr aufzutreten. Ihn habe keine Verpflichtung getroffen, in der an den Fachhandel gerichteten Werbung den Konkurs des Unternehmens zu erwähnen. Dies gelte unabhängig davon, daß der Fachhandel im Streitfall hierüber bereits weitgehend informiert gewesen sei. Ein ausdrücklicher Hinweis, die Ware als Konkursverwalter zu veräußern, sei zudem selbst irreführend. Ein solcher Hinweis sei geeignet, die unzutreffende Vorstellung zu vermitteln, die Produktion der Gemeinschuldnerin würde als Konkursware besonders preisgünstig veräußert.

    II. Die gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts gerichteten Rügen der Revision des nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 UWG klagebefugten Verbandes haben keinen Erfolg.

    1. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Konkursverwalter berechtigt, unter der Firma des Gemeinschuldners im geschäftlichen Verkehr aufzutreten. Der Konkursverwalter, welcher gemäß § 6 Abs. 2 KO mit der Eröffnung des Konkursverfahrens das Recht erhält, das zur Konkursmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, ist auch berechtigt, im handelsrechtlichen Verkehr die Firma des Gemeinschuldners zu führen (§ 17 HGB). Er tritt mit seiner Verwaltungs- und Verfügungsmacht an die Stelle der bisherigen für den Gemeinschuldner rechtsgeschäftlich handelnden Organe. Das Recht, die Firma der Gemeinschuldnerin fortzuführen, ist Grundlage für eine erfolgreiche Tätigkeit des Konkursverwalters bei der Verwaltung und Verwertung des Massevermögens (vgl. BGHZ 85, 221, 224; v. Gamm, MDR 1955, 646, 647).

    Der Firmenname erfährt durch die Eröffnung des Konkursverfahrens keine Änderung. Solange und soweit ein Konkursverwalter im Rahmen der Verwaltung und der Verwertung des Vermögens des Gemeinschuldners tätig wird, ist er auch berechtigt, dessen Firma im Handelsverkehr zu verwenden. Die vom Registergericht gemäß § 32 HGB auf Antrag des Konkursgerichts nach § 112 KO vorzunehmende Eintragung des Konkursvermerks in das Handelsregister berührt nicht den kaufmännischen Handelsnamen des Unternehmens des Gemeinschuldners.

    Der Konkursverwalter, der unter der Firma des Gemeinschuldners im Handelsverkehr auftritt, macht befugtermaßen vom Handelsnamen des von ihm vertretenen Unternehmens Gebrauch. Das Firmenrecht gebietet keinen Hinweis auf die Eröffnung des Konkurses und die im Streitfall einhergehende Auflösung der Gemeinschuldnerin als GmbH (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG). Der Konkursverwalter, der unter dem Handelsnamen des Gemeinschuldners in Anzeigen wirbt, handelt daher insoweit auch nicht irreführend im Sinne des § 3 UWG.

    2. Der Revision kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie meint, zum Schutze der Verbraucher sei jedenfalls ein Hinweis auf den Eintritt des Konkurses geboten, da diese sonst dem Irrtum erlägen, von einem werbenden Unternehmen angesprochen zu werden, das auch in der Lage sei, fortdauernd Garantie- und Serviceleistungen zu erbringen. Die Revision berücksichtigt bei ihrer Beurteilung nicht hinreichend die vom Berufungsgericht festgestellten Besonderheiten des Streitfalls. Danach traf im vorliegenden Fall den beklagten Konkursverwalter, der das Unternehmen der Gemeinschuldnerin wie ein werbendes Unternehmen fortführte, nicht die Verpflichtung, in den Werbeanzeigen auf die Konkurseröffnung hinzuweisen.

