Gastrokritiker (BGH – I ZR 13/84)

Leitsatz
   
Zur Frage der Wettbewerbsabsicht bei der Pressekritik über Eindrücke und Erfahrungen in einem bestimmten Weinlokal, wenn der Kritiker zugleich die wirtschaftlichen Interessen einer Weinkellerei vertritt.

BGH, Urt. v. 20.03.1986, OLG Düsseldorf, LG Düsseldorf

 

Tatbestand   

    Der Kläger betrieb als Gastwirt bis zum Herbst 1983 in M. ein Weinlokal unter der Bezeichnung „W. F.“. Er warb damit, „exquisite französische Küche“ und „badische Weine“ zu bieten. Der Kläger betreibt jetzt in denselben Räumen das Restaurant „M. Altbierstuben“.

    1. Der Beklagte betätigt sich als Gastrokritiker. Er berichtet in verschiedenen Zeitschriften über seine Eindrücke und Erfahrungen im Bereich der Gastronomie. Im Rahmen einer Artikelserie in einer in M. erscheinenden Tageszeitung befaßte er sich im Oktober 1980 auch mit dem damals vom Kläger betriebenen Lokal. Er wiederholte diese Veröffentlichung unter der Überschrift „Ein totaler Reinfall“ in dem Mai/Juni Heft des Jahrgangs 1981 der Zeitschrift „Tips für Gourmets“.

    Der Beklagte war bis zum Jahr 1979 Geschäftsführer einer Weinkellerei, die auch Weinhandel betreibt. Er ist jetzt an dem Unternehmen noch wirtschaftlich beteiligt. Er veranstaltete zu der Zeit, als seine Berichte erschienen, in M. Weinproben und vermittelte der Kellerei Weinbestellungen.

    Der Kläger hat vorgetragen, der Bericht des Beklagten über das Leistungsangebot in seinem Lokal sei inhaltlich unzutreffend. Vom Beklagten aufgezeigte Mängel hätten nicht bestanden. Der Beklagte habe zudem die negativen Eindrücke in Sprache und Form so überzeichnet, daß der Artikel in seiner Gesamtheit eine Schmähkritik darstelle. Der Beklagte habe mit diesem Bericht auch für den Absatz der Weine des Guts, an dem er wirtschaftlich beteiligt sei, werben wollen. Er habe beim Besuch der Lokale, über die er habe berichten wollen, deutlich herausgestellt, daß er auch den Verkauf von Wein vermittle. So habe er deren Inhaber erfolgreich zu Bestellungen veranlaßt. Durch seine Hinweise auf den eigenen Weinhandel und seine ständige Testertätigkeit sei es ihm auch gelungen, bei den angesprochenen Gastwirten den sicheren Eindruck zu erwecken, daß sich eine solch vernichtende Kritik, wie er sie über das Weinlokal des Klägers veröffentlicht habe, nur bei Aufnahme reger Geschäftsbeziehungen vermeiden lasse. Der Beklagte habe durch sein Vorgehen ferner erreichen wollen, daß er, der Kläger, das Lokal an einen anderen, dem Beklagten befreundeten, Pächter abgebe.

    Der Kläger hat vorgetragen, er habe durch die Veröffentlichung erhebliche Umsatzausfälle erlitten, die ihn schließlich zur Aufgabe des früher betriebenen Lokals gezwungen hätten.

    Der Kläger hat beantragt, den Beklagten und den in den Tatsacheninstanzen noch mitverklagten Verlag des Journals unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, die Verbreitung und die Veröffentlichung des Artikels zu unterlassen. Er hat ferner die Feststellung begehrt, daß der Beklagte und der Verlag ihm allen immateriellen und materiellen Schaden, der ihm durch die Veröffentlichung des Artikels entstanden sei und noch entstehen werde, zu ersetzen habe. Er hat weiter Auskunft darüber verlangt, in welchem Umfang der Artikel verbreitet worden sei.

    Der Beklagte ist dem Vorbringen entgegengetreten. Er hat vorgetragen, der Bericht enthalte auf sachlich zutreffender Grundlage vorgenommene Wertungen. Er habe die Äußerungen in seiner Eigenschaft als Journalist getan. Er stehe zu dem Kläger nicht in einem Wettbewerbsverhältnis und habe auch nicht den Absatz des Weinguts fördern wollen, an dem er wirtschaftlich beteiligt sei.

    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Tatsachenbehauptungen zutreffend gewesen seien, die darauf beruhenden Wertungen die Grenzen der Schmähkritik nicht erreicht hätten und nicht festzustellen gewesen sei, daß der Beklagte in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe.

    Die Parteien haben in dem zweiten Rechtszug den Rechtsstreit in der Hauptsache bezüglich des Unterlassungsantrags für erledigt erklärt.

    Das Berufungsgericht hat durch Urteil (veröffentlicht mit Abdruck des beanstandeten Artikels in GRUR 1984, 366 = WRP 1984, 272) dem Beklagten und dem Verlag hinsichtlich des für erledigt erklärten Teiles des Rechtsstreits die Kosten auferlegt; dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Verpflichtung zum Ersatz des materiellen Schadens und dem auf Auskunftserteilung gerichteten Antrag hat es stattgegeben. Einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens hat es verneint.

    Mit der – zugelassenen – Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage insgesamt. Der Kläger verfolgt mit der Anschlußrevision weiter die Feststellung, daß der Beklagte auch die ihm entstandenen immateriellen Schäden zu ersetzen habe. Die Parteien beantragen jeweils, die Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

  
Entscheidungsgründe
   

 

    I. Das Berufungsgericht hat – soweit es für die Revisionsinstanz von Bedeutung ist – ausgeführt: Der Beklagte sei nach § 1 UWG verpflichtet, dem Kläger Ersatz für die erlittenen materiellen Schäden zu leisten. Der Beklagte, der beim Absatz von Weinen Wettbewerber des Klägers sei, habe durch die beanstandete Veröffentlichung in den Wettbewerb zur Förderung des eigenen Absatzes von Weinen und zur Förderung des Wettbewerbs der Gaststättenbetriebe untereinander eingegriffen. Dabei habe der Beklagte auch die Absicht gehabt, den Wettbewerb zu fördern, weil er nicht nur als Journalist den Artikel geschrieben habe, sondern damit ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Absatz der von ihm vertriebenen Weine verbunden habe. Die Wirkung seiner Veröffentlichung auf den Wettbewerb sei ihm dadurch bewußt geworden, daß sich zahlreiche Inhaber von Gaststätten an ihn als Abnehmer seiner Weine nach den Veröffentlichungen gewandt hätten.

    Der Beklagte habe sittenwidrig gehandelt, weil er über einen Mitbewerber einen nach Form und Inhalt herabsetzenden redaktionellen Artikel veröffentlicht habe. Er habe das Weinangebot des Klägers in dem Bericht pauschal abgewertet, indem er den Eindruck erweckt habe, es handele sich bei dem Angebot badischen Weines um billigsten Konsumwein. Auch die angebotenen Speisen habe er in einer übertriebenen Form einer nicht berechtigten Kritik unterzogen.

    Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, der Eintritt eines Schadens sei mit einer für die Feststellungsklage hinreichenden Wahrscheinlichkeit gegeben. Das folge schon daraus, daß der Kläger gezwungen gewesen sei, sein Lokal unter einer neuen Bezeichnung mit anderem Zuschnitt fortzuführen. Der Beklagte habe auch erkennen müssen, daß er sich als Wettbewerber des Klägers nicht in dieser Form hätte äußern dürfen. Zur Berechnung des ihm entstandenen Schadens stehe dem Kläger der Auskunftsanspruch über den Umfang der Verbreitung des Artikels zu.

    Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Ersatz eines dem Kläger entstandenen immateriellen Schadens verneint. Aus dem Artikel sei nicht zu ersehen gewesen, daß der Kläger Inhaber des Lokals sei, dessen Leistungen besprochen worden seien.