    a) Zur Vermeidung einer andernfalls eintretenden Irreführung trifft den Werbenden im allgemeinen dann eine besondere Aufklärungspflicht über seine geschäftlichen Verhältnisse, wenn die verschwiegenen Umstände nach der Auffassung des Verkehrs für den Kaufentschluß bedeutsam sind (BGH, Urt. v. 31.5.1957 – I ZR 163/55, GRUR 1958, 30, 31 – Außenleuchte; Urt. v. 6.11.1981 – I ZR 164/79, GRUR 1982, 374, 375 – Ski-Auslaufmodelle). Diese wettbewerbsrechtliche Aufklärungspflicht ist aber in ihrem Umfang weder der individualvertraglich (etwa durch einen Kaufvertrag) begründeten Pflicht zur Aufklärung gleichzusetzen, noch bezieht sie sich auf jede Einzelheit der fraglichen geschäftlichen Verhältnisse. Danach besteht aus dem Gesichtspunkt des § 3 UWG eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens, seine geschäftlichen Verhältnisse in der Werbung offenzulegen, nur, soweit unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden, eine seiner geschäftlichen Entwicklung abträgliche Werbung zu vermeiden, Angaben hierzu zum Schutz des Verbrauchers unerläßlich sind. Eines besonderen Hinweises auf die Konkurseröffnung und die Fortführung des Unternehmens durch den Konkursverwalter bedarf es in der Werbung jedenfalls dann nicht, wenn diese Aufklärung nicht zum Schutz des Verbrauchers erforderlich ist. Das bedingt eine Abwägung für den konkreten Einzelfall; denn die vielfältigen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten und auch Erfordernisse für den Konkursverwalter, das Vermögen des Gemeinschuldners zu verwalten und zu verwerten, lassen es entgegen der Ansicht der Revision nicht zu, diesen als generell verpflichtet anzusehen, im geschäftlichen Verkehr bereits in der Anzeigenwerbung auf den Konkurs des von ihm geführten Unternehmens hinzuweisen. Eine Verpflichtung, in Werbeanzeigen auf den Eintritt des Konkurses des werbenden Unternehmens hinzuweisen, entfällt danach nicht nur dann, wenn es sich bei den beworbenen Wirtschaftsgütern um Waren oder Leistungen des täglichen Verbrauchs handelt. Auch bei langlebigen Wirtschaftsgütern ist ein Konkurshinweis in der Anzeigenwerbung noch nicht geboten, wenn der Konkursverwalter das Unternehmen des Gemeinschuldners berechtigterweise wie ein werbendes Unternehmen fortführt und ein Vertragsabschluß ohnehin näherer Absprachen und Einzelaufklärungen, insbesondere über Service, Ersatzteilbeschaffung und ähnliches erfordert.

    b) Im vorliegenden Streitfall hat das Berufungsgericht keine in besonderem Maße schützenswerten Interessen des Verbrauchers feststellen können, die einen Hinweis auf die Konkurslage bei der beanstandeten Werbung geboten hätten. Das Berufungsgericht hat vielmehr verfahrensfehlerfrei festgestellt, daß der Erwerb der hier beworbenen Ware, Gefriersysteme für die gewerbliche Kühlung, Vertragsverhandlungen erforderlich macht, während deren der Kunde die Kenntnis vom Konkurs des Unternehmens erhält und sich des Risikos eines Vertragsabschlusses bewußt wird. Es ist damit der Entscheidung des sachkundigen Fachhandels überlassen, ob er den Garantie- und Serviceleistungen des vom Konkursverwalter geführten Unternehmens Vertrauen schenken will, welcher diesem Bereich bei verantwortungsbewußter Fortführung des Unternehmens in der Regel besondere Aufmerksamkeit zu widmen hat (vgl. Kübler, ZGR, 1982, 498, 508f.). Das verbleibende Risiko, ob und wie weit Ansprüche auf Gewährleistung aus den mit dem Konkursverwalter geschlossenen Verträgen zu realisieren sind, reicht über das Risiko aus Geschäftsabschlüssen mit werbenden Unternehmen nicht hinaus. Die Meinung der Revision, es sei auch zu bedenken, daß der Fachhandel aufgrund der Anzeige telefonisch oder schriftlich Angebote abgebe, weshalb von einer Aufklärung im Rahmen von Vertragsverhandlungen nicht ausgegangen werden könne, beruht auf eigener, ihr verfahrensrechtlich verwehrter tatsächlicher Würdigung. Es ist zudem erfahrungswidrig anzunehmen, interessierte Abnehmer gäben aufgrund der Anzeige, die Angaben weder zur Leistungsfähigkeit noch zu den Maßen oder zu den Preisen der beworbenen Hochleistungsfroster enthält, bindende Angebote ab.

    III. Die nach der Veräußerung des Unternehmens durch den beklagten Konkursverwalter auf die Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtete, mit der Revision weiterverfolgte Klage war sonach unbegründet.