    II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

    A. Revision des Beklagten.

    Die Revision des Beklagten führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

    1. In dem Umfang, in dem die Revision des Beklagten die auf § 91 a ZPO beruhende Kostenentscheidung hinsichtlich des für erledigt erklärten Unterlassungsanspruchs angreift, ist das Rechtsmittel allerdings unzulässig. Wäre diese Entscheidung über die Kosten der Form nach durch Beschluß ergangen, wie es dem Regelfall entspricht (§ 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO), so wäre sie als Entscheidung des Oberlandesgerichts nach § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht mehr anfechtbar gewesen. Daran hat sich nicht dadurch etwas geändert, daß sie wegen der gleichzeitigen Entscheidung über die weiteren Anträge des Klägers in Form eines Urteils ergangen ist (BGHZ 58, 341, 342).

    2. Die Revision des Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richtet, der Beklagte habe mit der Veröffentlichung des beanstandeten Artikels in Wettbewerbsabsicht gehandelt.

    a) Zu Unrecht ist die Revision jedoch der Meinung, allein der Umstand, daß der Beklagte den beanstandeten Artikel in seiner Eigenschaft als Journalist geschrieben habe, schließe eine Beurteilung nach den Maßstäben des Wettbewerbsrechts aus; der Beklagte könne für seine Äußerungen die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährte Pressefreiheit in Anspruch nehmen, ohne daß er dabei durch die Vorschriften des Wettbewerbsrechts gebunden sei.

    Damit übersieht die Revision, daß zwar eine Presseberichterstattung im Falle einer Beurteilung eines gewerblichen Angebots durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt sein kann, wenn die ihr zugrunde liegende Meinungskundgabe das Mittel zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage ist, wenn es also dem Handelnden um eine argumentative Auseinandersetzung z.B. über politische, soziale, kulturelle oder – was hier im Blickpunkt liegt – wirtschaftliche Belange der interessierten Öffentlichkeit geht. Anders ist es aber, wenn solche Äußerungen über eine bloße Meinungskundgabe hinaus dazu dienen, in den individuellen Bereich des wirtschaftlichen Wettbewerbs bestimmter Marktkonkurrenten einzugreifen, und wenn das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Informationsinteresse der Allgemeinheit lediglich als Mittel zum Zweck der Förderung privater Wettbewerbsinteressen eingesetzt werden. Derartige Äußerungen werden durch die Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG, die ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und damit auch des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb findet (Art. 5 Abs. 2 GG), nicht gedeckt (Senat, Urt. v. 2.2.1984 – I ZR 4/82, GRUR 1984, 461, 463 = WRP 1984, 321 – Kundenboykott; BVerfG, Beschl. v. 15.11.1982, GRUR 1984, 357, 359).

    b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß nach der ständigen Rechtsprechung ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs vorliegt, wenn das Verhalten objektiv geeignet ist, den Absatz oder den Bezug einer Person zum Nachteil einer anderen zu begünstigen, und wenn der Handelnde in subjektiver Hinsicht zusätzlich in der Absicht vorgegangen ist, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig hinter anderen Beweggründen zurücktritt (Urt. v. 17.2.1982 – I ZR 194/80, GRUR 1983, 379, 380 = WRP 1983, 395 – Geldmafiosi m.w.N.).

    c) Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoß angenommen, daß in objektiver Hinsicht durch den Artikel in einer Zeitschrift, die „Tips für Gourmets“ verspricht, deren Leser veranlaßt werden, das Lokal des Klägers nicht aufzusuchen. Diese Leser und andere an einem Lokalbesuch Interessierte, die von dem Artikel erfahren, werden durch die Veröffentlichung sich vielmehr entschließen, andere Gaststätten im engeren oder weiteren Umkreis des Lokals des Klägers aufzusuchen. Deren Absatz wird zu Lasten des Absatzes des Klägers in seiner Gaststätte gefördert. Da sich nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zudem in zunehmendem Maße gastronomische Betriebe dazu entschlossen, die Weine der Kellerei zu führen, deren Interessen der Beklagte vertrat, konnte das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß die beanstandete Veröffentlichung auch den eigenen Wettbewerb des Beklagten zu fördern geeignet war.

    d) Dagegen unterliegt die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe auch subjektiv in Wettbewerbsabsicht gehandelt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

    Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, der Beklagte sei an einer Weinkellerei wirtschaftlich beteiligt und habe auch laufend deren Interessen durch Verkaufsförderungsmaßnahmen vertreten; ferner hätten vom Beklagten getestete Gastwirtschaften bei ihm „als Sachkenner“ und Mitinhaber eines Weinguts zunehmend Bestellungen aufgegeben; dies sei ihm bei Veröffentlichung des hier angegriffenen Berichts bekannt gewesen. Indessen reicht das allein nicht für die Annahme aus, daß er auch mit der Absicht gehandelt hätte, den eigenen Wettbewerb beim Absatz der Weine oder den Wettbewerb der übrigen Gaststätten untereinander zu Lasten des Klägers durch seine journalistische Tätigkeit zu fördern. Das Bewußtsein, fremden oder eigenen Wettbewerb zu fördern, wird zwar regelmäßig als ein Beweisanzeichen für ein Handeln in Wettbewerbsabsicht angesehen, steht aber einer Verneinung dieser Absicht nicht notwendigerweise entgegen (BGH, aaO. – Geldmafiosi). Hierfür ist von entscheidender Bedeutung, daß auch nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt der Beklagte nicht gezielt zur Förderung seines eigenen Weinvertriebs den beanstandeten Presseartikel veröffentlicht hat, sondern – unabhängig von einem Weinvertrieb – als Gastrokritiker tätig ist und in dieser Eigenschaft eine Reihe kritischer Berichte über Gaststättenbetriebe in M. und Umgebung veröffentlicht hat, zu denen auch das Lokal des Klägers gehörte. Ist damit für die rechtliche Beurteilung davon auszugehen, daß der Beklagte den vom Kläger beanstandeten Artikel in seiner Eigenschaft als Gastrokritiker verfaßt und veröffentlicht hat, so kann nicht ohne weiteres angenommen werden, der Beklagte habe damit seine Stellung als Wettbewerber beim Vertrieb von Weinen fördern oder aber in den Wettbewerb der Gaststättenbetriebe untereinander zugunsten bestimmter Unternehmen eingreifen wollen. Die vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen lassen zudem offen, ob der Beklagte den zur damaligen Zeit eintretenden steigenden Umsatz von Weinen auf seine journalistische Tätigkeit oder aber auf die von ihm betriebene Verkaufsförderung und die Qualität der angebotenen Erzeugnisse zurückführte. Bei Presseäußerungen, insbesondere auch bei einer Artikelserie über das unterschiedliche Angebot von Gaststättenbetrieben, besteht daher allein auf Grund der objektiven Eignung zur Wettbewerbsförderung und auch des Bewußtseins des Verfassers, daß eine solche Wirkung eintreten könne, noch keine Vermutung für das Bestehen einer subjektiven Wettbewerbsabsicht. Grund für die Äußerung kann auch dann, wenn ein Wettbewerbsverhältnis besteht, das besondere Anliegen der Presse sein, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 30.10.1981 – I ZR 93/79, GRUR 1982, 234, 235 = WRP 1982, 259 – Großbanken-Restquoten; Urt. v. 2.2.1984 aaO. – Kundenboykott). Der Kreis von Lesern, den der Beklagte als Gastrokritiker ansprechen will, interessiert sich für die Leistungen verschiedener Lokale und möchte bei der Auswahl für einen möglichen Besuch in unterhaltender Weise unterrichtet werden.

    Die vom Berufungsgericht bisher getroffenen Feststellungen lassen danach offen, ob der Beklagte durch seine Veröffentlichung auch das für ihn nicht ganz nebensächliche und im Hintergrund bleibende Ziel verfolgte, in den individuellen Bereich des Wettbewerbs bestimmter Marktkonkurrenten einzugreifen.

    3. Nach den bisher getroffenen Feststellungen stellt sich das Urteil auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar (§ 563 ZPO).

    Das Berufungsgericht hat keine Tatsachen dafür festgestellt, daß der Beklagte die Veröffentlichungen verfaßt hätte, um dem Kläger zu schaden (§ 826 BGB). Es ist auch nicht zu der Überzeugung gelangt, daß der Beklagte mit der Veröffentlichung nur das Ziel verfolgt hätte, den Kläger zu verunglimpfen oder zu beleidigen, so daß ein Fall der in jedem Fall unzulässigen Schmähkritik vorgelegen hätte (vgl. dazu BGHZ 65, 325, 333 – Warentest II; Urt. v. 1.2.1977 – VI ZR 204/74, GRUR 1977, 801, 803 – Halsabschneider). Der Artikel ist zwar in einer sehr plakativen Sprache abgefaßt, die die vom Beklagten als Mängel des Lokals gesehenen Tatsachen durch die Wahl der Worte und zum Vergleich herangezogene Bilder besonders augenfällig herausstellt. Gleichwohl hat das Berufungsgericht zu Recht nicht hierin allein ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten gesehen. Das Berufungsgericht konnte den von den Parteien zu den Akten gereichten Berichten des Beklagten und anderer Gastrokritiker nämlich entnehmen, daß diese in ähnlicher Sprache abgefaßt sind. Da sich Restaurantkritiken zudem in weitgehendem Maße einer objektiven Beurteilung entziehen und es von den persönlichen Eindrücken und Empfindungen des Kritikers abhängt, wie er die angebotene Leistung bewertet, ist es aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht nicht auf die strengen Maßstäbe, die für Warentests im übrigen gelten, abgestellt hat (vgl. dazu BGH aaO. – Warentest II).

    4. Die Sache ist aber auch noch nicht entscheidungsreif im Sinne der Abweisung des Klageantrags. Das Berufungsgericht wird vielmehr bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung noch das weitere Vorbringen des Klägers in seine Betrachtung einbeziehen müssen, aus dem sich ergeben könnte, daß der Beklagte doch in Wettbewerbsabsicht handelte.

    a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind Erklärungen, die geeignet sind, einen Mitbewerber vor der Öffentlichkeit ohne nähere Begründung als unseriös hinzustellen, nicht für eine sachbezogene Information und Aufklärung der Verbraucher typisch; sie sind in aller Regel ein Hinweis dafür, daß sie von der Absicht getragen sind, dem Leser den Eindruck zu vermitteln, daß die eigenen Leistungen, seien es im Streitfall die Weine des Weinguts des Beklagten oder die Angebote der Lokale, die diese Weine führen, gegenüber denen der Konkurrenz den Vorzug verdienen (BGH, Urt. v. 30.10.1981 – I ZR 93/79, GRUR 1982, 234, 236 = WRP 1982, 259 – Großbanken-Restquoten). Sollte sich bei der weiteren Sachaufklärung ergeben, daß die Grundlagen bereits fehlen, die der Beklagte zum Anlaß für seine pointierte Kritik nahm, könnte das den Schluß darauf rechtfertigen, der Beklagte habe in Wettbewerbsabsicht gehandelt.

    b) Sollte die Behauptung des Klägers zutreffen, der Beklagte habe durch seinen Hinweis auf den eigenen Weinhandel und seine Testberichte bei den Besitzern anderer Restaurants den Eindruck erweckt, nur bei Aufnahme reger geschäftlicher Beziehungen lasse sich eine ähnlich negative Beurteilung, wie sie gegenüber dem Kläger erfolgt sei, vermeiden, hätte er sich durch diese Art des Vorgehens in Wettbewerb zum Kläger gestellt (vgl. dazu BGHZ 93, 96, 98 – Dimple). Das Berufungsgericht könnte daraus auch entnehmen, daß der Beklagte neben seiner journalistischen Tätigkeit erhebliche wirtschaftliche Interessen verfolgte. Das gleiche hätte zu gelten, wenn die weitere Behauptung des Klägers zuträfe, der Beklagte habe mit seinem Artikel die Übernahme des Lokals durch einen anderen vorbereiten und erleichtern wollen.

    5. Ergeben die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts, daß der Beklagte in Wettbewerbsabsicht handelte, wird das Berufungsgericht auch erneut zu beurteilen haben, ob das Verhalten des Beklagten sittenwidrig war und ob der Beklagte schuldhaft handelte.

    a) Wenn sich die Behauptung des Klägers über das unmittelbare Eingreifen des Beklagten in den Wettbewerb und die damit verbundene Zielsetzung bestätigen sollte, lägen auch zugleich ausreichende Anhaltspunkte für ein sittenwidriges und schuldhaftes Verhalten vor.

    b) Selbst wenn sich ein unmittelbares Eingreifen nicht feststellen ließe, wird das Berufungsgericht weiter zu beachten haben, daß die Wahrheit allein dem Beklagten als Wettbewerber nicht ohne weiteres das Recht gab, einen Wettbewerber zu diskreditieren. Zwar durfte er sich mit den angebotenen Leistungen auch dann auseinandersetzen, wenn es sich um die eines Wettbewerbers handelte. Dabei mußte sich der Beklagte als Wettbewerber aber nach Inhalt und Form im Rahmen des Erforderlichen halten. Pauschale Abwertung der Angebote des Klägers ohne erkennbar sachlichen Bezug auf den Anlaß der Darstellung, Restaurantkritik zu liefern, genügen dem nicht. Das Berufungsgericht wird deshalb die Form der Kritik des Restaurants des Klägers mit den Kritiken in anderen Fällen vergleichen müssen. Dabei wird es wiederum von Bedeutung sein, ob und in welchem Umfang die vom Beklagten behaupteten Mängel gegeben waren oder nicht. Wiesen die Leistungen im Lokal des Klägers entsprechende Mängel auf, so war auch eine scharfe und schonungslose Kritik zulässig (BGH, Urt. v. 22.2.1957 – I ZR 123/55, GRUR 1957, 360, 362 = WRP 1957, 300 – Phylax-Apparate).

    c) Bei der gebotenen wertenden Betrachtung wird das Berufungsgericht insbesondere auch prüfen müssen, ob der Beklagte als Wettbewerber des Klägers den zuerst im Oktober 1980 erschienenen Artikel nochmals im Mai/Juni Heft 1981 einer anderen Zeitschrift veröffentlichen durfte, ohne sich zuvor vergewissert zu haben, ob die von ihm gesehenen Beanstandungen nicht auf Grund der ersten Veröffentlichung abgestellt worden sind.

    B. Anschlußrevision des Klägers.

    Die Anschlußrevision hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers zum Ausgleich immaterieller Schäden verneint. Das gilt selbst dann, wenn die Person des Klägers durch die Verbreitung des Artikels bekannt geworden ist. Eine Geldentschädigung kommt für zugefügten immateriellen Schaden nur dann in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt; weiter ist erforderlich, daß die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (st. Rspr., zuletzt BGH, Urt. v. 9.7.1985 – VI ZR 214/83, GRUR 1986, 190, 192 – Wehrmachtsoffizier). Die von der Anschlußrevision aufgezeigten Folgen der Veröffentlichung für den Kläger werden, falls der Beklagte durch sie gegen die guten kaufmännischen Sitten verstoßen hat, bereits durch den dann bestehenden Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden ausgeglichen. Dieser Ersatzanspruch umfaßt Umsatzeinbußen wegen des Ausbleibens von Kunden auf Grund der behaupteten Unerfahrenheit des Klägers im Umgang mit Speisen und Getränken. Er umfaßt auch mögliche Nachteile des Klägers im Kreis seiner Wettbewerber und Lieferanten. Weitergehende schwerwiegende Beeinträchtigungen der Persönlichkeit des Klägers hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; die Anschlußrevision enthält insoweit auch keine Rügen.

    III. Danach war das Urteil auf das Rechtsmittel des Beklagten aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Bei der neu zu treffenden Kostenentscheidung wird das Berufungsgericht beachten müssen, daß der Teil der Kostenentscheidung, die den für erledigt erklärten Unterlassungsanspruch betraf, aus den zu II A 1 erörterten Gründen bereits rechtskräftig geworden ist.